Würden im Zuge der Schuldenkrise nicht fatale Konsequenzen drohen, die bis zum Ausbruch schwerer Unruhen oder gar bis zu Bürgerkriegen reichen könnten, wären die Aktivitäten der politischen Eliten beinahe amüsant. Bereits im Tagestakt werden Maßnahmen, die eben noch als der Weisheit letzter Schluss angepriesen wurden, verworfen. Prognosedaten staatsfinanzierter Wirtschaftsforschungsinstitute werden, kaum veröffentlicht, schon wieder nach unten revidiert.
Selbst die chronisch daneben liegenden Kaffeesudleser – regierungsnahe Ökonomen und die meisten Kommentatoren der Hauptstrommedien – scheuen mittlerweile allerdings nicht mehr davor zurück, die garstigen Worte „Rezession“ und „Inflation“ in den Mund zu nehmen. Den Genannten wäre manche Blamage erspart geblieben, hätten sie sich beizeiten mit der „österreichischen“ Wirtschaftstheorie auseinandergesetzt. Dass strukturelle Probleme nicht mit Geldpolitik zu lösen sind, hätten sie auf diese Weise längst erfahren.
Dass das österreichische Bonitätsranking erheblich wackelt; dass Staatsanleihen der Alpenrepublik gegenüber deutschen mittlerweile Preisaufschläge von 1,6 Prozent hinnehmen müssen – keiner interessiert sich so recht dafür. Kakanien wäre auch nicht, was es ist, würde hier nicht zu dem Dramatischen das (unfreiwillig) Komische hinzutreten. Dass der Leiter des in völlig linkes Fahrwasser geratenen Wirtschaftsforschungsinstitutes (WIFO) allen Ernstes eine jährliche Verteuerung der Spritpreise um das Zwei- bis Dreifache der Inflationsrate als geniales Heilmittel im Kampf gegen die Staatsschulden anregt, ist eines der Schmankerln, wie sie für die am Nordrand des Balkans gelegene Bananenrepublik typisch sind.
Was ficht einen beamteten, vor der Pensionierung stehenden Ökonomen schon die Sorge um jene zerstörerischen Konsequenzen an, welche die von ihm empfohlenen Maßnahmen für den Wirtschaftsstandort hätten? Wie zum Hohn fällt den maßgeblichen „Experten“ des Landes niemals etwas anderes ein, als der Ruf nach immer neuen Steuern im Hochsteuerland Österreich. Je mieser es dem produktiven Sektor geht, desto mehr gutbezahlte Jobs für unproduktive Volkswirte schauen heraus – so scheint das Kalkül zu sein.
Woher die Steuern kommen, wer sie wofür bezahlt, ist letztlich egal. Jeder dem Privatsektor vom Staat gestohlene Euro bedeutet ein weiteres Wachstum des bösartigen Verwaltungstumors und einen – nicht nur materiellen – Verlust für die Bürger. Ausgerechnet in der gegenwärtigen Lage, in der die Konjunktur erkennbar am Kippen ist, Steuererhöhungen zu fordern, ist ein zynischer Witz.
Sinn für Humor beweist dieser Tage auch der Linzer Bürgermeister, Genosse Franz Dobusch (SPÖ), indem er eine minutiöse Dokumentation der totalen Inkompetenz seiner Administration an die Öffentlichkeit bringt. Der schlichte Mann meint allen Ernstes, damit eine erfolgreiche Entlastungsoffensive starten zu können. Bekanntlich haben er und seine wackeren Mannen den Bettel von rund 400 Mio. Euro mittels eines komplizierten SWAP-Deals in den Sand gesetzt.
Um es nicht bei dem für den Steuerzahler entstandenen Schaden bewenden zu lassen, sondern auch noch eine veritable Lachnummer zu bieten, verklagt er nun jene Bank, mit der das Geschäft seinerzeit getätigt wurde. Als Begründung führt er die Unbedarftheit seiner Mitarbeiter in Fragen von Finanzgeschäften an. Selbst der selige Roda Roda hätte sich nichts Groteskeres ausdenken können. Dass der rote Kanzler der Republik, Werner Faymann, unermüdlich gegen bitterböse Finanzspekulanten vom Leder zieht und nun ausgerechnet einer seiner Parteifreunde als Finanzspekulant Schiffbruch erlitten hat, zählt zu den Kleinodien der heimischen Innenpolitik.
Dass die beklagte Bank, die BAWAG, zu der Zeit, als der Deal über die Bühne ging, fest in der Hand von Dobuschs und Faymanns tiefroten Parteigenossen war (einer davon, Ewald Nowotny, gibt derzeit den OeNB-Gouverneur), verleiht der Posse zusätzlichen Unterhaltungswert. Jeder blamiert sich eben so gut er kann.
Auch Herbert Tumpel, Chef einer der überflüssigsten Organisationen des Landes, nämlich der mit Zwangsabgaben finanzierten Arbeiterkammer, mischt kräftig mit, wenn es um einen Rang im Spitzenfeld der peinlichsten Ansagen in Wirtschafsfragen geht. Der stahlharte Ex-Jagdkommandokämpfer (das „Jagdkommando“ ist die militärische Eliteeinheit des Bundsheeres), bedient sich zu diesem Behufe des unter dem Titel „AK für Sie“ erscheinenden Zentralorgans seiner Organisation, die den rastlosen Kampf gegen Ausbeutung und Unterdrückung der werktätigen Massen auf ihr Panier geschrieben hat.
Neben Beiträgen, die sich in imponierender Weise mit Themen auseinandersetzen, die den Arbeitnehmern immer schon unter den Nägeln gebrannt haben, wie etwa „13 Olivenöle im Test“ oder „Konzert per Internet“, findet sich in der eben erschienenen Novemberausgabe unter der Schlagzeile „Preisspirale stoppen“ auch ein erhellendes Statement des Herrn Präsidenten. Der wachsame Mann argwöhnt, dass – besonders im Bereich der Mineralölprodukte – „Preistreiber“ am Werk sind. Die ortet er natürlich nicht etwa in der Regierung, die Mineralölprodukte mit schamlos hohen Steuern belegt, sondern – das Spektrum der Gedankenwelt sozialistischer Apparatschiki ist halt doch ein wenig monochrom – wieder einmal unter gewissenlosen „Spekulanten“. Tumpels genialer Plan, um dem Treiben dieser Plutokraten gegenzusteuern: „Die Bundeswettbewerbsbehörde muss entsprechende Untersuchungen etwa des Treibstoffmarktes machen.“
Der Mann hätte möglicherweise doch besser Germanistik studieren sollen. Vielleicht hätte er aber auch, ehe er sich zu derart törichten Statements hinreißen läßt, den Rat seiner Frau suchen sollen, die – es lebe die Quote – immerhin einige Jahre im Direktorium der EZB zubringen und auf diese Weise ihren Horizont beträchtlich erweitern durfte. Wie dem auch sei, er jedenfalls hat bis heute nicht begriffen, dass für die Preisbildung der Markt, nicht aber der Plan von Politikern und Beamten, maßgeblich ist. Man kann sich ausmalen, wie jetzt – angesichts der von Tumpel angestellten Überlegungen – in den Konzernzentralen international tätiger Ölgesellschaften die Alarmsirenen zu schallen beginnen.
Ein paar Seiten später legt der AK-Präsident in einem weiteren Beitrag noch ein Schäuferl nach, wenn er erklärt, dass er „Spekulanten einen Riegel vorschieben“ möchte – und zwar durch Einführung einer Finanztransaktionssteuer. Das ist es! Einführung der Tobin-Tax, notfalls im alpenrepublikanischen Alleingang, und alles wird gut. Zur Ehrenrettung des AK-Kapos sei angemerkt, dass er mit diesem groben Unfug nicht alleine dasteht. Den bekommt man nämlich auch aus den Reihen angeblich „wirtschaftsnaher“ Organisationen zu hören.
Dass die aktuellen Finanzprobleme allesamt aus zu hohen Staatsausgaben und den damit verbundenen Schuldengebirgen, nicht aber aus zu niedrigen Steuereinnahmen resultieren, ist eine Erkenntnis, die in den Gehirnen linker Etatisten einfach keinen Platz hat. Weder in Österreich, noch irgendwo sonst…
http://www.heute.at/news/wirtschaft/art23662,615476
http://www.linz.at/images/Hintergrundinformationen_Swap4175.pdf
Andreas Tögel, Jahrgang 1957, ist Kaufmann in Wien.