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Schmerzhafte Budgetüberraschungen

Will man Wirtschaftspolitik wirklich seriös bewerten, dann braucht man eine längerfristige Sicht und eine intensivere Recherche als die bloße Meldung vom Tag. Dies gilt ganz besonders für den Staatshaushalt.

Vor einem Jahr wurde uns noch ringsum versprochen, dass es keine Steuererhöhungen geben werde. Im Frühjahr ist man dann auf Verlangen der SPÖ plötzlich auf die Formel 60 zu 40 gewechselt: Nur noch 60 Prozent der Defizitreduktion sollen durch Einsparungen und 40 Prozent durch Mehreinnahmen erfolgen.

Aber noch niemand ist sich der wahren Realität des im Herbst beschlossenen Budgets wirklich bewusst. Eine interne Studie der Industriellenvereinigung zeigt nun, dass bei den Ausgaben überhaupt nur 11 Prozent eingespart werden. Der Sanierungsbeitrag durch Mehreinnahmen beträgt hingegen 89 Prozent. Dazu gehören Steuererhöhungen, die stille Progression sowie die Auflösung von Rücklagen und Rückstellungen.

Gewiss: Die eine oder andere Sparmaßnahme mag erst ab 2012 voll budgetwirksam werden. Aber prinzipiell wird sich an dem beklemmenden Missverhältnis zwischen Sparen und Schröpfen durch die jüngsten Maßnahmen nicht mehr viel ändern.

Im Gegenteil. Während Verwaltungsreform oder Eindämmung des Sozialmissbrauches gar nicht mehr oder höchstens als routiniertes Lippenbekenntnis angepeilt werden, verlangt die SPÖ schon weitere Steuererhöhungen. Wie immer wird das mit der Phrase von mehr „sozialer Gerechtigkeit“ begründet – obwohl Österreich einen der europaweit höchsten Steuer- wie auch Grenzsteuersätze hat.

Noch bedrückender für unser aller Zukunft ist die Entwicklung der Ausgabenseite: Während Österreich von dem in der gegenwärtigen (Zwischen-)Konjunktur eigentlich unabdingbaren Budgetüberschuss meilenweit entfernt ist, plant die Koalition schon wieder neue drastische Ausgabenerhöhungen. Wer nach der Finanzierung frägt, bekommt vom Finanzminister den lapidaren Hinweis auf künftige Mehreinnahmen als Folge des (erhofften) Wachstums. Dieses noch gar nicht sichere Zusatzgeld will man jetzt schon munter ausgeben, ohne es wenigstens zum Teil für die Schuldenreduktion zu reservieren.

Beispiel 1: Der neuerdings Konsens darstellende Ausbau der „Neuen Mittelschule“, also der bisherigen Hauptschule, kostet zusätzlich mindestens 130 Millionen (ÖVP-Angaben) oder gar 200 bis 300 Millionen (SPÖ-Unterrichtsministerium). Dabei gehören unsere Bildungsausgaben jetzt schon zu den weltweit höchsten.

Beispiel 2: Der von der SPÖ verlangte Abbau der Wehrpflicht kostet mit Garantie weitere hunderte Millionen Euro. Denn die bisher durch Zivildiener in Sozialorganisationen und durch Soldaten bei Friedenssicherung und Katastrophenschutz erfüllten Aufgaben müssen ja künftig von marktmäßig bezahlten Kräften erledigt werden. Was allen Milchmädchenrechnungen zum Trotz teurer sein muss.

Da kann man nur noch einen alten Spruch abwandeln: Alle Wege führen nach Griechenland.

Ich schreibe in jeder Nummer der Finanz- und Wirtschafts-Wochenzeitung „Börsen-Kurier“ die Kolumne „Unterbergers Wochenschau“.

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