Wer aufgeschlossen ist, liest auch den Standard. Online. Dort schreibt Irene Brickner über so manche Unzulänglichkeiten des täglichen Lebens, insbesondere über Asyl und Abschiebung, Polizei und, von mir präferiert, über Speisen und Getränke mit rassistischem Namen.
"Überlieferte Vorurteile" handelt von der Firma Eskimo, die ihr Eis Mohr im Hemd mit „I will mohr!“ bewarb, was von der Black Community als schwere Beleidigung gesehen wurde. Zwar bemühte sich Michael Möseneder in einer Replik und meinte „Eine Nachspeise ist nicht rassistisch.“, die Büchse der Pandora war aber schon offen.
"Rassistisch trinken" sprach dem Konsumenten eines Lumumba – Kakao mit einem Schuss Rum und Schlagobers oben drauf – sein Quantum Vorurteile zu.
"Nägerbrot :-)" stellt einen Konditor in Wien an den Pranger, der sich weigerte Negerbrot – Schokolade mit Erdnüssen – politisch korrekt umzubenennen. "Neues vom Schoko-Rassismus" ging auf die in kürzester Zeit eingegangenen 2100 Postings zum Vorartikel ein. Der Großteil hatte offenbar „eh nicht so schlimm“ als Aussage.
Hier gestehe ich, warum ich im Standard diese Rubrik so gerne lese. Es sind die Postings. Viele davon sind durchaus konträr und humoristisch zum Thema zu verstehen, laufen dadurch allerdings Gefahr der Zensur zum Opfer zu fallen, die am Standard merklich wütet. Stündlich erwarte ich etwa die Löschung der Postings zweier User, die vorgeschlagen hatten zur Umgehung der Nennung der Hautfarbe diese in RAL-Farbtönen zu beschreiben.
Gelegentlich war ich selbst schon versucht, den einen oder anderen Kommentar abzugeben. Was mich abgehalten hatte ist die Generalklausel „Die Redaktion behält sich vor, Kommentare, welche […] sonst dem Ansehen des Mediums zuwiderlaufen, zu entfernen.“. Und Jan Fleischhauer, mit seinem Kommentar zum Humor der Linken.
Allerdings erachte ich mich mittlerweile als sensibilisiert. Von einem Posting darauf aufmerksam gemacht, habe ich etwas gefunden, was mir sonst entgangen wäre. Bei Zielpunkt gibt es „Mohren Guglhupf“ um 1,85 Euro. Ich habe Frau Brickner ein Foto geschickt.
Nächste Woche fahre ich nach Groß-Enzersdorf und fotografiere das Stadtwappen; und wenn es wieder wärmer wird kommt Papst Benedikt XVI. an die Reihe. Auf deren Wappen sind Mohrenköpfe abgebildet. Weitere Vorschläge willkommen.
Robert Boder beschäftigt sich hauptsächlich mit betrieblichen und gesellschaftlichen Gleichstellungsfragen.