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Es war eine politische Illusion zu glauben, dass sich die Welt an die ständigen Schreckensmeldungen aus Europa gewöhnt hätte. Kaum waren jeweils die Hunderte Milliarden schweren Rettungspakete geschnürt, war schon klar, dass sie zu klein waren. Was sofort den Ruf nach weiteren Paketen auslöste. Die Börsen schöpfen zwar bei jedem Paket ein paar Tage Hoffnung. Aber immer wieder setzt sich die Depression durch. Der Glaube schwindet, dass mit solchen Paketen, die gigantische Summen scheinbar aus dem Nichts schaffen, irgendetwas zu retten wäre. Die Beschwichtigungsreden von Politikern schaden nur noch deren Glaubwürdigkeit, und können die Stimmung nicht mehr bessern.
Eine der Hauptursachen der Krise findet sich in einem eher unbeachtet gebliebenen EU-Bericht. Ihm zufolge müsste etwa Spanien die Löhne um zweistellige Prozentsätze senken. Ähnlich Portugal und Griechenland. Nur so können sie wieder wettbewerbsfähig werden. Nur dann würde in diesen Ländern wieder investiert. Nur dann gäbe es wieder mehr Jobs für die schon fast zur Hälfte arbeitslosen Jungen. Das heißt aber mit anderen – nicht ausgesprochenen – Worten: Solange das nicht passiert, fließen die Hilfsgelder in ein Fass ohne Boden und können jeweils nur kurze Zeit die Illusion eines vollen Fasses erwecken.
Damit aber zeigt sich, dass das ökonomische Problem der Finanz- und Schuldenkrise in Wahrheit vor allem ein politisches Problem ist. Das macht die Krise aber noch viel schwerer lösbar. Denn in keinem einzigen Land scheint die politische Energie vorhanden, den Menschen einen so hohen Reallohnverlust aufzuzwingen. Dabei geht es gar nicht mehr nur um die Angst der Machthaber vor einer Abwahl – die zuletzt mit Ausnahme der stabilen und sparsamen Länder im Norden ohnedies überall schon zur Regel zu werden scheint. Ein solcher drastischer Gehaltsschnitt könnte aber sogar auch revolutionäre Unruhen auslösen.
Da wird es schon fast verständlich, wenn auch nicht verzeihlich, dass die Politik halt immer doch lieber irgendwie weiterwurstelt. Und dass sie nicht wagt, ihren Bürgern die ganze Wahrheit zu vermitteln.
Verschlimmernd kommt dazu, dass auch heute noch viele Gewerkschaften der These anhängen, „mehr Kaufkraft“ wäre ein Mittel, der Krise zu entkommen. Mit Kaufkraft meinen sie aber nichts anderes als Lohnerhöhungen, die nicht auf Produktivitätsgewinnen, sondern auf weiteren Schulden beruhen. Diese reduzieren automatisch das Angebot an Jobs. Dazu kommen weitere sinnlose Kostenbelastungen für Europas Wirtschaft, an denen zwar die Gewerkschaften nicht schuldig sind, dafür aber die Parlamente: Etwa die die Stromkosten in die Höhe treibenden Förderungen für technisch wenig ergiebige Alternativenergien.
Dennoch ein Hoffnungsschimmer zum Schluss: Italiens Gewerkschaften haben ein Papier unterschrieben, in dem sie zwar (noch) nicht für Lohnsenkungen sind, aber für Privatisierungen, Flexibilität und Liberalisierungen. Das waren bisher ganz ungewohnte Töne.