Griechenland ist pleite!

Mit dem Stempel der ISDA  (International Swaps and Derivatives Association) wurde es ganz offiziell: Griechenland ist pleite! Alle „Rettungsschirme“, die aufgespannt wurden, um die Pleite zu verhindern, haben nichts gebracht, 350 Milliarden wurden in den Sand gesetzt, die Gläubiger (Staaten, EZB, Notenbanken, Auffanggesellschaften, Privatgläubiger, IWF, EU) halten jetzt nur noch „Ramsch-Papiere“ in ihren Händen.

Die griechischen Schulden, welche in diesen Ramsch-Papieren verbrieft sind, werden jedoch zum Nennwert (!) „virtuell“ auf die Mitglieder der EURO-Zone übertragen und im Wege von EFSF/ESM bedient. Auf diese Weise entsteht das, was bei Gründung der EWU nie beabsichtigt war und mit allem Nachdruck ausgeschlossen wurde: Eine Schulden- und Haftungsunion. Österreich wird an dieser Schulden- und Haftungsunion mit über 50 Milliarden EURO beteiligt sein (verlorene Zuschüsse, Kapitalbeteiligungen und Zinsen).

Griechenland wird entschuldet, und dazu wird die EURO-Zone bis 2020 rund 500 Milliarden EURO aufzubringen haben. Das erste Hilfspaket von 109 Milliarden EURO wird natürlich nie zurückgezahlt, sondern herumgeschoben, bis es auf der Ramschhalde von EFSF/ESM landet. Das zweite Hilfspaket von 135 Milliarden wird unmittelbar vom EFSF beigestellt und später vom ESM übernommen. Im ESM landen nach ein paar Jahren auch die IWF-Kredite, denn auch für die wurde von den EURO-Mitgliedern die Haftung übernommen… Zur Entschuldung Griechenlands mussten inzwischen auch die „Privatgläubiger“ (also vor allem die Banken) 107 Milliarden EURO beitragen.

Die als „Privatgläubiger“ ausgegebenen Banken werden allerdings entschädigt durch „billiges Geld“ (1 Prozent p.a.), welches ihnen die EZB in Höhe von einer Billion EURO (!) zur Verfügung stellt. Sie verleihen es mit einer Spanne von 300-400 Prozent weiter, zu Lasten der Bürger der Euro-Staaten, die als Steuerzahler oder Konsumenten in Form von Zinsen für diese „Geschenke“ an die Banken – rund 30 Milliarden EURO jährlich! – aufzukommen haben.

Doch auch damit nicht genug. Der griechische Pleite-Staat darf neue Schulden machen und neue Staatsanleihen ausgeben. Die EZB akzeptiert laut Mitteilung ihres Präsidenten Draghi vom 09.03. diese neuen Ramschanleihen als Pfand („Collateral“) und gibt dafür „frisches“, elektronisch aus dem Nichts geschaffenes Geld aus. 200-300 Milliarden EURO dürften auf diese Weise in den nächsten 30 Jahren an neuen griechischen Ramsch-Schulden entstehen und im EZB-System hängen bleiben.

Außerdem werden Griechenland „Notkredite“ von rund 100 Milliarden EURO als „Emergency Liquidity Assistance“ (ELA) zu Lasten des EZB-Systems eingeräumt (dzt. sind es 53 Milliarden EURO), die ebenfalls nie zurückgezahlt, sondern nur herumgeschoben werden, bis sie irgendwo im gemeinsamen Schuldentopf der EURO-Mitglieder gelandet sind.

Dazu kommen nun auch noch die berühmten Target 2 - Kredite, die mit „frischem Geld“ aus dem EURO-System finanziert wurden und werden. Im Falle von Griechenland dürften sie Ende Februar 2012 bereits eine Größenordnung von über 200 Milliarden EURO erreicht haben. Sie sind natürlich ebenfalls uneinbringlich, denn Griechenland wird noch auf lange Zeit keinen Exportüberschuss aufweisen können.

Durch EZB, EFSF, ESM und Target 2 entsteht jetzt eine Transfer-Union ungeahnten Ausmaßes. Auch sie wurde in den Verträgen über die Währungsunion ausgeschlossen. Doch dass die Staatschefs Recht und Verträge brechen, ist längst zur Gewohnheit geworden. Wer heute noch an Treu und Glauben als Grundprinzip der europäischen Rechtskultur erinnert, macht sich lächerlich. Wer gegen Zwangsenteignungen das Grundrecht auf den Schutz des Eigentums einmahnt, gilt als „unsolidarisch“. Wer auf dem Diskrimierungsverbot und auf Rechtsgleichheit beharrt, gefährdet die „Sanierungsbemühungen“. Die nachträgliche Änderung von Anleihebedingungen und der Zwangsumtausch sind der beste Beweis.

Österreich kann aus dem „kollektiven Wahnsinn“ – als solchen bezeichnet der britische Außenminister Hague die Europäische Währungsunion – nur einen einzigen Schluss ziehen: Sich dem kollektiven Wahnsinn entziehen. Sich am ESM nicht beteiligen. Auf pünktlicher Rückzahlung der Griechenland -Kredite  aus dem 1. Hilfspaket beharren. Die Zustimmung zur Auszahlung von EFSF- und weiteren Kredittranchen an Griechenland verweigern. Jede Aufstockung der „Firewalls“ verhindern. „Kein Cent nach Griechenland, den Pleitestaat“, das muss die Parole sein! 1998, kurz vor Einführung des EURO, hat Jean-Claude Juncker vor versammelter CSU-Mannschaft noch getönt: „Transferleistungen sind so absurd wie eine Hungersnot in Bayern“. Jetzt gilt es, sich darauf zu besinnen.

Der Autor lehrte Politische Ökonomie in Wien, Graz und Aachen. Sein jüngstes Buch „Der Sinn der Geschichte“ (Regin-Verlag, Kiel 2011) behandelt ausführlich die EU-Problematik. In zahlreichen Gastkommentaren hat er für das „Tagebuch“ zur Europäischen Währungs- und Wirtschaftsunion Stellung genommen. Nachlesenswert  sind seine Warnungen vor der „Schwindelwährung Euro“ und vor der „Spengkraft des Euro“ aus dem Jahr 1997(!): www.jf-archiv.de/archiv/20aa4.htm und www.jf-archiv.de/archiv/47aa12.htm.

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