In Angelegenheit der so bitter nötigen Veränderung unserer Bundeshymne hat der Verfassungsausschuss mit den Stimmen der SPÖ, der ÖVP und der Grünen an das Plenum den Antrag gestellt: „der Nationalrat wolle dem angeschlossenen Gesetzentwurf die verfassungsmäßige Zustimmung erteilen.“
Der Gesetzesbeschluss des Nationalrats mit 151 Stimmen von SPÖ, ÖVP und Grünen lautet:
- § 1 Die Bundeshymne der Republik Österreich besteht aus drei Strophen des Gedichtes ‚Land der Berge‘ und der Melodie des sogenannten Bundesliedes, beides in der Form der einen Bestandteil dieses Gesetzes bildenden Anlage.
- § 2 Mit der Vollziehung dieses Bundesgesetzes ist die Bundesregierung betraut.
- § 3 Dieses Bundesgesetz tritt mit 1. Jänner 2012 in Kraft.“ (In der Anlage entfällt jegliche Angabe der Urheberschaft.)
Damit hat der Nationalrat die Hymne entschieden in die Namenlosigkeit verguttenbergt. Kein Nachweis, dass der von Paula von Preradovic stammende Text aktuell einer politischen Veränderung unterzogen worden ist! Obendrein keine Angabe, dass es sich um die Melodie eines Freimaurer-Bundesliedes handelt, die Mozart zugeschrieben worden ist, vermutlich aber von Johann Holzer stammt!
Nach dem als kostenlos bezeichneten Inkrafttreten sollte bei der Aufnahme der Neufassung in die Schulbücher die kritische Darlegung dieses im § 1 verschuldeten Tatbestands einer lustigen, listigen oder arglistigen Täuschung unter dem Anspruch der politischen Bildung jedenfalls nicht verabsäumt werden.
Überdies hat die Ausdünnung der aus der Aufklärung erwachsenen demokratischen Dreiheit „Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit“ durch den Wechsel von den „Brüderchören“ zu „Jubelchören“ in der dritten Strophe – also eine Ausdünnung just um die „Brüderlichkeit“ – den Pädagogen eine zusätzliche Aufgabe und Verantwortung auferlegt. Die sind es allerdings bereits gewöhnt, des Öfteren für Fehlleistungen von Politikern Abhilfe schaffen zu müssen.
Interessant ist gewiss noch der strafrechtliche Schutz der Bundeshymne als Staatssymbol. Wer nämlich die Bundeshymne „verächtlich macht oder sonst herabwürdigt“, ist gemäß § 248 StGB strafbar. Für die von Frau Minister Schmied sündteuer in Auftrag gegebene Verrockung durch Christa Stürmer, bei der im Übrigen die Zeile „Volk, begnadet für das Schöne“ von unserer Kunstministerin eliminiert wurde, ist die Strafbarkeit nicht in Anwendung gebracht worden. (Müssen hingegen diejenigen, die den alten Text singen werden, eine strafrechtliche Verfolgung befürchten?)
Dass über dieses Gesetz eine Volksabstimmung beantragt und mehrheitlich abgelehnt wurde, ist wohl nur ein zusätzliches Schmankerl.
In derselben Nationalratssitzung ist im Übrigen die „Schuldenbremse“ ohne Verfassungsmehrheit beschlossen worden. Wahrscheinlich war dieses Gesetz den für die geänderte Bundeshymne so aktiven Oppositionsabgeordneten weit weniger wichtig.
Hoch lebe unsere parlamentarische Demokratie!
RR Prof. Reinhard Horner, Berufsschuldirektor und Lehrerbildner i. R.; zahlreiche Publikationen zu pädagogischen, politischen und wirtschaftlichen Themen.