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Dienstanweisungen für einen politischen Unterteufel

Die Giftküche der Politik verfügt über bewährte Rezepte. Durchstößt ein Gegner die Schallmauer der Mittelmäßigkeit, werden sofort Blutegel angesetzt, die sich an seiner Kindheit, an seinem Sexleben, an Ehe und Freundeskreis – oder gegebenenfalls an seiner akademischen Laufbahn festsaugen. Selbstverständlich werden auch psychologische Profile angefertigt und Undercover-Beobachter auf die Fährte gesetzt.

Wenn das nicht reicht, schleust man Maulwürfe in die Umgebung des Zielobjekts, zieht Doppelagenten heran (wie z.B. im Fall Uwe Barschel) oder besticht willfährige Zeugen. Ein ganzes Arsenal an Schnüffelei, Hinterhältigkeit, Betrug, Bestechung, Intrige, Verleumdung steht zur Verfügung und wird auch eingesetzt.

Mit Vorliebe werden Studenten, Aspiranten, ins Trudeln geratene Journalisten und ähnliche Figuren für solche Drecksarbeit verwandt. Je nach Kaliber des Opfers scheut man sich aber auch nicht davor, Künstler, Schriftsteller, mitunter auch willfährige Wissenschaftler, vor den Intrigantenkarren zu spannen. Dabei wird größtes Augenmerk darauf gelegt, dass die Drahtzieher hinter den Kulissen niemals ans Licht der Öffentlichkeit gezerrt werden.

Am besten bewährt sich das Zusammenspiel mit "investigativem Journalismus", der sich nicht dem Bericht, sondern der Aufdeckung widmet, oder – um Medienpapst Emil Dovifat zu zitieren – sich nicht als "Buchhalter der Wahrheit", sondern als "Abenteurer der Feder" versteht.

Klingt, was Sie bis hierher gelesen haben, dick aufgetragen, dem ferngesteuerten Hirn eines Verschwörungstheoretikers entsprungen? Dann lesen Sie bitte nach, was in den Medien über die Doktorarbeit des Karl-Theodor Freiherrn von und zu Guttenberg, des amtierenden Verteidigungsministers Deutschlands, zu lesen ist. Zur Stunde zählt Google-news bereits mehr als 830 Medienartikel über angebliche oder tatsächliche Plagiate in dessen Dissertation "Verfassung und Verfassungsvertrag: konstitutionelle Entwicklungsstufen in den USA und der EU", die ihm im Jahre 2007 zum Abschluss seines Studiums "summa cum laude" und zum Doktortitel verholfen hat.

Aufgedeckt hat diese Textpassagen der Bremer Juraprofessor Andreas Fischer-Lescano. Er hat sie der "Süddeutschen Zeitung" gesteckt. Es soll sich um drei Textpassagen handeln, die ohne richtige Kenntlichmachung als Zitat von Zeitungsartikeln abgeschrieben worden seien.

Ob dies nun stimmt oder nicht, fallen mir dennoch einige Umstände auf, die den akademischen Aufklärungseifer des Herrn Professors in einem seltsamen Licht erscheinen lassen.

Doch vorneweg: Sollten sich in dem Werk Guttenbergs, das 475 Seiten mit rund 1.200 Fußnoten umfasst, tatsächlich Plagiate befinden, ist das sicher für den Herrn Minister recht peinlich. Dennoch finde ich, dass er die faire Chance verdient hat, sich zu rechtfertigen. Mir sind einige Fälle bekannt, in denen z.B. sozialistische Minister in Österreich (so hieß die SPÖ damals noch) seitenweise fremdes Schriftgut als eigenes ausgaben. Ich selbst habe durch Zufall ein Plagiat eines Theaterwissenschaftlers entdeckt, das mehr als peinlich war.

Doch nun zu den Auffälligkeiten:

Woher kommt plötzlich das "wissenschaftliche Interesse" des Herrn Fischer-Lescano?

Warum erwähnt niemand, dass er dem linken Spektrum zuzurechnen ist?

Warum ist nirgends zu lesen, dass dieser Herr "Vertrauensdozent" der SPD-nahen Friedrich-Ebert-Stiftung ist?

Warum verständigt der Herr Professor nicht zuerst seine akademischen Kollegen der Uni Bayreuth bzw. den Doktorvater Guttenbergs?

Warum wendet er sich sofort an die Öffentlichkeit, bevor weder der Betroffene selbst noch die Bayreuther Kollegen eine Chance hatten, die Behauptungen schwarz auf weiß zu sehen, geschweige denn zu prüfen?

Inzwischen kursieren Gerüchte, der beliebteste und weltgewandteste Politiker Deutschlands werde seinen Doktortitel verlieren, vielleicht sogar seinen Ministerposten. Möglicherweise ist an den Vorwürfen ja etwas dran. Dann wäre es zwar ein Sieg der Hexenküchen, aber ein Qualitätsverlust für die deutsche Politik.

Während ich den Beitrag schrieb, ist die Zahl der Meldungen auf 935 angeschwollen. Wenn da nur keiner vom anderen abgeschrieben hat!

(Frank Walsleben ist ein deutsch-österreichischer Publizist in Berlin.)

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