Mag. Kindergartentante

Das Leben als Politikkonsument in diesem Land ist ernüchternd - die wirklich dringenden Probleme (Budgetdefizit, Bürokratie, Föderalismus, Gesundheit, ...) greift diese Regierung nicht einmal an, aber dafür schafft man zusätzliche Probleme in Bereichen, in denen es bisher keine gab.

Angeblich wurde heute beschlossen, allen Pädagogen - vom Kindergarten bis zur AHS - eine einheitliche Ausbildung zukommen zu lassen. Dahinter steckt zweifellos das Ansinnen der SPÖ, den Lehreraustausch zwischen Hauptschulen und Gymnasien zu erleichtern und damit einen weiteren Schritt in Richtung Einheitsschule zu machen. Aber hier lassen sich ja zumindest drei sinnvolle Aspekte erahnen:

  1. Es ist zweifellos richtig, den AHS-Lehrern eine bessere pädagogische Ausbildung zugute kommen zu lassen als bisher.
  2. Es ist auch sinnvoll, die AHS-Lehrer schon früher und intensiver mit der Praxis des Unterrichts vertraut zu machen. Im vierten Jahr des Studiums ist das aber immer noch viel zu spät.
  3. Vielleicht wird im Zuge der Reform auch die unsägliche Praxis abgestellt, dass Hauptschul- (und AHS-Unterstufen-)Lehrer ohne spezifische Fachausbildung sämtliche(!) Fächer unterrichten dürfen.

Schildbürgerstreich Kindergarten

Das wirklich Bedrohliche der Reform-Ankündigung steckt aber in der Ankündigung, dass künftig auch Kindergärtnerinnen einen Universitätsabschluss brauchen - und zwar sicherheitshalber gleich den Master und nicht nur den Bachelor.

a) Die Verlagerung der Ausbildung zur Kindergärtnerin (neudeutsch 'Kindergartenpädagogin') von einer Berufsbildenden Höheren Schule auf eine Universität/Fachhochschule bringt eine furchteinflößende Verkopfung mit sich. In Zukunft wird man bei jeder angepinkelten Hose gleich nach Freud rufen.

b) Der Wechsel der Ausbildung wird aber auch zu Selektionsprozessen führen. Gstandene, kinderliebende junge Frauen aus oft kinderreichen Familien werden sich von der jahrelangen universitären Ausbildung abschrecken lassen. Als Ersatz rücken vermutlich verstärkt die überzähligen Psychologie-Absolventen nach ...

c) Wer derzeit einen Kindergartenplatz sucht, kennt den dramatischen Mangel an Kindergärtnerinnen. Wer sein Kind nicht unmittelbar nach der Geburt schon wo angemeldet hat, sollte sich nicht mehr viele Hoffnungen machen. Ausgerechnet in dieser Phase vier Jahre lang(!) österreichweit auf alle Absolventen zu verzichten, kann man nur mehr als Schildbürgerstreich bezeichnen.

d) Mit der Steiermark hat das erste Bundesland schon den Abschied vom teuren Gratiskindergarten beschlossen. Sobald man universitär ausgebildete Kindergärtnerinnen entlohnen muss, werden wohl weitere Bundesländer folgen.

e) Ausgerechnet in einer Berufsgruppe, die überdurchschnittlich viele Kinder bekommt, den Eintritt ins Erwerbsleben um vier Jahre nach hinten zu verschieben, ist ein weiterer Beitrag zum demographischen Selbstmord dieses Landes.

f) Da es mit dem vierjährigen Bachelorstudium nicht getan ist, müssen die Kindergärtnerinnen von morgen in den anschließenden fünf Jahren auch noch berufsbegleitend den Master anschließen. Dass Kindergärtnerinnen (und auch Lehrer) in den ersten Jahren ihres Berufslebens (meist im Unterschied zu späteren Jahren) wirklich sehr viel Zeit in Vorbereitungen stecken, dürfte auch eine Überraschung sein.

Bei der Einbeziehung der Kindergärtnerinnen in die allgemeine Pädagogenausbildung fällt es einem sogar schwer, eine "hidden agenda" auszumachen. Aber vielleicht besteht sie wirklich nur darin, einige zusätzliche Professuren für die Visionäre zu schaffen, die derzeit mit der Arbeit in den zahlreichen Reformkommissionen nicht ausgelastet sind ...

Florian Unterberger ist Pressesprecher bei einem staatsnahen Unternehmen. Er ist mit einer Kindergärtnerin verheiratet und hat zwei Kinder (wovon eines den Kindergarten besucht).

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