Der Obmann einer österreichischen Oppositionspartei hat also Israel besucht. An sich wäre das keine Fußnote wert, handelte es sich nicht um den Obmann der FPÖ, deren Positionen sowohl historisch, als auch tagespolitisch als populistisch und nicht selten auch als antisemitisch bezeichnet werden müssen und es auch tatsächlich sind.
Lange habe ich überlegt, ob es notwendig ist, diesen Besuch zu thematisieren und ich schwankte zwischen Ja und Nein hin und her. Ich denke aber, dass es durchaus notwendig ist, klar herauszuarbeiten, was Israels Politik von jener der FPÖ unterscheidet. Zudem bin ich der Ansicht, dass man auch hierzulande leider zu oft der Versuchung erliegt, aus den falschen Motiven einer Partei zuzustimmen, die zu nichts anderem im Stande ist, als zu hetzen.
Der gewichtigste Grund ist aber, dass die FPÖ sich durch diesen Besuch offenbar als neuer Freund Israels gerieren will. Das ist nicht nur historisch falsch, sondern auch eine offensichtliche taktische Wendung.
Bei diesem Besuch, dem offenbar auch mehrere andere sogenannte „Rechtspolitiker“ beigewohnt haben und bei dem eine sogenannte „Jerusalemer Erklärung“ verabschiedet wurde, geht es nämlich naturgemäß keineswegs um die Absage an den historisch gewachsenen Antisemitismus der FPÖ. Jeder, der das glaubt, ist ein Opfer der Propaganda dieser Westentaschenaußenpolitiker.
Daher lohnt es sich auch gar nicht, großartig inhaltlich auf den Besuch von Österreichs FPÖ-Chef und seinen „aufrechten Kameraden“ einzugehen. Strache richtet sich ohnehin von selbst. Sondern es geht darum, uns selbst immer wieder daran zu erinnern, dass wir als Israel-Freunde ein besonderes Sensorium für jeglichen Extremismus behalten müssen.
Beim Thema FPÖ und Antisemitismus genügt es zunächst, auf die jüngste Zeit hinzuweisen, beispielsweise mit ihren Hetzreden gegen „Exiljuden“. Spätestens als Strache von seinen Gemeinsamkeiten mit dem „Burschenschafter“ Theodor Herzl schwadronierte, gab er sich restlos der Lächerlichkeit preis. So ganz nebenbei bemerkt: dass offenbar die Dummheit nicht ausstirbt, konnte ich erst kürzlich in London beobachten, als Touristen sich mit Hitlergruß in „Madame Tussauds“ neben der Hitlerfigur ablichten ließen.
Da aber offenbar, nicht nur in rechtsextremen Kreisen, der Eindruck entsteht, dass Israels Kampf gegen den radikalen Islam, der die Existenz Israels rückgängig zu machen versucht, etwas mit der Islamhetze der europäischen Rechtsextremen bzw. der Populisten gemein habe, sehe ich mich gezwungen, einmal mehr den klaren Unterschied zwischen Israels gerechtem Kampf um seine Existenz und um Sicherheit auf der einen Seite und jener Hetze auf der anderen herauszustreichen, die Europas Rechtsextreme betreiben.
Auch der größte Israel-Freund darf keineswegs auf die Propaganda und Hetze der Rechtspopulisten hereinfallen, mag es auch noch so verlockend sein, sich in einer Welt voller Feinde die falschen Freunde zu wählen. Falsche Freunde sind die schlimmsten Feinde, diese alte Weisheit bewahrheitet sich stets aufs Neue.
Israels Recht auf Selbstverteidigung und die dazugehörigen Sicherheitsabwägungen, Strategieplanungen und auch militärischen Maßnahmen haben nichts, aber auch gar nichts mit einer generellen Verurteilung der Palästinenser als Bösewichte, des einzelnen Muslims als minderwertigem Menschen, oder aber auch nur das geringste mit Imperialismus zu tun.
Benjamin Netanyahu etwa verurteilte erst kürzlich eindeutig den Aufruf einiger Rabbiner, keine Wohnungen mehr an Araber zu verkaufen oder zu vermieten, mit den Worten: „Wie würden wir uns fühlen, wenn jemand sagen würde, man solle Juden keine Wohnungen verkaufen? Wir würden protestieren, und wir protestieren, wenn man dies in den Nachbarländern sagt. Derlei Dinge dürfen weder über Juden noch über Araber gesagt werden. Sie können nicht in einem demokratischen Staat gesagt werden, und ganz gewiss nicht in einem jüdischen und demokratischen Staat, der die Moralität des jüdischen Erbes und der Bibel respektiert. Daher weist der Staat Israel diese Bemerkungen ohne Umschweife zurück.“
Die Propaganda der europäischen „Rechtsaußendelegation“, mit der freilich leider in weiten Teilen Europas Wahlen gewonnen werden, zielt in eine rassistische Richtung. Man will auf dem Rücken eines Sündenbocks die Macht erlangen, bzw. Stimmenmaximierung betreiben. Gestern war es der Jude, in den 90er Jahren waren es die Flüchtlinge aus Ex-Jugoslawien, heute ist es der Muslim. Diese Politik des Schaffens von Sündenböcken mag in unseren Landen tragischerweise immer noch fruchten, die Politik Israels war und ist jedoch eine andere, mal abgesehen von dem einen oder anderen weitgehend unbedeutenden Rabauken, der aber vom offiziellen Israel zurückgepfiffen wird.
Nach welchen Prinzipien sollte sich also eine Politik in und für Israel ausrichten? In Anlehnung an Ariel Scharon geht es bei vernünftiger und zielführender (israelischer) Verteidigungspolitik darum, die Sicherheit des jüdischen Staates zu maximieren und dauerhaft die Existenz des legitimen jüdischen Staates zu gewährleisten. Es geht nicht um „Araberdreschen“ oder gar darum, sämtliche Muslime in einen Topf zu werfen.
Bei der notwendigen Islamismuskritik hingegen müssen Tendenzen innerhalb der großen Familie des Islam aufgezeigt werden, die zu Totalitarismus, Extremismus und Antisemitismus neigen. Es müssen jene Segmente gestärkt werden, die eben gerade nicht dafür stehen.
Pauschalurteile helfen uns nicht nur in diesem Fall nicht weiter. Man sollte z. B. die türkische Regierung fragen, wie es möglich ist, dass im 21. Jahrhundert ein Nobelpreisträger (V. S. Naipaul) in einem NATO-Mitgliedsstaat derart angegriffen wird, dass er seine Teilnahme am europäischen Schriftstellerkongress in der Weltkulturhauptstadt Istanbul absagen musste (Anm. Naipauls „Vergehen“ war es, dass er den Islam kritisierte). Wie ist es möglich, dass dies in einem Land passiert, das offiziell eine laizistische Verfassung hat? Und: Welche Konsequenzen sollte das westliche(!) Bündnis NATO aus solchen und anderen Signalen, die von der islamistischen AKP ausgehen, ziehen?
Israel ist seit seiner Gründung von Vernichtung bedroht, sei es durch weltliche Terroristen, oder auch, in den vergangen Jahrzehnten vermehrt, durch den radikalen Islam. Israel musste und muss daher auf eine starke Landesverteidigung bauen, es musste auch den Sperrwall errichten, um sich selbst zu schützen und es musste und muss Härte zeigen, wenn Härte gefragt war und ist. Immer aber geht es eben um den Faktor „Sicherheit für Israel, Sicherheit für die Juden“ und nicht um platte Hetze alla FPÖ.
Das wichtigste aber ist, das Existenzrecht Israels zu verteidigen und zwar ohne dabei Feindbilder über die Massen zu kultivieren. Feinde sind natürlich zu benennen, wo Gefahr droht, haben wir unsere Stimme zu erheben, wo unmittelbare physische Gefahr für die Existenz des legitimen jüdischen Staates besteht, dort hat Israel alles Recht, sich durch vielfältige Methoden zu Wehr zu setzen und wir haben die Pflicht an der Seite Israels zu stehen. Wir haben auch den klaren Auftrag Leid, Hass und Blutvergießen nach Kräften zu verhindern und so werden wir als unerschütterliche Freunde Israels unsere Stimme dort erheben, wo der Versuch gestartet wird, Israel für taktische Spielchen zu vereinnahmen, und wo jeglicher Rassismus und Chauvinismus ihre hässliche Fratze zeigen.
Johannes Auer, 1982, ist Publizist. In seiner Arbeit beschäftigt er sich hauptsächlich mit der der politischen und religiösen Situation im Nahen und Mittleren Osten, mit der Geschichte des Judentums und der Europäischen Einigung.