Anti-religiöse Chuzpe

Robert Ziegler, stellvertretender Chefredakteur im ORF-Landestudio Niederösterreich, war nach dem Breivik-Massaker in Oslo sehr rasch klar geworden, dass es sich bei dem wahnsinnigen Attentäter nicht um einen „christlichen“ Fundamentalisten handelt – denn mit dem Christentum hat der Sonderling wahrlich wenig am Hut – sondern bestenfalls um einen religiösen Fanatiker, oder schlicht einen Rechtsextremisten. Er teilte dies seinen Redakteuren in einem Mail mit, in dem er erneut an die besondere sprachliche Sensibilität erinnerte, die auch das Objektivitätsgebot des ORF einfordert.

Es dauerte nicht lange, bis dieses Mail auf illegalem Weg an den „Standard“ geriet, der als einziges Medium über diese journalistische Selbstverständlichkeit berichtete; wohl in der Hoffnung, dass sich darüber hinreichend antireligiöse Kreise gebührend erregen würden. Und tatsächlich nahmen die Betreiber der Initiative „Religion ist Privatsache“ den Ball auf (nota bene: der Verein kürzt sich „RIP“ ab – was auch kein schlechter Witz ist).

Es handelt sich um penetrante und hartnäckige anti-religiöse Agitatoren, die auch immer wieder den ORF angreifen, weil er angeblich ein „Religionsfunk“ ist. Der Verein ist etwa gegen ORF-Berichte über die „Lange Nacht der Kirchen“, den Ethik-Unterricht oder Religionssendungen im ORF generell. Die Leute haben zwar praktisch keine Bedeutung, sind aber höchst umtriebig und haben es auch geschafft, in kirchenfeindlichen Medien Verbündete zu finden.

Dank vehementester Werbung innerhalb der einschlägig gesonnenen Internet-Community des „Standard“ gelang es dann nach mehreren Wochen, doch noch 120 Unterstützer für eine entsprechende Beschwerde an die KommAustria zusammenzubekommen.

Der Gipfel der Unverschämtheit zeigt sich in der Begründung dieser Beschwerde, die nämlich Ziegler vorwirft, „die objektive Berichterstattung durch 'Sprachregelungen' zu manipulieren"(!); und das aus der links-grünen Fundamentalisten-Ecke, die uns seit Jahren mit ihren Sprachregelungen, sei es im Genderbereich, oder im Bereich der Political Correctness, terrorisiert.

Dieser Fall zeigt aber auch wieder einmal deutlich, wie gut links-grüne Netzwerke funktionieren; im bürgerlichen Bereich wäre so eine Aktion wohl von Vornherein zum Scheitern verurteilt. Vielleicht würde ein verärgerter Bürger einen Leserbrief an die „Presse“ schreiben, aber zu mehr würde es wohl nicht reichen. Zumindest in dieser Hinsicht könnte das bürgerliche Lager von der Linken einiges lernen – denn der Druck militanter anti-religiöser beziehungsweise anti-kirchlicher Kreise nimmt zu.

Man kann gespannt sein, wie die KommAustria mit dieser mehr als durchsichtigen Beschwerde umgeht.

Herbert Kaspar ist Herausgeber der Zeitschrift „Academia“, in deren neuesten Nummer dieser Beitrag veröffentlicht ist.

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