Rechtssicherheit ist ein hohes Gut. Sie hat maßgeblichen Einfluss auf den in einer Gesellschaft herrschenden Wohlstand und den sozialen Frieden. Das Internetlexikon „Wikipedia“ sagt zum Begriff Rechtsstaat: „Im allgemeinen Sinne versteht man unter einem Rechtsstaat (…) einen Staat, in dem nicht Willkür, sondern Recht und materielle Gerechtigkeit herrschen…“ Für den Begriff „Rechtsicherheit“ findet sich folgende Erklärung: „…ist, nach der deutschen Auffassung, die Klarheit, Bestimmtheit und die Beständigkeit staatlicher Entscheidungen (…). Rechtssicherheit ist Element des Rechtsstaatsprinzips. (…) Manche (…) Länder achten das Prinzip der Rechtssicherheit überhaupt nicht.“
Der letzte Satz ist wichtig! In jenen Ländern nämlich, in denen keine Rechtssicherheit herrscht, existiert naturgemäß auch kein solides Eigentumsrecht. Genau das aber ist eine wesentliche Voraussetzung für die gedeihliche Entwicklung einer Gesellschaft. Wer sich am Eigentumsrecht zu schaffen macht, spielt mit dem Feuer.
Zündler haben in Österreich gegenwärtig Hochkonjunktur. Unter dem Druck der den Kanzler stellenden Neidgenossen, ist deren angeblich bürgerlicher Koalitionspartner, die ÖVP, drauf und dran, allen „Mit uns gibt es keine neuen Steuern!“ - Beteuerungen zum Trotz, einer Wiedereinführung der 2008 ausgelaufenen Erbschafts- und Schenkungssteuer zuzustimmen.
Der Staat wird seine kalte Hand dann nicht mehr „nur“ nach Kapitalerträgen, sondern auch nach der Substanz ausstrecken, nach Vermögen, die im Zuge ihres Erwerbs bereits mindestens einmal, und zwar saftig, besteuert wurden. Es geht also um die Enteignung redlich erworbener Güter, oder, anders gesagt – um Raub. Die angepeilten Freibetragsgrenzen sind derart niedrig, dass bereits bessere Reihenhäuser in guter Lage zum Zielobjekt werden. Gut möglich, dass mancher Erbe das Dach über seinem Kopf wird verkaufen müssen, um seinen Tribut an den Leviathan entrichten zu können.
Dazu passen die an dieser Stelle kürzlich kommentierten Einlassungen der von der ÖVP gestellten Polizeiministerin, die jenen Bürgern, die ihrer Meinung nach über zu hohe Einkommen verfügen, zurief: „Her mit der Marie!“ Dieser ministerielle Imperativ ist, angesichts der dräuenden Entwicklung an der Steuerfront, als absolut ernst zu nehmende Drohung zu verstehen.
Gefahr für die Waffen-Eigentümer
Was das mit dem Waffenbesitz zu tun hat? Sehr einfach! Mit dem populären Schmäh der Forderung nach „mehr sozialer Gerechtigkeit“ wird der Unantastbarkeit von Eigentum eben ein schwerer Schlag versetzt. Privates Eigentum, das, nach Artikel 17 der Allgemeinen Deklaration der Menschrechte der Vereinten Nationen, vor willkürlichen Übergriffen zu schützen ist, ist nicht mehr länger sicher. Dieselben Obertanen, denen der Schlachtruf „Her mit der Marie!“ so leicht über die Lippen geht, werden vor einem „Her mit dem Pumperer!“ nicht zurückschrecken.
Was die mögliche Enteignung privater Waffen angeht, steht der Fiskus allerdings vor zwei Problemen. Das erste davon ist unlösbar: Professionelle Gewalttäter und Kriminelle neigen nämlich nicht dazu, ihre einschlägigen Betriebsmittel den Behörden zu melden. Diese, und nur die sind für die Gewaltkriminalität relevant, bleiben dem Staat also dauerhaft verborgen. Zum anderen wissen die Schergen des Ministeriums für Liebe derzeit nur über einen Bruchteil der in den Händen gesetzestreuer Bürger befindlichen Waffen Bescheid.
Das liegt am unermesslichen Ratschluss der hochlöblichen Behörde, Handfeuerwaffen in mehrere Kategorien einzuteilen. Bewilligungs- und meldepflichtig waren bislang nur Waffen der Kategorien A (für deren grundsätzlich verbotenen Besitz es nur eine unbedeutende Zahl von Ausnahmegenehmigungen gibt) und B (Faustfeuerwaffen und halbautomatische Büchsen und Flinten). Alle übrigen Waffen – vom Kleinkaliber-Einzellader bis zur mehrschüssigen Elephantenbüchse – waren bis dato nicht meldepflichtig.
Expertenschätzungen für die Zahl dieser auf die Kategorien C und D entfallenden Waffen liegen bei deutlich mehr als einer Million. Die im Zuge der jüngsten Waffenrechtsnovelle verfügte Erfassung dieses „Altbestandes“ (die – wider besseres Wissen – mit der Behauptung begründet wird, damit das Sicherheitsniveau heben zu können) ist – nach Maßgabe der Verfügbarkeit der erforderlichen technischen Voraussetzungen – im Jahr 2014 abzuschließen.
Das Eigentum an diesen – in vielen Fällen sehr wertvollen – Stücken ist ungefährdet, so lange deren Meldung an die Behörde nicht erfolgt ist. Ab 2014, nach der amtlichen Registrierung, wird es dann ernst. Von der Verfügung ruinöser Waffensteuern (wie derzeit in einigen deutschen Kommunen diskutiert) bis zur Enteignung, droht dann jenen Bürgern, die der Meldpflicht nachkommen, die Anwendung eines ganzen Arsenals von Folterwerkzeugen.
Das Dilemma der Legalwaffenbesitzer besteht nun darin, entweder sehenden Auges einen Teil ihres Eigentums der Besteuerung und/oder Konfiskation durch den immer totalitärer werdenden Staat auszuliefern, oder sich eines strafbaren Tatbestandes, nämlich des illegalen Waffenbesitzes, schuldig zu machen. Bei diesen Überlegungen handelt es sich nicht um Phantasien von Paranoikern, sondern um Schlussfolgerungen, die aus der wachsenden Begehrlichkeit des Staates einerseits (siehe oben) und aus üblen Erfahrungen andererseits folgen, die viele österreichische Waffenbesitzer in der Vergangenheit mit den Behörden machen mussten.
Bestimmte Waffentypen, die – seinerzeit meldungsfrei legal erworben – bedingt durch mehrere Gesetzesnovellen, nachträglich meldepflichtig wurden, verwandelten sich nämlich in Eigentum auf Zeit. Das Erbrecht für diese Stücke wurde kurzerhand kassiert (es geht dabei um Vorderschaftrepetierflinten und bestimmte, willkürlich zu „Kriegswaffen“ erklärte, halbautomatische Büchsen). Ein doppelter Coup: Der Staat hat damit jenen Bürgern, die eine Anmeldung vorgenommen haben, einen Vermögensnachteil gegenüber denen zugefügt, die das, zum Teil aus Unwissenheit, nicht getan haben. Und letztere – bis dahin rechtschaffene Menschen – hat er in die Illegalität gedrängt.
Wie die Legalwaffenbesitzer auf den Mangel an (Waffen-)Rechtssicherheit reagieren werden, ist schwer einzuschätzen. Sicher ist indessen, dass es diesen – in Österreich mehrere Hunderttausend Personen zählenden Personenkreis – teuer zu stehen kommen könnte, sich den von der Eurokratie lancierten Anmaßungen zu fügen und ihr rechtmäßiges Eigentum den Behörden zu melden…
Andreas Tögel, Jahrgang 1957, ist Kaufmann in Wien.