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Sitzen wir in der chinesischen Falle?

Es scheint, als träfen sich die 17 EU-Staaten in immer kürzeren Abständen, um die von Griechenland ausgelöste Schuldenkrise zu meistern.

Die Sache ist ja auch gar nicht so einfach. Wir haben mitbekommen, dass es einen Schuldenschnitt um die 50 Prozent geben muss. Um uns eine solche Maßnahme schmackhaft zu machen und die semantischen Aversionen niedrig zu halten, muss ein Begriff aus der Körperpflege herhalten: her mit dem Haircut.

Da die Märkte die Griechenland–Pleite schon vorweg genommen haben, sind die Kurse der hellenischen Anleihen bereits in den letzten Wochen in den Keller gerasselt. Andreas Treichl erklärte erst vor ein paar Tagen, dass die ERSTE Bank diese Papiere wegen der Erwartungshaltung der Investoren verkaufen musste. Ob dies auch die Kommunalkredit – also jene verstaatlichte Bank, der man besonders viele Griechen-Anleihen nachsagt – getan hat? Oder werden wir doppelt zahlen?

Politisch lässt sich der Haircut gegen institutionelle Investoren – so diese die genannten Anleihen überhaupt noch halten – scheinbar leicht verkaufen. Banken und Millionäre machen ja sowieso die Staatsfeinde Nummer eins aus.

Eine Gruppe lassen wir allerdings völlig außer Acht: Die Chinesen. Das Reich der Mitte hat vor ein paar Jahren beschlossen, einerseits seine militärischen Kapazitäten sowohl im Weltall als auch im Westpazifik zu erhöhen, andererseits mit kapitalistischen Methoden die Weltwirtschaft zu dominieren. Schon Alan Greenspan beschreibt in seinem Buch „The age of turbulance“ die erstaunlichen Fortschritte der chinesischen Finanzindustrie, deren Akteure zu einem guten Teil in den USA ausgebildet wurden.

Teil dieser chinesischen Strategie ist es offensichtlich, unter dem Vorwand der Hilfsbereitschaft, Staatsanleihen der taumelnden PIIGS-Staaten (Portugal, Irland, Italien, Griechenland, Spanien) aufzukaufen. Ganz so uneigennützig ist dies allerdings nicht. Erst letzte Woche setzte es aus China Drohgebärden, als sich der amerikanische Kongress daran machte, die eigene Volkswirtschaft vor den Chinesen in Schutz zu nehmen.

Jeder kann sich an seinen fünf Fingen ausrechnen, dass sich die führenden europäischen Politiker nicht einmal anzuklopfen trauen werden, ob man sich in China an einem Haircut beteiligen wolle. Mit anderen Worten: Die Chinesen werden wohl zum Nominale abgefunden werden, an den Kursdifferenzen und den überdurchschnittlich hohen Zinsen verdienen und sich auf den nächsten Schnitt im verschreckten Europa freuen.

Schon Sun Tzu hatte formuliert: „Der beste Weg einen Gegner zu besiegen, besteht darin, ihn davon zu überzeugen, dass er nicht gewinnen kann.“ Diese Überzeugung dürfte sich bei den europäischen Politikern derzeit breit gemacht haben. Denn jene Lösung, die dem Einfluss des libyschen Kapitals ein jähes Ende bereitete, scheidet aus.

Letztlich führt kein Weg daran vorbei, dass sich Europa von seinen Traumtänzereien verabschieden wird müssen, um in der Weltpolitik und in der Weltwirtschaft zu bestehen. Die Vollkaskomentalität des Wohlstandsstaates, dass vom Kindergarten über die Gesundheit bis zum Frieden alles gratis zu sein hat, wird in Zukunft wenig Platz haben. Mangels bedeutender Rohstoffe werden wir nur durch harte Arbeit unseren Wohlstand erhalten können. Von nachgefragter Ausbildung über marktfähige Produkte bis hin zu einem adäquaten Verteidigungsbeitrag werden wir uns schlicht und einfach anzustrengen haben.

Nur der verdient sich Freiheit, der täglich sie erobern muss.

Dr. Georg Vetter ist selbständiger Rechtsanwalt mit Schwergewicht auf Gesellschaftsrecht und Wahrnehmung von Aktionärsinteressen in Publikumsgesellschaften.

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