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Tagebuch, Sarrazin, Attac, Gesamtschule, Faymann - und das Wetter: Alles super

Das Schöne an Ostern 2011 ist, dass es auch außerhalb des sensationellen Wetters der letzten Tage noch viele andere wirklich gute Nachrichten gibt.

Erstens: Die zweifellos unwichtigste – aber persönlich halt schon erfreuliche – gute Nachricht sind die trotz Urlaubszeit stark gestiegenen Zugriffe auf das Tagebuch. Diese sind zweifellos der ÖVP-Regierungsumbildung und den spannenden Diskussionen über diese zu verdanken.

Zweitens: Viel wichtiger freilich ist, dass die SPD darauf verzichtet hat, Thilo Sarrazin auszuschließen. Damit gibt die deutsche Traditionspartei erfreulicherweise zu, dass es doch noch erlaubt ist, einige schmerzhafte und für ideologische Betonköpfe unerfreuliche Wahrheiten auszusprechen. Gewiss werden manche enttäuscht sein, die auf die Gründung einer neuen bürgernahen Partei durch Sarrazin gehofft haben. Aber das war wohl ohnedies immer mehr ein Wunschtraum gewesen – Sarrazin ist nicht der Typ dafür.

Falsch wäre es jedenfalls, einen Rückzieher Sarrazins zu diagnostizieren. Denn er hat keine einzige seiner – nach wie vor äußerst lesenswerten – Aussagen und Erkenntnisse zurückgezogen oder bedauert. Seine Erklärung verlangt neuerlich bei aller freundlichen Verbindlichkeit im Ton gegenüber seiner alten Partei eine andere Bildungs- und Migrationspolitik und insbesondere „eigene Anstrengungen“ der Migranten. Damit ist klar, dass Sarrazins Erkenntnisse ein Teil der sozialdemokratischen Identität sein dürfen, wenn auch nicht ihr einziger, und wenn auch nur in Deutschland.

Drittens: Ein noch größeres Aufreger-Thema der gesamten linken Szene als Sarrazin waren vor genau zehn Jahren die gewalttätigen Attac-Demonstrationen beim G-8-Gipfel in Genua. Thematisiert wurde aber nicht die Attac-Gewalttätigkeit, sondern der Umstand, dass ein sich bedroht fühlender Polizist einen Demonstranten erschossen hat.

Die wirren Thesen von Attac wurde daraufhin bis in den linkskatholischen Rand hinein als neues Evangelium und Verkörperung des Gutmenschentums herumgereicht. Und zahllose Leitartikler erregten sich – nicht über gewalttätige Demonstranten, sondern – über die italienische Polizei (eh schon wissen, Berlusconi und so).

Nun, zehn Jahre später, ist ein in seiner expliziten Klarheit geradezu sensationelles Urteil der großen Kammer des Europäischen Gerichtshof ergangen: „Der Einsatz eines möglicherweise tödlichen Mittels wie der Schüsse war gerechtfertigt“, heißt es da. Der Polizist habe sich und seine Kollegen in Lebensgefahr gesehen. Der Einsatz von Gewalt gegen die Demonstrantengruppe sei „absolut notwendig“ gewesen. Alle Vorwürfe gegen Italien in diesem Zusammenhang seien unberechtigt gewesen.

Europa muss also vorerst doch nicht ganz wehrlos der Anarchie preisgegeben werden. Erschütternd ist jedoch, wie winzig die Medien über dieses Urteil berichtet haben – denn es ist schon vor genau einem Monat ergangen und bis heute hat sich keiner der feuilletonistischen und politschreiberischen Großpfaue dazu geäußert. Oder gar für sein einstiges Geschreibsel entschuldigt. Ein Vergleich dieses Schweigens mit den einstigen monatelangen wilden Attacken auf Italien und seine Polizei in fast allen Medien und bei den sogenannten Intellektuellen zeigt, dass wir in einer völlig verlogenen Welt leben. Was zugegebenermaßen doch kein so großer Grund zu östlicher Freude ist.

Viertens: In uneingeschränkt fröhliches Staunen kommt man, wenn man einen Gastkommentar einer Heidi Schrodt in der „Presse“ liest. Denn die pensionierte Direktorin (einer der schechtesten Schulen Wiens) war in der letzten Jahren als Wanderpredigerin für „gesamtschulische Ziele“ und „geschlechtssensiblen“(!) Unterricht durch alle linken Foren gereist.

Nun aber war sie auch in England und schreibt einen ganz begeisterten Bericht über die Qualität der Privatschulen und darüber, dass nun auch staatliche Schulen von privaten Trägern geführt werden sollen. Als höchsten Qualitätsausweis erwähnt sie aber, dass das so etwas wie ein „Gymnasium“ werden soll. Gratulation Frau Schrodt! Man sieht, Reisen bildet. Und hoffentlich droht Ihnen jetzt kein Parteiausschluss.

Fünftens und zum Schluss noch etwas Erfreuliches aus Österreich. Hier geht nämlich der Gewerkschaftsbund offensichtlich auf deutliche Distanz zu Werner Faymann. Wie das, ist doch Faymann ein geradezu sklavischer Befolger aller Wünsche des ÖGB? Dennoch liest man Schwarz auf Weiß, was ÖGB-Präsident Erich Foglar über den Eintritt in Regierungsaufgaben sagt: Es wäre gut, „dass man, wenn man Verantwortung übernimmt, eine abgeschlossene Berufsausbildung hätte“.

Herr Faymann hat bekanntlich keinerlei Berufsausbildung genossen, kein Studium abgeschlossen – oder solches auch nur versucht. Deutlicher kann man also nicht Kritik an ihm üben. Dabei hat Foglar gar nicht Faymann gemeint. Eigentlich wollte er den 24-jährigen Jus-Studenten Sebastian Kurz ohrfeigen. Bei der SPÖ hat man ja nämlich offenbar gemerkt, dass die Hass-Kampagne der ganzen linken Szene gegen das Alter von Kurz bei den jungen Menschen gar nicht gut ankommt. Da wollte man sich halt etwas Neues einfallen lassen. Und ist zu dumm, um zu entdecken, dass das Argument "Ohne Berufsausbildung soll man kein Politiker werden" noch viel mehr für einen Bundeskanzler gelten muss, wenn man es schon für einen kleinen Staatssekretär fordert.

 

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