Wie auch jüngste Pressemeldungen der APA beweisen, kennt die Anbetung des Götzen PISA nach wie vor keine Grenzen. Die PISA-Studie wird beharrlich als „die" Messgröße für die Güte eines Bildungssystems hingestellt.
Alle Staaten und Kulturen werden auf diese Weise ständig über einen Kamm geschoren und soziale, kulturelle sowie strukturelle Unterschiede damit beiseite gewischt. Die Aussagekraft dieser PISA-Ergebnisse wird ständig überschätzt, aber nie wirklich hinterfragt. Dies ist unseriös und dient derzeit in Österreich nur einem Ziel: nämlich der Propaganda für die Gesamtschule.
Ausgerechnet PISA-Spitzenreiter wie China, Korea, Singapur und Japan sollen uns nun neuerdings (neben dem früher hoch gelobten Finnland) als Vorbilder für unser Schulwesen verkauft werden. Ich bin äußerst überrascht darüber, dass die Gesamtschul-Lobby nun auch bei uns Drill und Gehorsam wie in Asien einführen will.
Es ist zwar richtig, dass in asiatischen Staaten eine Art von „Gesamtschule" besteht, man darf aber nicht vergessen, dass die Erziehung in diesen Staaten auf (für uns Europäer) übertriebener Härte gegenüber den Heranwachsenden, einer anderen Mentalität und einer nicht mit der unsrigen vergleichbaren Gesellschaft aufbaut.
In diesem Sinne appelliere ich, die PISA-Studie kritischer und distanzierter zu sehen und sie nicht für voreilige und platte Schlussfolgerungen zu missbrauchen.
Tit. Univ.-Prof. DDr. Dr. habil. Bernhard F. Seyr ist Sachverständiger für Pädagogik, Bildungsökonom, habilitierter Wirtschafts- und Organisationswissenschafter sowie Mitglied des Vorstands der„Bildungsplattform Leistung & Vielfalt“.