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Die undemokratische Volksbefragung

Karl Korinek gehört zweifellos zu den intelligentesten (und symapthischsten) Verfassungsrechtlern des Landes. Vielleicht machen gerade deshalb seine heutigen Aussagen zur geplanten Volksbefragung in Kärnten so stutzig.

Laut Ö1 behauptete der pensionierte Verfassungsgerichtshofspräsident heute: 

"Die [Volksbefragung] wird nicht viel bringen. Wenn sie eine Zustimmung bringt, braucht man sie nicht. Und wenn sie eine Ablehnung bringt, wird man auf der ganzen Welt sagen, das ist zum ersten Mal in einer Demokratie, dass man die Mehrheit über Minderheiten abstimmen lässt." Das, so Korinek, sei zutiefst undemokratisch.

Korinek erkennt natürlich nur zu gut, dass die Volksbefragung tatsächlich nicht der Erforschung des wahren Wählerwillens dient, sondern eine populistische Inszenierung eines geläuterten Landeshauptmannes darstellt. Insofern ist der Ärger des Verfassungsrechtlers, der der Materie nach jahrelanger Befassung wohl nicht ganz emotionslos gegenüberstehen dürfte, verständlich. Gänzlich unverständlich sind aber seine Begründungen. Dass die "Mehrheit über Minderheiten" abstimmt, ist nämlich nicht "zutiefst undemokratisch", sondern sogar zentrales Wesenselement der Demokratie. Demokratische Entscheidungen müssen mittelbar oder unmittelbar durch die Mehrheit der Wahlberechtigten legitimiert sein - manchmal mit einfachen, manchmal mit qualifizierten Mehrheiten. Bei jeder demokratischen Entscheidung verbleibt aber eine Minderheit, die sich mit ihren Vorstellungen nicht durchsetzen konnte. Diese Minderheiten können ideologische Lager, bestimmte Altersschichten, aber auch Volksgruppen sein.

Zwar räumen entwickelte Demokratien regelmäßig insbesondere ethnischen Minderheiten gewisse Vorrechte ein - aber das beruht zumindest mittelbar auch auf einer Zustimmung der Mehrheitsbevölkerung (und sei es nur durch die Legitimation einer Regierung, die dann Staatsverträge abschließt, völkerrechtlichen Verträgen beitritt oder entsprechende Gesetze beschließt). Man könnte auch umgekehrt fragen: Wer, wenn nicht die Mehrheit der Wahlberechtigten, sollte Minderheiten derartige Privilegien zugestehen können?

Korineks Kritik deutet aber auch noch auf ein anderes Spannungsverhältnis hin: In einem Rechtsstaat muss sich auch eine Minderheit darauf verlassen können, dass die ihr zugesagten Vorrechte auch tatsächlich umgesetzt werden. Umgekehrt wäre es aber demokratiepolitisch unerträglich, einer nachfolgenden Generation grundsätzlich zu verweigern, von Beschlüssen ihrer Elterngeneration (zum Beispiel bei der Einräumung von Minderheitsrechten) abzurücken.

Hätten die Mitglieder der Bundesregierung ein bisschen mehr politisches Gespür, hätten sie die Dörfler'sche Idee einer Volksbefragung sofort übernommen. Der parteipolitische Charakter wäre vom Tisch gewesen - und aus der Volksbefragung hätte eine beeindruckende Geste der deutschsprachigen Mehrheitsbevölkerung werden können, dass sich nicht nur die politische Elite nach einer fairen Lösung des leidigen Konfliktes und einer Erfüllung der zugesagten Rechte sehnt.

Florian Unterberger ist Pressesprecher bei einem ausgegliederten Unternehmen.

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