Während in Kärnten Radio Uno von Italien aus den ORF-Radios Konkurrenz macht und mit SKY CHANNEL im Wiener Kabelnetz erstmals ein kommerzieller ausländischer TV-Sender empfangen werden kann, haben die zahlreichen Satelliten, die im Laufe der 80 Jahre von europäischen Konsortien und Firmen ins All befördert werden, vorerst noch keinen nennenswerten Einfluss auf das heimische Rundfunkmonopol.[i]
Das hat mehrere Gründe. Zwar kann jeder Österreicher, der eine drehbare oder mehrere Satellitenschüsseln aufstellt, dutzende Programme empfangen, allerdings nur theoretisch.
Denn erstens dürfen in Österreich nur ganz bestimmte, vom Bundeskanzleramt genehmigte Programme empfangen und gesehen werden, und zweitens muss jede Sat-Schüssel von der zuständigen Post- und Telegraphendirektion genehmigt werden, bürokratische und rechtliche Hürden inklusive.
In den 80er Jahren dürfen die Österreicher ausschließlich jene ausländischen Sat-Programme konsumieren (inländische gibt es ohnehin nicht), die die Obrigkeit für den gemeinen Bürger freigegeben hat, das sind gerade einmal sechs: SKY CHANNEL, 3 SAT, TV5, SAT 1, RTL plus und Super Channel. Diese Programme werden über den ECS1 Satelliten abgestrahlt.
Die viele anderen Sender und Programme, wie etwa jene aus den USA, bleiben für den heimischen Untertanen damals verbotene Früchte. Wer den Empfang anderer Programme beantragt, der blitzt bei den Behörden einfach ab. Begründung: „Man wolle im Hinblick auf die bevorstehende parlamentarische Initiative eines neuen Kabel-TV-Gesetzes keine Verhältnisse schaffen, die einem Präjudiz gleichkommen.“[ii]
Doch auch die reduzierte Sat-Kost, die das rote Bundeskanzleramt den Österreicher gerade noch zumuten möchte, ist nicht einfach zu bekommen. Denn einfach so darf damals niemand eine Satellitenschüssel aufs Dach oder den Balkon schrauben. Jede Sat-Anlage muss brav bei der Post und Telegraphendirektion beantragt werden und gibt die endlich grünes Licht, wird eine monatliche Gebühr von 20 Schilling fällig.
Das will sich kaum jemand antun, die Zahl der beantragten Sat-Schüsseln, die damals noch dazu exorbitant teuer sind, ist deshalb recht überschaubar. 1988 gab es in ganz Österreich gerade mal 3.000 Satellitenschüsseln.[iii]
Satellitenempfang ist Mitte der 80er Jahre ein teures Hobby für Technik- und TV-Freaks, aber keine ernste Konkurrenz für das ORF-Monopol. 1988 konnten in ganz Europa gerade einmal 100.000 Haushalte Satellitenfernsehen direkt empfangen.
Entwicklung der technischen Reichweite aller Satellitensysteme in Europa. (Zahl der Haushalte in Millionen)[iv]
Die Revolution: CNN im Marriott
1987 bringt eine Entscheidung des Bundeskanzleramts eine Redakteurin der Austria Presse Agentur regelrecht ins Schwärmen. Am 16. Februar schreibt die Dame geradezu überschwänglich: „Für Österreich könnte in Zukunft der Satellitenhimmel voller Geigen hängen.“[v]
Was war geschehen? Was für eine revolutionäre Entscheidung hat die Redakteurin so verzückt? Des Rätsels Lösung: Das Wiener Marriott Hotel darf – so hat es das Bundeskanzleramt entschieden – in seinen Zimmern künftig den US-Nachrichtensender CNN ausstrahlen. Wohlgemerkt nur in den Zimmern, nicht „öffentlich“, also weder in der Lobby noch in den Bars oder Restaurants, das würde dann offenbar doch zu weit gehen.
Ja, Österreich liegt mitten in Europa, westlich des Eisernen Vorhangs und man schreibt das Jahr 1987. Was aus heutiger Perspektive völlig skurril klingt, war damals tatsächlich eine Sensation. Die Erzeuger und Vertreiber von Satellitenschüsseln sprechen jedenfalls von einem Präzedenzfall und „einem gewaltigen Durchbruch.“[vi]
Die Arbeiterzeitung, ganz auf Parteilinie, antikapitalistisch und wirtschaftsfeindlich: „Nun wittern die Hersteller von Satellitenempfangsanlagen das große Geschäft.“[vii]
Erstmals durfte ein Programm, das über den Intel-Satelliten abgestrahlt wurde, in Österreich empfangen werden, wenn auch vorerst nur betuchte Touristen und Geschäftsreisende, die im Wiener Marriott Hotel absteigen, in den Genuss von CNN kamen.
Trotz solch kleiner Erfolge spielt Sat-TV Ende der 80er Jahre keine große Rolle, weder in Österreich, noch in Europa. Der Versuch, Fernsehsatelliten mit nationaler Ausrichtung am Markt zu etablieren, ist in ganz Europa fehlgeschlagen. Die große Zeit des Satellitenempfangs beginnt erst, als Anfang der 90er Jahre das luxemburgische Unternehmen SES (Société Européenne des Satellites) seine Astra-Satelliten ins All befördert.
(Die „Roten Meinungsmacher“ erscheint – wie am 6. November erläutert – im wöchentlichen Abstand als Serie im Gastkommentarbereich des Tagebuchs. Nächstes Kapitel:: „Der Monopoltiger: Bachers Kampf gegen die Rundfunkliberalisierung“).
Literatur
Brandacher, Stefan: Der Österreichische Rundfunk unter besonderer Berücksichtigung des Kabel- und Satellitenfernsehens. Dissertation Innsbruck 1993
Fidler, Harald; Merkle, Andreas: Sendepause – Medien und Medienpolitik in Österreich; Oberwart 1999
Friesenegger, Walter: Satellitenfernsehen in Europa – Situation und Möglichkeiten Österreichs. Salzburg 1994
Lenhardt, Helmut: Rundfunk im Satellitenzeitalter – Sieben Empfehlungen für Österreich. Wien 1987
Endnoten
[i] Außer als Übertragungsweg für die Kabelnetzbetreiber.
[ii] Austria Presse Agentur 16.2.1987