Europäische Prinzipien der Demokratie

„Die Kommission will nicht, dass über dem Land weiterhin ein Schatten von Zweifel an der Achtung demokratischer Prinzipien und Werte bleibt", so EU-Kommissionspräsident Barroso anlässlich der Einleitung von drei EU-Vertragsverletzungsverfahren gegen Ungarn. So weit, so schlecht.

Es geht hier nun nicht darum, wie wer auch immer zur Politik der Regierung Orban stehen mag, sondern um ein Faktum, das bisher nicht berücksichtigt wurde: Hier wird eine zweifelsfrei demokratisch gewählte Regierung – ausgestattet mit einer 2/3 Mehrheit, was in Europa die Ausnahme darstellt und wohl schon aus diesem Grunde verdächtig erscheint – zur Achtung demokratischer Prinzipien aufgefordert. Von wem? Von einer Institution namens Europäische Kommission, der jegliche demokratische Legitimation fehlt!

Eine Kommission, die sich großteils aus von ihren Heimatländern abgeschobenen oder gescheiterten Parteiapparatschiks zusammensetzt und die nie vom Volk, sondern von ebensolchen ins EU-Parlament weggelobten (geschassten?) Mitgliedern ihrer Heimatparteien gewählt wurde! Und auch, wie weit man es in Brüssel mit der Achtung von Werten hält, zeigt die Nebensächlichkeit, dass man von Änderungen der ungarischen Regierungsbeschlüsse die Finanzhilfen für das Land abhängig macht. Das kann man auch offen Erpressung oder Nötigung nennen.

Die ungarische Regierung aber sieht in den Verfahren die Möglichkeit, „die Debatte auf fachlicher Grundlage durchzuführen, und zwar mit der dafür vorgesehenen Institution, der Europäischen Kommission, als Hüterin der Verträge". Das ehrt die Regierung und entlarvt die EU-Institution.

Eine demokratisch gewählte Volksvertretung begibt sich zur Verteidigung demokratischer Prinzipien zur „Hüterin" (?) derselben, die aber eine nicht demokratische Einrichtung ist. Otto von Habsburg rotiert höchstwahrscheinlich in der Kapuzinergruft.

Hannes Marcel Bichler

Mitglied der Görres-Gesellschaft zur Pflege der Wissenschaft, Mitglied verschiedener Stiftungen und Organisationen für und in Osteuropa

Der Verfasser war von 1994 bis 2009 regelmäßig Begleiter und Mitorganisator von Dr. Otto von Habsburg, Alterspräsident des Europäischen Parlaments a.D.

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