Laura Rudas meinte unlängst zum Thema Studiengebühren im Parlament: „Weit über einhundert Fächer haben wir und zehn davon sind überfüllt“, um deutlich zu machen, dass es eigentlich kein Problem gibt.
Wen träfe es eigentlich, wenn in diesen zehn Fächern Studiengebühren eingeführt würden? Die Presse hat das unlängst in „Männerlos: Die Top Ten der Frauenstudien“ deutlich gemacht. Die Frauenanteile in den Fächern Psychologie und Philosophie auf Lehramt mit fast drei Viertel (10. Platz) bis Pädagogik mit 87,5 Prozent (1. Platz) hat man mit „Welche Motive auch immer die Frauen bei der Studienwahl antreiben, einige Fächer stürmen sie geradezu.“ zusammengefasst.
Mittlerweile nennt man diese Studienrichtungen öffentlich Massenfächer und unter Ausschluss der Öffentlichkeit habe ich schon „Plauderstudium“, „Billigmagister“ und andere, weniger schmeichelhafte Bezeichnungen gehört.
Das wäre ein Hallo, würde man hier fürs Studieren frauenfeindlich Geld verlangen, um Zugang und Markt zu regulieren, um die späteren Einkommen zu heben.
Vor einigen Jahren habe ich Mag. Barbara Prammer in einer Pressekonferenz – zugegeben, nicht ohne Schalk im Nacken, aber mit dem notwendigen Ernst – gefragt, ob man Mädchen nicht in die besser bezahlten Berufe zwingen könnte. Anlass dafür waren die zehn häufigsten und gering bezahlten Berufe, die Mädchen immer noch gerne wählen, wobei sich wiederum fünfzig Prozent für Frisörin, Verkäuferin oder Büroarbeit entscheiden, während die Buben in die besser bezahlte Technik streben. Gott sei Dank waren ORF und ATV mit Kameras dabei, und ich entkam mit der wertvollen Beute.
Dass ich das hier so unumwunden schreiben kann, erlauben mir viele Gespräche mit Funktionären der SPÖ, die, ohne dass Kameras dabei sind, zugeben, dass es da ein Problem mit den SPÖ-Frauen gäbe. Auch, dass da gelegentlich ein „Code Red“ ausgesprochen wird, wenn einer dieser Funktionäre den Pfad der Parteilinie verlässt und sich öffentlich zum einen oder anderen Gleichstellungsthema äußert, wenn es nicht Frauen als Benachteiligte innehat.
In der Parlaments-Enquete „Frauen in der Politik - mehr Frauen in die Politik" habe ich unter Gebrauch des politisch verpönten Konjunktivs, Zücken meines Wehrdienstbuches und in Replik auf Prof. Louise Pusch, die gemeint hatte, man werde eben die Männer zwingen, 100 Prozent ihrer Mandate abzugeben, auf echte Zwänge hingewiesen. Etwa dem Fehlen von Frauen beim Zivildienst. Der Skandal blieb aus, ich habe das ja nicht über Wehrpflicht gesagt. Niemand will das Thema wirklich in den Medien sehen, auch wenn diese schon nach Aussagen dazu fischen, wie etwa Daniela Kittner vom Kurier in der Pressestunde mit Minister Töchterle.
Wehrpflicht und Einkommensgleichheit
Ein unerwartetes Echo kam dann doch von Bundespräsident Heinz Fischer, der an dieser Enquete als Zuhörer teilgenommen hatte, als er ein paar Monate später in der Pressestunde zum Thema Wehrpflicht für Frauen meinte: „Frauen bekommen immer mehr Rechte, da kann man auch argumentieren, sie müssen mehr Pflichten übernehmen“. Klar, in seiner letzten Amtsperiode bliebe ein „Code Red“ derer, mit denen er innerparteilich wohl noch ein Hühnchen zu rupfen hat, wirkungslos. Der Rest ist bekannt. Nach einer Schrecksekunde musste Sport- und Verteidigungsminister Norbert Darabos die im Regierungsprogramm einhellig in Stein gehauene Wehrpflicht wegbekommen um den Kritikern der geschlechtsspezifisch einseitigen Ausrichtung der Wehrpflicht zuvorzukommen. Nicht auszudenken, würde das 2013 zum Wahlkampfthema gegen die Gleichstellungspartei und würden dann auch noch die Frauenstimmen abwandern.
Abgeleisteter Wehr- oder Zivildienst ist für einen Bewerber beim Einstieg in die Privatwirtschaft jedenfalls eine Zusatzqualifikation, die belegt, dass er unter Druck für ihn unbekannte Dritte, die er vielleicht gar nicht leiden kann, zu arbeiten versteht. Was auch Personalisten zu schätzen wissen und gerne mehr bezahlen, müssen ungeschriebene Regeln in hierarchischen Strukturen nicht extra kommuniziert werden. Darum sind sie ja auch ungeschrieben.
Der Equal-Pay-Day, der mittlerweile ja mehrmals im Jahr gefeiert wird, hat diesmal ein Interview mit SPÖ-Wirtschaftssprecher Christoph Matznetter und Junge-Industrie-Vorsitzende Therese Niss hervorgebracht. Unter Bemühung der Gaußschen-Normalverteilung verwies Christoph Matznetter die niedrigen Frauenquoten in Führungspositionen auf an Körperteilen orientierte Fehlauswahl der Unternehmen, während Therese Niss auf ihre Branche verwies, wo es an fachlich qualifizierten Frauen mangle. Hätte sie Matzenetter geantwortet, dass man vorher gewichten muss, bevor man Kraut und Rüben unter eine Gaußsche Glocke steckt, ich hätte ihr einen Antrag gemacht. Unter der Voraussetzung, dass ich bei den Kindern daheim bleiben darf, was mich vermutlich aus der Nummer wieder herausgebracht hätte.
Schaut in die Kollektivverträge!
Dass die Arbeit in sogenannten „Frauenbranchen“ niedriger bewertet wird als jene in „Männerbranchen“ stimmt nicht, sagen die Gesetze. Visuell orientierte Leser sollten sich die im Berufsausbildungsgesetz verankerten (gesetzlichen) Ausbildungsverordnungen der letzten 30 Jahre zur Automechanikerin und zum Frisör ausdrucken. Und dann mittels Lineal die Höhe beider Stapel messen. Die wirklich interessierten können die Änderungen auch nachlesen und andere Berufe miteinander vergleichen. Konnte man früher mit Schraubenzieher und Schraubenschlüssel am eigenen KFZ etwas bewerkstelligen, braucht man heutzutage schnell mal einen Laptop, was sich in Aus- und Weiterbildung(szeiten) niederschlägt.
Man müsste über solche an der Realität vorbei orientierten politischen Bemühungen nach dem Vorbild von Thilo Sarrazin oder Jan Fleischhauer, der uns diese Woche mit einer Podiumsdiskussion beehrt, ein Buch schreiben. Nicht, dass es nicht schon versucht wurde, die ablehnenden Antworten der Verlage wären da wohl eine eigene Rubrik wert.
Nicht erst nach diesen Erfahrungen habe ich die Idee verworfen, meinem Ältesten den Taschenrechner wegzunehmen und ihm einen Fön in die Hand zu drücken, weil ohnehin bald alle Berufsgruppen ähnlich schlecht verdienen. Als seine Mutter und seine Lehrerin von seiner schönen Handschrift schwärmten und eine zeichnerische Berufsausbildung vorschlugen, musste ich die Notbremse ziehen, die unterschiedlichen Ausbildungserfordernisse und Kollektivverträge hervorkramen und ihm anhand der dortigen Gehaltstafeln auf die Zusammenhänge beim Einkommen hinweisen. Es waren mitunter die wertvollsten 30 Sekunden unseres Lebens.
Nicht so gut getroffen hat es seine Freundin, die Automechanikerin werden wollte, von ihrer (alleinerziehenden) Mutter aber darauf hingewiesen wurde, dass man da jeden Tag mit schmutzigen Händen heimkommt. Tatsache. Prompt ist sie in einer „Frauenbranche“ gelandet, hat aber jetzt die Kurve gekriegt und ist in die Technik gewechselt. Klammheimlich hoffe ich doch, dass sie dort so viel verdienen wird, dass sie dem Sohnemann ein paar Jahre bei den Kindern daheim finanzieren wird können. Auf dass meine Enkel nicht in die Fänge der durchgegenderten Erziehungsbranchen geraten, die den Zusammenhang zwischen Studium und überlaufenem Studium noch immer nicht reflektiert haben und ihre Gehaltszettel als Diskriminierung empfinden.
Nun, mein Sohn hat sich von seinem ersten selbstverdienten Geld keinen eigenen Fön gekauft, sondern eine Haarschneidemaschine und verpasst sich nun selbst, unterstützt von seiner Freundin, regelmäßig einen gepflegten Bürstenhaarschnitt. Darauf, dass er, wenn ihn der Ruf des Gemeinwohles in Form von Wehr- oder Zivildienstpflicht ereilt dort auf eingezogene Friseurinnen treffen wird, kann er ja nicht hoffen.
Robert Boder beschäftigt sich hauptsächlich mit betrieblichen und gesellschaftlichen Gleichstellungsfragen.