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Der Tanz auf dem Vulkan

Die Beschlüsse der Brüsseler EURO-Chaostruppe vom 21. Juli 2011 liegen nun auf dem Tisch.

Wer nicht haushalten kann und überschuldet ist, bekommt noch mehr Geld. Wem das Zahlen nicht möglich ist, der braucht erst in 30 Jahren ans Rückzahlen zu denken, wenn die Kapitalien durch die Inflation entwertet sind. Vereinbarte Zinsen werden ermäßigt oder auf Jahrzehnte gestundet.

Banken, die sich verspekuliert haben, bekommen neues Kapital vom „Stabilitätsfonds“ der EU. Wenn der Steuersäckel zu viele Löcher hat, wird er aus der unerschöpflichen EU-Quelle vorsorglich gespeist. Der Markt wird außer Kraft gesetzt. Geld entsteht aus dem Nichts. Die Chaoten lassen heute die Puppen tanzen. „Nach uns die Sintflut“ ist ihre Devise.  

Der Teufel in Person des Hedgefondsmanagers amüsiert sich königlich über Sarkozy, Merkel, Juncker und die Adabeis in der Chaostruppe. So zu lügen wie die, traut sich nicht einmal er. „Private“ an der Griechenlandrettung beteiligen? Na sicher, am Profit! Unser Hedgefondsteufel hat am 19. Juli noch schnell Bankaktien gekauft und nach zwei bis drei Tagen verkauft – mit 10-15 Prozent Gewinn. Der Wert der Banken ist dank der Beschlüsse  gleich um einige Milliarden Euro gestiegen.

Jetzt garantiert die EU den Banken auch noch ihre aufgekauften Anleihen überschuldeter Staaten zu 100 Prozent. Die Cleveren der Finanzbranche haben schnell vor dem Gipfel griechische Anleihen zu Diskontpreisen gekauft, die sie ein paar Tage später ebenfalls mit 15 Prozent Gewinn abgestoßen haben. Jetzt kommen die Banker und ihre Hedgefondsteufelchen in den Steueroasen mit dem Geldzählen kaum noch nach. 

Die EU hat ihnen zu einer Gewinnmaschine verholfen, einer Art Perpetuum mobile. Banken kaufen gutverzinsliche Staatsanleihen, die sie bei der EZB als Collateral hinterlegen, um flüssige Mittel zu niedrigeren Zinsen zu bekommen, die sie wieder zum Kauf von höherverzinslichen Staatsanleihen verwenden, die sie als Collateral bei der EZB hinterlegen, um flüssige Mittel zu niedrigeren Zinsen zu  bekommen … usw. Wunderbare Geldvermehrung im Kreislauf, risikofrei. Was will man mehr als Banker? Kommerzielle Kreditvergaben an noch so aussichtsreiche Unternehmungen samt mühevollen Kreditprüfungen kann man sich ersparen. 

„Der EURO ist stabil“, „wir sorgen für Stabilität“, behauptet unsere Chaostruppe und sorgt für die Bocksprünge auf den Finanzmärkten. Jedes Mal, wenn sie sich trifft, verursacht sie Schockwellen, welche die Spekulanten ausnützen. Jetzt ist sie dabei, einen „Stabilitätsmechanismus“ (ESM) einzurichten, der auf Dauer, genauso wie sein befristeter Vorgänger (EGSF), Instabilität hervorbringt. Vor jedem Beschluss herrscht das große Zittern.

„Was wir da machen, kostet den Steuerzahler nicht einen Cent“. Stimmt, es kostet ihn nur seinen Wohlstand und seine Zukunft sowie die seiner Kinder und Kindeskinder. Entweder wird kaputtgespart oder kaputtinflationiert. Geschehen wird wohl beides. 

Die Ersparnisse auf dem Sparbuch werden jeden Tag weniger wert. Die „kalte Enteignung“ braucht keine Steuern, das Aufblasen des Geldvolumens genügt. Die Kaufkraft von Löhnen und Sozialleistungen schmilzt, die Mieten steigen, die prekären Lebensverhältnisse nehmen zu. Die Preise der Güter des täglichen Bedarfs steigen rapid. Mit sieben Prozent liegt ihr Index doppelt so hoch wie der für die ganze EU ausgewiesene Verbraucherpreisindex. Für Mehl zahlen wir 70 Prozent mehr als vor einem Jahr. Die Semmel wird zum Luxus (+ 30 Prozent). Das Heizen unserer Wohnung wird zum Problem (+ 17 Prozent), Ausfahrten mit unserem Auto unterlassen wir besser (Diesel + 36 Prozent) 

Die EURO-Währung „währt“ nicht mehr. Als Weichwährung macht sie dem Dollar Konkurrenz, der jetzt abzustürzen droht. Der Goldpreis ist seit Einführung des EURO um zehn Prozent p.a. gestiegen. Gegen den Schweizer Franken hat der EURO 30 Prozent verloren, dabei wurde die Schweiz von der Finanzkrise noch schwerer gebeutelt als der EURO-Raum. Für die Importe an Energie, Rohstoffen und Nahrungsmitteln müssen wir jetzt um 30 Prozent mehr zahlen als die Schweiz. Nicht erfreulich für ein Importland, wie wir es sind.

Die Staatsquote am Bruttosozialprodukt nimmt kontinuierlich zu, die Leistungen des Staates werden immer weniger, er „lagert sie aus“. Statt dass der Staat sie bezahlt, müssen wir unser Portemonnaie öffnen auf Kosten unseres Lebenstandards. Trotzdem steigt das Budgetdefizit in – noch vor wenigen Jahren, da der eine oder andere Tag noch „gut begann“ – unvorstellbare Höhen. In Wahrheit sind wir pleite. Wir sind ein Schuldner, der sich bei bester Bonität nur noch über Wasser hält, indem er noch mehr Schulden macht.

Früher oder später führt das zum Crash. Der Gang ins Casino hat leider auch nichts genützt: Die Cross Border Leasing-Geschäfte, die Veranlagungen in „strukturierte Produkte“, die „Swaps“, sie gingen fast alle in die Hose. Bund, Länder, Gemeinden, ÖBB, Donaukraftwerke haben große Teile des Vermögens der Bürger verspielt, Pensions- und Wohnbauförderungsfonds Milliarden und Abermilliarden verloren. Und damit wiederum ein Stück Zukunft und Rücklagen für schlechtere Zeiten.

Und jetzt also noch die verrückten Beschlüsse von Brüssel. Von ihnen sagt nun selbst der Präsident der Deutschen Bundesbank – Schönredner Novotny, schreib es dir hinter die Ohren! – dass sie „die Grundlagen der auf fiskalischer Eigenverantwortung beruhenden Währungsunion schwächen. Indem umfangreiche zusätzliche Risiken auf die Hilfe leistenden Länder und deren Steuerzahler verlagert werden, hat der Euro-Raum einen großen Schritt hin zu einer Vergemeinschaftung von Risiken im Falle unsolider Staatsfinanzen und gesamtwirtschaftlicher Fehlentwicklungen gemacht. Künftig wird es noch schwieriger, die Anreize für solide Finanzpolitik aufrechtzuerhalten”.

Jetzt geht es mit Riesenschritten auf die Fiskal-, Schulden-, Haftungs- und Transferunion mit EU-Wirtschaftsregierung  und schließlich politische Union zu, die niemand wollte. Hilfsteufelchen   Claude Juncker leistete ganze Arbeit: "Wir beschließen etwas, stellen das dann in den Raum und warten einige Zeit ab, was passiert. Wenn es dann kein großes Geschrei gibt und keine Aufstände, weil die meisten gar nicht begreifen, was da beschlossen wurde, dann machen wir weiter – Schritt für Schritt, bis es kein Zurück mehr gibt“. Und wenn es Geschrei gibt, „müssen wir halt lügen“.

Bürger und Parlamente werden nicht mehr gefragt. „Ist auch nicht nötig“, sagt unser Bundeskanzler im Duo mit der Finanzministerin. Gesetz und Recht zählen nicht, die Verfassung wird außer Kraft gesetzt, der Lisssabon-Vertrag mit „Ratsbeschluss“ grundlegend verändert, die „No-Bailout“-Klausel einfach aufgehoben, der einst als „Katastrophenhilfe“ eingerichtete „Stabilitätsfonds“ (EFSF/ESM) zum Geldesel-Streck-dich aufgemöbelt. Ein ganz eindeutiger Rechtsbruch. Doch Klagen sind nutzlos, längst wurde unsere Justiz in lebensentscheidenden Fragen „zur Hure der Politik“. 

Was also tun? FPÖ und BZÖ sind bei Ausweitung der Griechenlandhilfe und den weiteren Haftungsübernahmen machtlos, die einfache Mehrheit  der Österreichischen Verräter-Parteien (ÖVP/SPÖ) genügt vorerst, doch wenn es nach Faymann und seiner Finanzministerin geht, kommt das nicht einmal ins Parlament. Der Dauerrettungsschirm ESM – der letzte Atemzug vor dem Tod des österreichischen Souveräns – bedarf der Verfassungsmehrheit. Trotz Opposition von FPÖ und BZÖ wird sie erreicht, denn die Grünen, so ließ Herr Kogler durchblicken (Der Standard, 23./24. Juli, S. 11) werden nach den bereits gesetzten „Schritten in die Richtige Richtung“ zustimmen. Sie waren billig zu haben. 

In Scribes „Tanz auf dem Vulkan“ genügten ein paar Couplets, um vor dem Schafott zu retten und den König zu stürzen. Wir dürfen das aufgestaute Missfallen durch Eintrag in Andreas Unterbergs Tagebuch ablassen  – „das Ventil der Machtlosen.“ Stürzen wird das niemanden.

Friedrich Romig 

Der Autor lehrte Politische Ökonomie in Wien, Graz und Aachen. Sein jüngstes Buch „Der Sinn der Geschichte“ erschien im Juni 2011 im Regin-Verlag, Kiel.

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