Abonnenten können jeden Artikel sofort lesen, erhalten anzeigenfreie Seiten und viele andere Vorteile. Ein Abo (13 Euro pro Monat/130 pro Jahr) ist jederzeit beendbar und endet einfach durch Nichtzahlung. 

weiterlesen

Privatisierungen: Das vergessene Zauberrezept

Man wird sich dessen erst bewusst, wenn man darauf hingewiesen wird: Seit Monaten kommt die AUA in den Medien kaum noch vor – ganz im Gegensatz zu früheren Jahren.

Dabei gäbe es viel Interessantes zu melden: Jeden Monat steigt dort die Zahl der Passagiere um zweistellige Prozentgrößen. Das AUA-Personal schrumpft trotzdem gerade von 8000 auf 5000. Das gesamte mittlere und höhere Personal muss sich nun neu um seine künftigen Aufgaben bewerben. Die AUA hat einen spürbaren Preisnachlass des Wiener Flughafens erkämpft. Alle AUA-Piloten und Flugbegleiter müssen bei gleichem Gehalt mehr fliegen. Der Swiss-Chef gibt Interviews, in denen er eine Abwanderung von Luftverkehr von Zürich nach Wien befürchtet („Zürich verkommt zum Provinzflughafen“). Die AUA steht unmittelbar an der Schwelle zu schwarzen Zahlen.

Kurz gesagt: Bei der AUA findet eine positive Revolution statt, die das schon totgesagte Unternehmen überlebensfähig macht.

Was für Kriege waren das doch früher rund um die AUA! Ganz Österreich stand regelmäßig im Bann der dortigen Arbeitskonflikte. Jede kleinste Einschränkung der Belegschafts-Privilegien ließ die Betriebsräte zur öffentlichen Mobilmachung blasen. Der Chef der Wirtschaftskammer verteidigte aus Angst, die AUA könnte streiken, die Privilegien der Piloten. Die Politiker hatten einst die AUA sogar gezwungen, die marode „Lauda Air“ zu schlucken – und sich daran zu verschlucken.

Der Unterschied zwischen vorher und nachher liegt in einem kurzen Satz: Die AUA wurde privatisiert.

Die Privatisierung nahm den Politikern den Einfluss auf das Unternehmen. Sie nahm den Betriebsräten das vorher durchaus zutreffende Gefühl, im Kampf mit der Geschäftsführung immer am längeren Hebel zu sitzen. Früher brauchten sie sich ja nur an die Öffentlichkeit zu wenden und schon entstand Druck, dem der AUA-Vorstand am Ende immer nachzugeben hatte, weil die politischen Eigentümervertreter einen Wirbel in der Öffentlichkeit wie der Teufel das Weihwasser fürchten. Daher hat die Politik (aller Parteien) überdies die für Experten längst unvermeidliche Privatisierung viel zu lange hinausgezögert, was die Steuerzahler um die ganze AUA und zusätzlich eine halbe Milliarde Euro gebracht hat. Jetzt hingegen wissen die Betriebsräte, dass politische Interventionen bei den neuen Eigentümern kontraproduktiv sind. Seither sind sie lammfromm und konstruktiv.

Ähnliche Erfolgsgeschichten wie die der AUA lassen sich über fast alle privatisierten Unternehmen schreiben. Etwa über die Voest, wo früher von SPÖ-Parteisekretariaten direkt Posten vergeben worden sind. Diese sind heute ein politikfreies Vorzeige-Unternehmen geworden, nachdem sie in den 80er Jahren mit ihren Verlusten noch eine schwere Staatskrise ausgelöst hatten. Auch hier wieder gab es bis zur Privatisierung – und erst recht rund um diese – unglaublich viel schädliche wie sinnlose Aufregung, Panik und Interventionen.

Fast jedes Mal gelingt es den Profiteuren der Verstaatlichung, also Politikern und Betriebsräten, den Menschen einzureden, eine Privatisierung wäre schädlich. Denn die große Mehrheit der Journalisten in diesem Land steht weit links und ist daher begeisterter Transporteur solcher Botschaften.

Daher finden auch die längst fälligen weiteren Privatisierungen nicht statt. Die wären etwa dringend fällig:

-         Beim Wiener Flughafen, bei dem gerade wieder hunderte Millionen wegen der Unfähigkeit des parteipolitisch besetzten Vorstandes verschwendet werden, in dem die Bundesländer Wien und Niederösterreich ihre Pfründe heftig verteidigen;

-         Bei allen Energieversorgungsunternehmen, die eine unglaublich große Selbstbedienungskasse für alle Landesfürsten darstellen, bei denen zahllose politische Günstlinge versorgt werden, bei denen maßlos überhöhte Gehälter gezahlt werden, wo bis heute mit großem Erfolg echter Wettbewerb verhindert wird, obwohl dieser für die Konsumenten, aber auch für die Wirtschaft (und damit die Arbeitsplätze) überaus hilfreich wäre;

-         Bei den Banken, wo es staatsnahe Unternehmen wie die Hypo Alpe-Adria und nicht die privaten Institute waren, die in der Krise den großen Schaden verursacht haben. Das zeigt sich noch deutlicher in Deutschland, wo die großen Katastrophen bei den diversen Landesbanken passiert sind, während die private Deutsche Bank zwar von allen Linken ständig als Inbegriff des bösen Kapitalismus gegeißelt wird, aber die Krise ohne Staatshilfe überstanden hat.

-         Bei den ÖBB, dem mehrfachen österreichweiten Rekordhalter: an verschwendeten Steuermilliarden, an schlechtem Service und an Parteipolitisierung eines Unternehmens;

-         Bei der Post, wo zwar eine Teilprivatisierung schon erste Erfolge gebracht hat, wo aber der in Kürze geltende europaweite Wettbewerb bis hin zum einfachen Brief noch für viel Erschütterung sorgen wird, wo noch immer Ministerinnen glauben, ganze Postämter am Leben halten zu müssen, auf denen nur wenige Hundert Euro pro Tag umgesetzt (keineswegs verdient) werden;

-         Beim Bus, wo die diversen staatlichen Kollektivverträge für die Chauffeure viel teurer sind als die privaten Firmen – was ebenfalls das Defizit in der Staatskasse erhöht;

-         Bei der Telekom Austria, die trotz ihrer großen strukturellen Startvorteile bis heute im Wettbewerb nicht so flexibel agiert wie die Privaten.

-         Und last but not least beim Privilegienstadel ORF. Dieser verschafft zahllosen linken Altachtundsechzigern an der Leine von Rot und Grün eine bequeme Wärmestube.  Er lässt sich auch durch rapide zurückgehende Seher- und Hörerzahlen auf dem Kurs des Terrors der Political Correctness gegen alle Andersdenkenden nicht irritieren.

Privatisierungen bringen immer eine Fülle von Vorteilen:

1.     Privatisierte Betriebe sind im internationalen Schnitt jedenfalls um 10 bis 15 Prozent billiger – selbst wenn man den Gewinn einberechnet, den private Unternehmer natürlich immer erzielen wollen. Denn in privatisierten Unternehmen wird bei jedem einzelnen Ablauf viel stärker auf die Kosten geschaut. Dort hat man auch den Mut, sich von unfähigen Mitarbeitern zu trennen. Dort  gibt es am Erfolg interessierte Unternehmer und keine Politiker, die sich beispielsweise vor notwendigen Kündigungen fürchten, weil ja alle Gekündigten auch Wähler sind.

2.     Privatisierte Betriebe sind auch umweltfreundlicher: Die größte Umweltverschmutzung in Europa gab es immer rund um die osteuropäischen Staatsbetriebe. Typischerweise ist die große ungarische Umweltkatastrophe in einem sehr schmutzig scheinprivatisierten Aluminiumwerk passiert: Anstelle des Staates übernahmen Angehörige der sozialistischen Nomenklatura das Eigentum und die konnten auf Grund ihrer Staatsnähe mit Erfolg alle Umweltauflagen abwenden.

3.     Sie sind dann noch viel effizienter, wenn es auf dem jeweiligen Markt einen funktionierenden Wettbewerb gibt (wie etwa bei der Mobiltelephonie).

4.     In privatisierten Betrieben hat die Parteipolitik intern nichts mehr mitzureden, die immer nur Schaden angerichtet hat. Privatisierte Betriebe werden in der Tagespolitik auch nicht mehr als Spielbälle verwendet, was extern den staatlichen oft sehr schadet.

5.     In privatisierten Betrieben tragen in der Regel die Eigentümer den Schaden, wenn es zu einer Pleite kommt, nicht der Steuerzahler (mit der großen wie problematischen Ausnahme des Finanzbereichs und jener Firmen, die – leider – unter den Druck der Medien Staatshilfe bekommen haben).

6.     Und: Gerade in der gegenwärtigen Schuldenkrise würden zumindest teilweise Privatisierungen enorm helfen: Sie könnten, so schätzt das Wifo, der Republik Österreich zwischen 8 und 25 Milliarden Euro bringen. Das wären zwar „nur“ Einmaleffekte – aber wenn man damit Schulden zurückzahlt, wäre das Budget alljährlich um mindestens 300 Millionen dauerhaft entlastet.

Das alles heißt nun nicht, dass Privatisierungen immer problemlos abliefen. Wenn man nicht über die Börse privatisiert, sondern auf anderen Wegen, wird es wohl immer Diskussionen über den Preis geben.

Auch sorgen einige aktuelle Fälle mutmaßlicher Bestechungen und Durchstechereien für Debatten. Aber diese Delikte hängen ja fast immer damit zusammen, dass bis zum Abschluss der Privatisierung noch die Politik mitzureden hat. Sie sind also in Wahrheit nur ein Beweis dafür, dass man möglichst rasch privatisieren muss, damit es keine Möglichkeiten mehr für Verbrechen zum Schaden der Allgemeinheit gibt.

Manche werden sich auch sorgen, dass nach einer Privatisierung des ORF österreichische und Qualitätsinhalte in Fernsehen und Radio zu kurz kämen. Abgesehen von der Frage, wo man die im ORF noch sieht und hört, könnten solche Inhalte  künftig sogar viel gezielter und besser forciert werden: Indem eine unabhängige Medienbehörde die Gebühren an alle jene in Österreich aktiven Sender verteilt, die nachprüfbar Qualität, Ausgewogenheit, Seriosität und österreichische Inhalte bringen – und sei es zumindest zu einem Teil der Sendezeit.

Schwieriger sind Privatisierungen dort, wo aus technischen Gründen Konkurrenz nicht leicht hergestellt werden kann. Dabei geht es etwa um die berühmten letzten Meilen von Strom-, Telefon- oder Gasleitungen zu den Konsumenten, dabei geht es um Eisenbahnschienen. Es wäre ja wenig sinnvoll, einen zweiten Tunnel durch den Semmering zu bohren (gar nicht zu reden davon, dass schon der erste von kurzsichtigen Politikern so sehr behindert worden ist).

Hier war zweifellos die Einrichtung von Regulatoren eine gute wie notwendige Idee. Diese setzen nach objektiven Kriterien die Tarife für die Durchleitung und Benutzung fest. Insbesondere der Energieregulator Boltz war dabei als Verbündeter von Konsumenten und Wirtschaft so erfolgreich, dass ihn die staatlichen Monopolisten nun wieder zu entmachten versuchen.

Auch sonst ist der Partisanenkampf einiger Ewiggestriger gegen die Privatisierung dort sehr erfolgreich, wo es technische Monopole gibt. Hier ist man daher auf halbem Weg steckengeblieben. Denn eine zwingende Voraussetzung des Funktionierens der Marktwirtschaft wurde ignoriert, die da lautet: Ein Monopolist, der die Eisenbahnschienen besitzt, der die Strom- und Gasleitungen zu den Haushalten kontrolliert, sollte keinerlei Verbindung zu den Betreibern der Züge, den Erzeugern von Strom oder den Verteilern von Gas haben. Nur dann steht er im Interesse der Kunden – die ihn ja bezahlen! – allen Lieferanten gleichmäßig gegenüber. Solange aber beispielsweise die ÖBB nicht nur Eigentümer von Bahnhöfen und Schienen sind, sondern auch der größte Betreiber von Zügen, werden sich alle Privaten sehr schwer tun, die künftig mit bequemeren und/oder billigeren Zügen den ÖBB Konkurrenz machen  wollen. Denn die schwer subventionierten Bundesbahnen werden immer Wege finden, Quersubventionen vom Infrastruktur-Bereich zum eigenen rollenden Betrieb fließen zu lassen, um die Konkurrenz niederzumachen.

So kann der Wettbewerb nicht funktionieren. Das wissen natürlich alle.  Dennoch haben sich bisher die Eigeninteressen von Gewerkschaften, Betriebsräten und Parteipolitik immer gegen die Vernunft durchgesetzt. So fehlt im jetzigen Regierungsprogramm im Gegensatz zu früheren bezeichnenderweise jeder Hinweis auf weitere Privatisierungen.

Daher wird eine sinnvolle Reform bei Bahn, Post und Energie wohl erst dann stattfinden, wenn es einen ähnlichen Crash wie bei der AUA gibt. Und nachher werden alle Verantwortlichen ganz unschuldig tun und fragen: Wieso hat uns niemand gesagt, dass die Marktwirtschaft so viel besser funktioniert, und dass wir völlig überflüssigerweise so viel Geld verschleudert haben, das uns nun bitter fehlt?

(Dieser Text erscheint gleichzeitig in der Zeitschrift „Academia“. Probeexemplare bitte unter academia@oecv.at zu bestellen)

 

zur Übersicht

Kommentieren (leider nur für Abonnenten)

Teilen:
  • email
  • Add to favorites
  • Facebook
  • Google Bookmarks
  • Twitter
  • Print




© 2024 by Andreas Unterberger (seit 2009)  Impressum  Datenschutzerklärung