Ich glaube, die Zeit ist reif, einen Gedanken an die Öffentlichkeit zu bringen, der mich schon sehr, sehr lange beschäftigt. Wir haben u.a. ein Energieproblem – Atomkraftwerke – aber auch ein folgendes, das wohl nur in unmittelbaren Fachkreisen bekannt ist:
Unterhalb des Donaukraftwerkes Freudenau kommt es zu ständiger Eintiefung der Stromsohle, bedingt durch den im Stauraum des Kraftwerkes zurückgehaltenen Geschiebe- und Schwebstoffgehalt. Die Donau hat unterhalb des Kraftwerkes freie Energie, die sie solange in Eintiefung umsetzt, bis der daraus gewonnene Geschiebetransport mit ihrem natürlichen Gefälle wieder in Einklang steht – das heißt, bis sie wieder in ihrem natürlichen Gleichgewicht steht.
Dieser hydraulische Vorgang findet unterhalb jedes Kraftwerkes statt, das ein geschiebe-führendes Gewässer aufstaut. Deshalb versucht man, Kraftwerke aneinander zu reihen.
Unterhalb des Kraftwerkes Freudenau liegt am linken Donauufer das Naturschutzgebiet Lobau. Diesem droht durch die Eintiefung der Donau und die damit einhergehende Grundwasserspiegel-Absenkung der völlige Verlust seines arteigenen Biotops! Diese Eintiefung beeinträchtigt aber auch die angestrebte Verbesserung der Fahrrinne für die Schifffahrt.
Man versucht daher neue Möglickeiten zu finden, diese Tendenz zu stoppen – entsprechende Forschungen sind an der Universität für Bodenkultur beim dortigen Doppler-Labor im Gange.
Diese hydraulische Tendenz der Donau zeigt einen Energie-Überschuß des Gewässers auf, den dieses für die Eintiefung verwendet. Technische Maßnahmen zur Stoppung der Eintiefung – etwa Sohlbefestigungen, Uferveränderungen u.a. – sind eigentlich eine Vernichtung der im Gewässer vorhandenen natürlichen Energie.
Man sollte daher doch versuchen, diese uns dargebotene Energie zu nutzen – leider geschieht es nicht, weil dadurch das Problem „Kraftwerkstau-Naturschutzgebiet“ – offenbar ein Tabu – berührt wird! In Wirklichkeit sind wir heute in allen Fachgebieten – Ökologie, Naturschutz, Technik – längst so weit, diese Probleme durch vorurteilslose Zusammenarbeit und Abgleichung, für alle Betroffenen zum Wohle unseres gemeinsamen Interesses befriedigend lösen zu können.
Fachlich wären natürlich bei den Planungen strengste Maßstäbe anzulegen, wie etwa absoluter Schutz des Biotops Lobau bei allen Wasserführungen, geringe Stauhöhen, natürliche Ufergestaltungen, Fischaufstiege, etc., etc. Aber offenbar sind solche und ähnliche für Gegenwart und Zukunft unseres Landes gleichermaßen wichtige Vorhaben kein fachliches sondern nur mehr und leider noch immer ein politisches Problem!
Die Realisierung dieses Vorhabens hätte aber neben der Verhinderung einer weiteren Eintiefung noch andere – beispielgebende – Auswirkungen:
- die gerade jetzt auch bekundete und von der Bevölkerung erhoffte politische Zusammenarbeit könnte damit an einem aktuellem Thema bewiesen werden,
- fachlich eminent geholfen wäre dem Naturschutzgebiet Lobau; der Schifffahrt: Verlagerung von Strassentransporten auf die Donau; der Energiewirtschaft: Erzeugung elektrischer Energie aus natürlicher heimischer Wasserkraft,
- es wäre ein Zeichen, dass wir in Österreich nicht nur gegen die Atomkraftwerke protestieren, sondern, dass wir auch zu Kompromissen bereit sind, um unseren Anteil an erneuerbaren Energien zu vergrößern und damit unsere Abhängigkeit von Energie-Importen zu verringern, weil diese mit Energieerzeugung aus Atomkraftwerken gekoppelt sind,
- dies wäre auch ein Signal an unsere Nachbarländer welche Atomkraftwerke betreiben – es wäre zu überlegen unsere Unterlieger-Staaten an der Donau – Slowakei und Ungarn – in ein solches Vorhaben einzubinden und sie damit anzuregen, ebenfalls über diese Art der Energie-Erzeugung zu befinden.
Mein Vorschlag wäre, ein entsprechendes Fachgremium zu bilden, in dem alle berührten Interessensträger gemeinsam eine von allen getragene Lösung erarbeiten und dann die Kosten, die Wirtschaftlichkeit und die Finanzierung dieses Vorhabens behandeln können.
Dessen Realisierung würde uns auch viele Arbeitsplätze sichern und einen wertvollen Beitrag zu unserer notwendigen CO2 Reduzierung erbringen. Selbst wenn die dabei erzeugte Kilowattstunde teurer als jene der sonstigen Wasserkraft-Erzeugung wäre, wäre sie wahrscheinlich noch immer billiger als die Erzeugung von Windkraft- oder Solar-Energie – ganz abgesehen von den gesamtvolkswirtschaflichen und politischen Aspekten dieses Vorhabens.
Sollte es sich als nicht möglich erweisen, dieses Vorhaben zu verwirklichen, ist wenigstens der Versuch hiezu unternommen worden und damit die Bereitschaft zur Zusammenarbeit und zur Untersuchung aller Alternativen zur Atom-Strom-Erzeugung gezeigt worden.
Ich bin mir natürlich dessem bewußt, dass die Verwirklichung eines solchen Vorhabens schwierig ist und vor allem politisches Zusammenwirken erfordert. Wichtig wäre daher, dass es von Beginn an als gemeinsames Vorhaben aller – oder zumindest der Mehrheit – unserer politischen Kräfte deklariert und nicht in einen Kampf gegeneinander gezogen bzw. für einen solchen mißbraucht wird!
Dr.techn.Heinrich Schmidt