Vom Lügen und Trügen

Ein Kreter sagte einst gemein:
Die Kreter lügen alle!
Da denkt man prompt, wird richtig sein –
und tappt schon in die Falle.

Wenn’s nämlich in der Tat so wär’,
hätt’ jener nicht gelogen –
nur war’s ein Kreter, und daher
ist trotzdem man betrogen!

Nicht virtuell, nicht Schall und Rauch
sind allerdings die Klagen,
dass in der Politik doch auch
sie nie die Wahrheit sagen.

Und wie von mir hier formuliert
mag’s nicht einmal genügen,
denn oftmals heißt es dezidiert,
dass allesamt sie lügen!

Drum wird’s besonders delikat,
wenn zwei von den Gestalten,
zwei ganz, ganz Große sich privat
in Klartext unterhalten:

Wenn einer etwa einbekennt
die Wut auf einen Dritten
und diesen einen Lügner nennt –
vom Zweiten unbestritten.

Und wenn der sagt, er tue sich
mit jenem noch viel schwerer –
ist das erlogen schauerlich,
ist’s wahr und weit prekärer?

Na, jedenfalls hat kein Spion
verraten, was geschehen –
doch war noch an das Mikrophon!
Wie’s heißt, bloß aus Versehen.

Das Kurzgespräch indes erhellt
wohl mehr als lange Reden,
wie’s wirklich ist um Macht bestellt
und wer wo zieht an Fäden.

So mögen halt bei Großen zwar
die langen Beine trügen,
in Wahrheit sind sie kürzer gar
als die von manchen Lügen…

Pannonicus

(Am Rande des letzten Gipfels sagte Sarkozy – unter der falschen Annahme, dass die Mikrophone bereits ausgeschaltet sind – zu Obama über Netanjahu: „Ich kann ihn nicht mehr sehen, das ist ein Lügner“. Und Obama antwortete: „Du magst genug haben von ihm, aber ich muss jeden Tag mit ihm umgehen“. Eine mehr als klare Aussage, wie viel ein US-Präsident – den man ja so oft den „mächtigsten Mann der Welt“ nennt – wirklich zu sagen hat.)

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