Am 4. Juli ist seine kaiserlich-königliche Hoheit Otto von Habsburg friedlich entschlafen, ein Tag, der die versammelte Presselandschaft zu den unterschiedlichsten Schlagzeilen verleitete. Ein Nachruf jagte und jagt den anderen, es scheint, als befänden sich die Medien in einer Mischung aus Anerkennung und Nostalgie, aber auch von republikanischer Verachtung gefangen für jenen Mann, der wie kaum ein anderer für das überzeitliche Prinzip des Legitimismus stand und steht.
Ein Fehlurteil findet man immer wieder: die Monarchie, so der O-Ton, sei nun, mit dem Tod des „letzten Monarchen“, endgültig Geschichte. Österreichs glorreiche Vergangenheit sei nun, da seine Hoheit in der Kapuzinergruft seine letzte Ruhestätte findet, restlos abgeschlossen. Dieses Fehlurteil verkennt Aufgabe und Bedeutung des Legitimismus, sie verkennt die Sendung und die Berufung des Hauses Habsburg und Seiner Hoheit Otto von Österreich. Und gerade dieser Sendung sei dieser Nachruf gewidmet.
Gordon Brook-Shepherd, einer der fähigsten und treuesten Biographen des Seligen Kaiser Karl, schrieb in seinem Werk „Um Krone und Reich“ folgendes über den Seligen: „Karl musste die Vernichtung seines Reiches im Kriege und die Auflösung des Staates im Inneren erleben; den Verlust einer Krone, die seine Ahnen durch sechseinhalb Jahrhunderte getragen hatten und die er selbst ebenso als eine Gabe Gottes wie als ein Vermächtnis seiner Vorfahren schätzte;“
Dieser Satz könnte ebenso auch auf Seine Hoheit Otto von Habsburg geschrieben sein und er drückt den Kern des Legitimismus aus. Da wäre zunächst die schlichte Tatsache, dass Krone und Reich nicht zur Befriedigung der Egoismen der Herrscher errichtet wurden, sondern vielmehr von Gott geduldete legitime Einrichtungen darstellen, die letztendlich unabhängig von Personen und Charakteren einzig eine überzeitliche Wahrheit verkörpern. So weiß sich der Kaiser nicht der „Masse“ verpflichtet, sondern vielmehr dem göttlichen Auftrag, dem christlichen Glauben und dem Dienst am Heilswerk Gottes. Dies erfordert Tugenden, die nur von tugendhaften Monarchen erfüllt werden können und die der verstorbene Erzherzog zutiefst verinnerlichte und lebte.
Seine k. u. k. Hoheit Otto von Habsburg ist daher nicht nur ein „Mensch“, der Großes geleistet hat, der sich für die Einigung Europas stark gemacht hat, der christliche Werte in die Politik trug, der stets danach trachtete in Demut, Einfachheit und Glaubensstärke jene kaiserlichen Tugenden zu verkörpern, die ihm sein seliger Vater und seine Mutter vorlebten. Seine Hoheit ist viel mehr Symbol einer unumstößlichen Ordnung, die sich freilich nicht an den schnelllebigen Zeitgeist anlehnt, sondern die in Jahrhunderten, Jahrtausenden und in der Kategorie der christlichen Ewigkeit zu messen ist.
Eine kritische Aufarbeitung der Ereignisse, die zur „Abdankung“ führten, und die daraus zu ziehenden Konsequenzen, müssen und werden zu einem späteren Zeitpunkt erfolgen. Die Ordnung, die seine k. u. k. Hoheit verkörperte, eine Ordnung, die nationale Egoismen ebenso ausschließt wie sozialistische Gleichmacherei, sie behält Gültigkeit, unabhängig davon, ob sie auf Erden verwirklicht ist, oder nicht. Diese Ordnung, das traditionelle Reich, ist es, an der der Legitimist festhält.
Und dieses überethnische Reich ist es auch, welches nicht nur Frieden und Stabilität in Mitteleuropa garantierte, welches für religiöse Toleranz, aber keineswegs für modernistische Vermischerei stand. Dietrich von Hildebrand drückte dies in der Zeitschrift „Der christliche Ständestaat“ so aus: „In Österreich schließt der Legitimismus aber nicht nur das Bekenntnis zur Monarchie ein, wie in England, Frankreich oder Spanien, er ist nicht nur ein Bekenntnis zu einer bestimmten Staatsform, sondern auch ein Bekenntnis zu einem weltanschaulichen, kulturellen und politischen Programm. Denn Habsburg ist nicht nur das legitime Herrscherhaus in Österreich, wie die Bourbons in Spanien oder die Wittelsbacher in Bayern, sondern es ist die Verkörperung der österreichischen Idee und der Sendung Österreichs.“
Wenn die sterblichen Überreste Seiner Hoheit am 16. Juli in der Kapuzinergruft zur letzten Ruhe gebettet werden, dann mag der Erzherzog hier auf Erden verstummen, das Prinzip, für das er lebte, welches er verkörperte und welches er bewahrte, es wird fortbestehen. Das Schlusswort soll Dietrich von Hildebrand gehören, dessen Worte, obwohl bereits 1936 verfasst, von zeitloser Gültigkeit bleiben: „Und wenn dies alles unsere Herzen mit Dank gegen Gott erfüllt, der uns in dieser schweren, furchtbaren Zeit diesen wahren Habsburger schenkte, so lässt es unsere Herzen, neben der unbedingten Ergebenheit gegen den legitimen Herrscher, auch in Verehrung und Liebe zu Kaiser Otto erglühen.“
Johannes Auer ist Publizist. Seine Haupt Forschungs- und Publikationsschwerpunkte sind das Verhältnis von Religion und Staat. Auer forscht ebenso intensiv auf dem Feld des „Traditionalismus“.