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Der Wirtschaftskrise zum Trotz, erfreut sich eine Branche weiterhin weltweit bester Geschäfte: Die Rüstungsindustrie. Das in Schweden ansässige Internationale Friedensforschungsinstitut (SIPRI), beziffert das globale Volumen der Rüstungsausgaben des Jahres 2009 mit 1,531 Billionen Dollar, was einem Anstieg von sechs Prozent gegenüber 2008 und 2,7 Prozent der weltweiten Wirtschaftsleistung entspricht.

So klamm können die Staaten gar nicht sein, als dass sie auf großzügige „Investitionen“ in ihr – nach dem Wohlfahrtskitsch – liebstes Steckenpferd verzichten würden: Waffen. Das Beispiel Griechenlands, das – dräuender Staatsbankrott hin oder her – soeben im Begriff ist, beachtliche 400 Stück amerikanischer M1-Abrams-Kampfpanzer zu beschaffen, ist bezeichnend. Während aber etwa die deutsche und die schweizerische Industrie am boomenden Rüstungsgeschäft prächtig teilhaben, geht der Segen an den österreichischen Unternehmen weitgehend vorbei.

Sucht man im Internet nach österreichischen Rüstungsbetrieben, gelangt man über das Stichwort Österreichische Militärgeschichte alsbald zum Punkt Rüstungshersteller. 15 Betriebe sind hier gelistet. Davon sind zehn nur noch von historischem Interesse – es gibt sie nicht mehr.

Um nur drei davon zu nennen: Die Österreichische Flugzeugfabrik in Wiener Neustadt, die Gewehrfabrik Wien auf dem Alsergrund, oder die Wöllersdorfer Werke wurden längst geschlossen. Militärisch genutzte Waffen werden im beispielhaft friedliebenden Land am Strome heute nur noch von Betrieben produziert, deren Zahl an den Fingern einer Hand abzuzählen ist.

Dabei verbinden sich mit Namen wie Joseph Werndl, Ferdinand Mannlicher oder Leopold Gasser zum Teil wegweisende Entwicklungen auf dem Gebiet der Waffentechnik. So produzierte Joseph Werndl, zusammen mit Karl Holub – nach der Niederlage der österreichischen Nordarmee gegen die Preußen bei Königgrätz – den ersten „echten“ Hinterlader für die Donaumonarchie: Das Werndl-Gewehr mit Tabernakelverschluß. Zuvor war der Versuch, den vorhandenen Bestand an Lorenz-Vorderladergwehren zu Hinterladern umzubauen (System Wänzl) an technischen Unzulänglichkeiten gescheitert.

Ferdinand Mannlicher entwarf ein 1886 patentiertes „Geradezugsystem“, das im Modell Mannlicher M-95 im Kaliber 8x50R seine Vervollkommnung fand. Diese Waffe, die, ähnlich wie das zeitgleich in der Schweiz entwickelte Schmidt-Rubin-Gewehr 1889, konstruktionsbedingt eine höhere Feuerfolge erlaubte, als konventionelle Repetiergewehre mit Kammerstengel, avancierte zur Ordonnanzwaffe der k.u.k. Armee.

Bis zum Ende des Ersten Weltkriegs wurden davon rund drei Millionen Stück in Steyr und in der Waffenfabrik Budapest gefertigt. Nach dem Krieg rüstete man die weiterhin von Militär und Polizei geführten Waffen auf die Patrone 8x56R um. Die Ausrüstung der Feldarmeen mit schweren Waffen (Artillerie) erfolgte zu einem großen Teil durch die Skoda-Werke im westtschechischen Pilsen. Die von der Wiener Firma Leopold Gasser produzierten Armeerevolver mit Spannabzug erfreuen sich in Sammlerkreisen noch heute großer Beliebtheit.

Derzeit beschäftigen sich in Österreich nur noch folgende Unternehmen in relevantem Ausmaß mit der Produktion militärisch genutzter (Waffen-)Systeme:

  • Steyr-Mannlicher GmbH & Co. KG: Sturmgewehre, Scharfschützengewehre, Maschinenpistolen und Pistolen
  • Steyr-Daimler-Puch Spezialfahrzeug GmbH (2003 an den US-Konzern General Dynamics verkauft): Radpanzer Pandur, Schützenpanzer Ulan
  • Glock GmbH: Pistolen und Feldmesser
  • Rheinmetall MAN Military Vehicles GmbH (deutsches Unternehmen): Militärische Nutzfahrzeuge
  • Schiebel Elektronische Geräte GmbH: Minensuchgeräte, unbemannte Flugdrohnen

Der Erfolg von Produzenten militärischer Waffen ist in hohem Maße mit der Reputation verknüpft, die diese durch die Nutzung ihrer Produkte durch die Streitkräfte des Heimatlandes erwerben können. Einschlägige Referenzen stellen einen bestimmenden Faktor der Anerkennung dar. Österreichische Fabrikanten haben es daher bedeutend schwerer als ihre ausländischen Wettbewerber, da der heimischen Armee bekanntlich keine militärische, sondern – wenn überhaupt – eher Bedeutung als Objekt peinlicher parteipolitisch motivierter Ränkespiele zukommt.

Einen weiteren Nachteil bringt die Neutralitätsgesetzgebung mit sich, die in der Vergangenheit wiederholt dazu benutzt wurde, um Exportgeschäfte zu torpedieren. In diesem Zusammenhang sei ein bereits unter Dach und Fach befindliches, rechtlich einwandfreies Waffengeschäft mit Chile genannt. Es ging um den Export von Kürassier-Jagdpanzern.

Dazu weiß der deutsche „Spiegel“: Der linke Sozialist Erwin Lanc, damals Innenminister, verhinderte 1980 den Export von Steyr-Panzern nach Chile, ein Geschäft, dem Kanzler Kreisky, Verteidigungsminister Rösch und Außenminister Pahr bereits zugestimmt hatten. Gegen Panzerlieferungen an Argentiniens Militärjunta hingegen hatte Lanc nichts einzuwenden. Die Menschenrechtsverletzungen dort erschienen ihm „weniger arg".

In punkto moralisch verbrämter Heuchelei konnte und kann den Roten Kakaniens eben niemand das Wasser reichen. Zwar konnten dennoch insgesamt über 330 Exemplare des damals absolut auf der Höhe der Zeit befindlichen Jagdpanzers exportiert werden (z. B. nach Bolivien, Marokko und Tunesien). Allerdings wären wohl bedeutend größere Umsätze möglich gewesen, hätte ein höheres Maß an Rechtssicherheit für allfällige Interessenten geherrscht.

Schon davor, im Jahr 1977, gab es, unter der Ägide des parteilosen (später unter äußerst mysteriösen Umständen ums Leben gekommenen) Verteidigungsministers Lütgendorf eine Affäre um an Syrien gelieferte Steyr-„Sportgewehre“ (!) nebst ein paar Hunderttausend Schuß Munition. Besonders viel Staub wirbelte indessen im Jahre 1985 ein Skandal um die zum Voest-Konzern gehörende Firma Noricum auf.

Damals sollten 200 weitreichende GHN-45-Kanonen (Kaliber 155 mm) unter Bruch des Neutralitätsgesetzes an den Iran geliefert werden. Anstatt allerdings das längst obsolete Gesetz endlich zu entsorgen, verordnete sich die Republik lieber die Aufführung politisch korrekter Veitstänze – mit wirtschaftlich desaströsen Konsequenzen für das betroffene Unternehmen. Noricum ging wenig später pleite.

Trotz des für Waffenproduzenten nach dem Zweiten Weltkrieg beispielhaft ungünstigen Klimas im Lande, konnten einige Erfolge der heimischen Industrie von der Politik – trotz heißen Bemühens – nicht verhindert werden: Mit „Haflinger“ und „Pinzgauer“ konstruierten österreichische Ingenieure legendäre Militärfahrzeuge, die zu großen Exporterfolgen wurden.

Das Armee-Universal-Gewehr der Firma Steyr (StG 77 im Kaliber .223 Remington) erfreut sich bis heute weltweiter Anerkennung. Selbst die Filmschaffenden Hollywoods wurden längst auf diese interessante Waffe aufmerksam: In einschlägigen Action-Reißern findet sie sich stets in den Händen der Bösesten der Bösen…

Die mittlerweile für die verschiedensten Kaliber produzierte Glock-Pistole ist nicht nur bei der norwegischen Armee und zahlreichen Polizeieinheiten in den USA eingeführt, sondern zählt auch im Segment der privat genutzten Faustfeuerwaffen rund um den Globus zu den Verkaufsschlagern.

Die Philisterhaftigkeit, die in der Frage von Waffengeschäften im Allgemeinen und solcher von mit der Neutralitätsfrage verbundenen im Besonderen in der Alpenrepublik an den Tag gelegt wird, ist legendär. Österreich erwarb sich dadurch im überaus sensiblen Rüstungsgeschäft den Ruf eines dubiosen Akteurs. Die Diskriminierung im Waffengeschäft tätiger Unternehmen bei der Vergabe staatlicher Förderungen tut ein Übriges, um einschlägige Investitionen zuverlässig von Österreich fernzuhalten. Der Niedergang eines einst florierenden Industriezweiges wird unter diesen Umständen niemanden verwundern.

Andreas Tögel, Jahrgang 1957, ist Kaufmann in Wien. 

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