Wie weit ist der Dritte Weltkrieg entfernt?

Weit weg von uns, im Fernen Osten, dräut ein Krieg, der wie bei einem Asteroideneinschlag auch auf dem Gegenpol – im Nahen Osten – eine heftige Reaktion auslösen könnte. Der Ausfall einer ganzen Atomanlage im Iran könnte schon so einen Hinweis bieten. Die Toten der letzten Stunden auf einer südkoreanischen Insel, die von Nordkorea her mit Granaten beschossen wurde, sind ein Fanal, möglicherweise der Auftakt zu einem Dritten Weltkrieg. 

Ein Dritter Weltkrieg wird nicht lange dauern, aber zu heftigen Schlachten mit modernstem Kriegsgerät führen. Und die Kampfhandlungen werden den gesamten Planeten Erde umspannen.

17. August 2010. Die größten gemeinsamen Marinemanöver Südkoreas mit den USA sind voll angelaufen, 30.000 US-Truppen und 58.000 Südkoreaner beteiligt. Im Japanischen und im Gelben Meer. Vorsichtig hat die gesamte 7. US-Flotte im Pazifik rund umher Stellung bezogen – von Okinawa bis hinter Taiwan und hinunter nach Australien. Die Aussagen mehrerer höchstrangiger Überläufer aus Nordkorea liegen auf dem Tisch, dass nämlich das Regime in Pjöngjang nicht deshalb so aggressiv vorgeht und unter anderem südkoreanische Schiffe versenkt, um ein paar Barrel Öl und Getreide zu erpressen, sondern dass man dort alles auf eine einzige Karte setzt, nämlich Südkorea zum geeigneten Zeitpunkt per Überraschungsangriff zu überrennen.

Das war die Politik Kim Il Sungs seit 1945 und das wurde von seinem Sohn Kim Jong-il fortgesetzt. Der hat erst vor zwei Jahren einen Schlaganfall überstanden. Das könnte ihn zu einem großen Risiko verleiten, bevor er ohnehin ade zum Leben sagen muss.

Ganz dicht war er ja nie. Nicht, als er als Geheimdienstchef einen südkoreanischen Jumbo per eingeschmuggelter Kofferbombe auf dem Flug von Singapur nach Seoul hoch über dem Meer sprengen ließ – unter den hunderten Passagieren etliche Diplomaten und Geheimdienstler Südkoreas. Und nicht, wenn er nächtens auf einem Jeep durch die Hauptstadt raste und auf Straßenlampen ballerte. Und viele solcher Geschichten mehr.

Im Oktober 2010 hat er seinen jugendlichen Sohn Kim Yong-un zum Chef der zentralen Militärkommission erhoben und damit offiziell zu seinem Nachfolger ernannt. Niemand weiß, wie der Sohn tickt. Hat er den Mut zu Reformen, oder lässt er sich von seinem Vater in ein militärisches Abenteuer hineinziehen?

Das Warten auf den Tag X enerviert den Westen seit dem 15. Jänner 1975, als auf einem ganz anderen Schlachtfeld in der Auseinandersetzung mit dem Kommunismus – tausende Kilometer weiter im Süden – 1600 nordvietnamesische Panzer unter Bruch des im Februar 1973 unterzeichneten Friedensvertrages von Paris aus heiterem Himmel über den 18. Breitengrad preschten und Südvietnam im Sturmlauf bis Saigon hin binnen dreier Wochen eroberten.

Vietnam als Exempel

Die Armee Südvietnams war damals gut gerüstet gewesen und trainiert. Aber die Machtzentrale in Washington D.C. war durch den Rücktritt von Richard Nixon im Zuge der Watergate-Affäre geschwächt und das US-Parlament nicht mehr bereit, nach zehn Jahren Krieg in den Dschungeln Südostasiens auch nur das Leben eines einzigen weiteren Amerikaners für ein westlich orientiertes Südvietnam zu opfern. Den Flugzeugträgern wurde per Eilbeschluss verboten, in die Kampfhandlungen einzugreifen – die russischen T-72 Panzer wären für die amerikanischen Laser-bomben ein leichteres Ziel gewesen als die im Dschungel versteckten Vietkong. Das hatte den Effekt, dass die Südvietnamesen ihre teuren Waffen hinschmissen und sich den Truppen Ge-neral Giaps massenweise ergaben.

Ein tolles Lehrstück auch für den Lunatiker in Nordkorea. Jetzt, 2010, ist er am Ziel seiner Wünsche. Mit nachweislich 10 Atombomben in der Rückhand kann er einen Überfall auf Seoul wagen.

Alle sind sehr besorgt, was nun kommen mag, die Südkoreaner an erster Stelle. Ein voller Krieg auf ihrem Territorium würde sie sehr schwer treffen. Die Amerikaner, die noch mit 8000 Mann nahe dem 38. Breitengrad stehen und wohl die ersten Ziele für die schwere Artillerie von 11.000 an der Grenze stationierten nordkoreanischen Haubitzen wären. Japan, das mit der Möglichkeit rechnen muss, dass in seinem Perimeter abermals Atombomben zum Einsatz kommen. China, das in den letzten drei Jahren still und leise 300.000 Mann in seiner Nordprovinz zusammengezogen hat, ohne deutlich zu sagen, ob sie eine Warnung an die Adresse Kim Jong-ils sein sollen oder gar eine stillschweigende Rückenstärkung für ein nordkoreanisches Abenteuer. Zuletzt das ebenfalls betroffene Russland, dem es nicht egal sein kann, ob es in unmittelbarer Nähe seines Pazifikhafens Wladiwostok zu nuklearen Kampfhandlungen kommt.

Und es ist eben dieses Russland, das in diesen Tagen eines asiatischen Nervenspiels begann, den iranischen Atomreaktor Busher mit Brennstäben zu laden. Weit weg von Korea, aber nicht ohne Zusammenhang. Denn der fanatische islamische Fundamentalist Machmud Ahmadinejad vertritt voller Überzeugung die Meinung, dass Israel zerstört werden muss, und dass diese Tage nun vor der Tür stünden.

Vor der entscheidenden Eskalation in Iran

Er sagt das wahrscheinlich nicht von ungefähr. Denn der Iran ist seit langem mit Nordkorea verbündet und die Vermutung steht im Raum, dass die Steinzeitkommunisten vom anderen Ende der Welt nicht nur Baupläne für eine Atombombe geliefert haben, sondern auch ein, zwei Stück echter, einsatzbereiter Hardware.

Israelische Jets haben am 6. September 2007 einen von Nordkoreanern errichteten Plutonium-Reaktor in Syrien eingeäschert, was andeutet, dass der Iran – so wie die Amerikaner 1945 – lieber doppelt moppeln möchte, und neben einer Uran-Bombe auch noch den Besitz einer Plu-toniumbombe anstrebt. Es sei an dieser Stelle noch angemerkt, dass die Israelis vor ihrem Angriff einen Computervirus ins syrische Netz entsandten, der das syrische Radarsystem „erblinden“ ließ, ohne dass seine Operateure das merkten. Die israelischen Jets sind über die syrische Wüste hinweggeflogen, als ob sie Schmetterlinge gewesen wären.

Während viele gutmeinende, friedensbewegte Menschen im Westen noch überlegen wollen, ob der Iran überhaupt an nuklearen Waffen arbeitet, kündigt Teheran die weitere Errichtung von Uran-Zentrifugen an. Die deutliche Verschärfung der Sanktionen gegen Teheran durch die Vereinten Nationen und einzelne Großmächte scheint also das erwartete Ergebnis zu bringen – nämlich keines.

Diese Faktenlage hat Israel von Anfang an in seinem Kalkül gehabt und sich vorbereitet. „Wir werden einen nuklearen Iran nicht dulden“, hieß die Losung in allen politischen Parteien. Israel schärfte sein Schwert – unter Präsident Bush mit offener amerikanischer Hilfe, unter Barack Obama nur mit verdeckter oder ohne sie. Eine lückendichte Raketenabwehr gegen ballistische Geschoße wurde installiert, die Amerikaner lieferten dafür das hochsensible Radarsystem, installierten es in der Negev-Wüste und bemannen es – gegen das Versprechen, den Iran nicht vorzeitig anzugreifen. Aber was heißt vorzeitig? Unbestätigten Berichten zufolge war Weihnachten 2009 der Terminor.

Sobald sich eine ballistische Rakete mit einem Sprengkopf an der Spitze zwei Meter über den Staub der iranischen Wüsten erhebt, wissen das die Computer in der Negev-Wüste und schießen das Projektil ab. Vorzeitig heißt für die Israelis: Warten mit einem Angriff auf die iranischen Atomeinrichtungen bis wirklich klar ist, dass die Sanktionen nicht greifen.

Aber auch seine eigenen Abwehrraketen hat Israel weiterentwickelt. Das „Arrows“-System ist mittlerweile sogar bei den Amerikanern heiß begehrt. Im Herstellen von Mittelstreckenraketen, Cruise-Missiles und Kampfdrohnen sind die Techniker in Tel Aviv nunmehr Weltmeister. Elektronik und Software sind zu israelischen Exportschlagern geworden. Technologien, die sich auch in den Bildscannern österreichischer Druckereien und Werbeagenturen finden oder in den neuartigen Biotechlabors in Wien. 

In Israel gehören militärische Übungen in großem Stil seit dem Amtsantritt von Irans Ahmadinejad zur Routine. Fast wöchentlich fliegt eine Rotte von Kampfjets mit Tankflugzeugen von Tel Aviv bis Gibraltar und retour, dann wieder üben jeweils 100 Bomber Angriffsmanöver auf Kreta. Der Zivilschutz errichtet Zeltlager von Haifa bis Eilath mit allem, was dazugehört, Großküchen, Operationssälen und Lagern für Gasmasken.

Die Kommentatoren halten das für bloße Abschreckung und für ein Druckmittel zum Durchsetzen von Sanktionen. Die Sanktionen sind nun da, die Wirkung aber lässt auf sich warten. Ahmadinejad hingegen hat keinen Zweifel daran gelassen, dass Tel Aviv komplett zerstört werden wird, falls Israel die iranischen Atomanlagen angreift.

Wie kann er so etwas sagen? Mit konventionellen Bomben gelingt das sicher nicht. Wenn er nicht nur prahlt, dann bedeuten seine Worte, dass er bereits im Besitz einer einsatzfähigen Atombombe ist. Die hat der Iran wohl aus Nordkorea beschafft, oder aus Pakistan, oder aus den unmittelbar nach der Wende zeitweise unbewachten Depots der zerfallenden Sowjetunion. „Israel muss vorsichtig sein“, sagte er in einem Interview mit dem „Spiegel“ vor vier Jahren, „Eine Bombe genügt, um den kompletten Staat Israel auszulöschen. Der Iran ist aber auch mit 10 Atombomben nicht zu vernichten.“ Was die amerikanische Außenministerin Hillary Clinton 2009, kaum im Amt, veranlasst hat, von einer totalen Zerstörung des Iran zu sprechen. Als Senatorin hatte sie in ihrem Wahlkreis New York auch eine Million Staatsbürger jüdischen Glaubens zu vertreten.

Israel nimmt diese Sprüche nicht auf die leichte Schulter. „Ahmadinejad ist ein neuer Hitler“, heißt es in Jerusalem. „Und Hitler hat alles durchgeführt, was er je angekündigt hatte.“

Es war ein jüdisches Psychiaterteam in New York, das 1942 für Präsident Roosevelt auf 1200 Seiten festhielt, wie der Maniker in Berlin tickte. Sie haben ein Meisterwerk abgeliefert, das von den alliierten Strategen leider kaum beachtet wurde (wie der „Spiegel“ berichtete). Denn in der Philosophie der damaligen Zeit war nicht Hitler der Gegner, sondern Deutschland. Jede einzelne psychologische Prognose der New Yorker Forschungsgruppe Hitler hatte sich bewahrheitet.

Die Nachfahren dieses Teams im heutigen Tel Aviv haben sich ebenso wissenschaftlich genau ein Bild vom persischen Führer Ahmadinejad gemacht. Ihr Verdikt: „Er ist ein neuer Hitler“. Einer, der noch dazu daran glaubt, dass ein Krieg die Wiederkehr des Zwölften Imam herbeiführen wird. Das hat er sogar vor der Vollversammlung der Vereinten Nationen der Welt mitgeteilt. Nicht auszuschließen, dass er, Ahmadinejad, sich selber für den Mahdi hält, für die Inkarnation des Propheten, für den Messias der neuen islamischen Zeit.

Es braut sich etwas zusammen im Heiligen Land. Gerade an jenem 17. August 2010, als die amerikanisch-südkoreanischen Marinemanöver ihren ersten Höhepunkt erreichten, flog Bibi Netanyahu für zwei Tage nach Athen, um mit Andreas Papandreou zu konferieren. Er bot vermutlich die Unterstützung mit modernen Waffen gegen die Türken an. Im Gegenzug wird weiterhin das Üben von Angriffsflügen im griechischen Luftraum Thema gewesen sein, etc.

Die Schlinge um den Iran zieht sich zu. Mit einem Militärschlag Israels ist ab diesen Herbst bis spätestens 2012 zu rechnen, wenn nach Aussage aller westlichen Geheimdienste definitiv eine iranische Atombombe im Eigenbau einsatzbereit sein könnte. Allerdings hat erst jüngst - am 3. November 2010 - Generalmajor Jadlin, Oberkommandierender des israelischen Militärgeheimdienstes erklärt, dass der Iran inzwischen genug Uran für eine Atombombe zentrifugiert hat und nun beginnt, eine zweite Bombe zu produzieren. Mit anderen Worten, ab sofort ist ein israelischer Militärschlag möglich, wahrscheinlich, wenn nicht zwingend notwendig.  

Die israelische Militäraktion beginnt mit einer Finte. Zuerst ein Scheinangriff mit schwachen Kräften auf Atomanlagen, um den Hauptschlag gegen Ahmadinejad, den konservativen Mullah-Rat und die Pasdaran zu überdecken. Iranischsprechende Mossad-Teams jagen getarnt als „Volksmuhadjedihns“ die islamistische Führung in den Straßen von Teheran.

Die Juden aus Persien haben schon einmal ihre Heimat verloren und wollen nicht auch noch Israel untergehen sehen. Ihr Einsatz ist hundertprozentig. Sie agieren als Kamikaze in der alten Heimat. Sie wissen Ahmadinejad zu deuten. Erst wenn das erledigt ist, kommt ein voller Angriff mit Cruise Missiles gegen Raketenstützpunkte und die russischen Abwehrraketen. Schließlich mit 100 Flugzeugen ein Abwurf nuklearer „Bunkerbrecher“ gegen die Teststollen für Atom-bomben und Feinangriffe auf die Netzpunkte der Nuklearanlagen.

Kein radioaktiver Fall-out im Freien. Aber shock and awe für den Iran, den Islam und die ganze Welt. Und das zu einer Zeit, in der es im Fernen Osten ebenfalls nach Krieg riecht. Bei einem Regimewechsel in Teheran würde es für Kim Jong-il in Pjöngjang ziemlich eng werden, wenn sich seine unter der Tuchent entwickelten nuklearen Verbindungen mit Persien offenbarten.

Es lässt sich nicht voraussagen, was zuerst kommt, ein Angriff Nordkoreas auf Südkorea oder ein Angriff Israels auf den Iran. Da beide Schauplätze ineinander wirken, spricht viel dafür, dass es ziemlich zur gleichen Zeit ablaufen wird. Ein Krieg an beiden Enden der Erde mit nuklearen Komponenten! Wieso vergangenen August ausgerechnet Fidel Castro im fernen Havanna auf die Idee kam, seine Rekonvaleszenz mit einer Rede vor dem kubanischen Parlament über die Gefahr eines Atomkriegs im Nahen Osten zu beweisen – das muss einem erst jemand erklären. Aber vielleicht hat ihm da sein Busenfreund Hugo Chavez Einiges von seinen iranischen Zuträgern am Krankenbett geflüstert. 

Auswirkungen bis Lateinamerika

Da könnte sich in Fidels Weltecke noch ein kleiner Zusatzkonflikt im Rahmen eines Dritten Weltkrieges anhängen, der aber auch irgendwie ins Bild gehört. Denn der Venezolaner Chavez hat sich in seinem Größenwahn mit Kolumbien angelegt, das von den USA in den Bush-Jahren zur stärksten Militärmacht Lateinamerikas ausgebaut wurde. Dieser Armee gelang in einer genialen, kühnen Aktion die Befreiung der früheren Präsidentschaftskandidatin Ingrid Betancourt nach 6-jähriger Gefangenschaft aus den Fängen der Linksguerilla FARC und die Tötung mehrerer der langjährigen kommunistischen Führer.

Anschließend hat sich die FARC nach Venezuela hinübergerettet, wo sie neuerdings von Hugo Chavez wieder hochgepäppelt wird. Ob das dem venezolanischen Führer gut bekommen wird, sollte sich noch zeigen. Er droht Kolumbien mit Krieg und hat sich zu dem Zweck mit dem Perser Ahmadinejad angefreundet und ihm offen nukleare Kooperation angedient. Wie bei einem Repetiergewehr wird der Rückschlag auch ihn treffen, wenn Ahmadinejad den Zorn Israels zu spüren bekommt. 

Am Ground Zero in Manhattan gab es wütende Proteste der Amerikaner gegen die Errichtung einer Moschee in der Nähe des neuen amerikanischen Mahnmals und weiterhin anhaltenden Widerstand. 76 Prozent sind gegen ein islamisches Zentrum an diesem für US-Bürger heiligen Ort. Barack Obama war dafür.

Der Charme, einen schwarzen Präsidenten zu haben, ist für eine Mehrheit der Amerikaner vorüber. Der Chef der Vereinigten Staaten steht vor einem harten Test. Die Al-Qaida will ihm den Truppenabzug bis Mitte 2011 aus dem Irak vermasseln. Aber gehen die vielen teuflischen Anschläge überhaupt auf das Konto von Osama bin Laden? Der Verdacht steht im Raum, dass einige der übelsten Attentate im neuen Irak vom Iranischen Geheimdienst organisiert worden waren, manche sogar gegen die Schiiten, nur um einen Bürgerkrieg anzuzünden.

Ende Sommer kamen Meldungen, nach denen Emissäre von Osamas Terrororganisation im Iran beobachtet wurden. Nicht auszuschließen, dass da eine Kooperation entriert wird, oder möglicherweise schon längere Zeit funktioniert. Die Indizien, dass seinerzeit Saddam Hussein mit Vertretern Osama bin Ladens gemeinsame Sache gemacht hatte, sind ebenfalls noch nicht widerlegt. Das Böse geht gerne mit dem Bösen. Wir wissen das seit dem Hitler-Stalin-Pakt.

Die guten Nachrichten

Während sich solcherart die Rauchschwaden der planetaren Nebelwerfer einfach nicht verziehen wollen, gab es an besagtem 17. August 2010 auch eine gute Nachricht: Das Parlament des Libanon erlaubte ab sofort palästinensischen Flüchtlingen die unlimitierte Aufnahme regulärer Arbeit im Land der Zedern. Vorher war den Flüchtlingen von 1948 und 1967 nur niedere Arbeit gestattet. Ein Funken der Vernunft und Glimmer der Hoffnung in einem bereits an mehreren Lunten rauchenden Pulverfass.

Und noch eine weitere gute Nachricht vom 2. September: US-Präsident Barack Obama, „Der Gesegnete“, hatte zu einem neuen Auftakt israelisch-palästinensischer Friedensgespräche ins Weiße Haus eingeladen. Auch König Abdullah von Jordanien und Präsident Hosni Mubarrak von Ägypen – beides Länder, die bereits einen Friedensvertrag mit Israel geschlossen haben – haben an den Gesprächen teilgenommen.

Der amerikanische Sondergesandte George Mitchell strahlte bei der Ankündigung durch Außenministerin Hillary Clinton über das ganze Gesicht. Was ein Indiz für Fortschritte hinter geschlossenen Türen sein könnte. Alle Seiten stehen wegen der bevorstehenden Militäraktion Israels gegen den Iran unter Druck. Berichte, dass Saudiarabien kürzlich den Israelis unter der Hand freien Luftraum für Kampfjets, Bomber und Cruise Missiles über seinem Territorium zugesagt hätte, könnten Teil einer Desinformationskampagne sein. Wenn allerdings etwas daran sein sollte, dann brennt bereits der Hut. Denn eine derart hochsensible Meldung aus einem arabischen Lande dürfte nur kurz vor einer bevorstehenden Aktion an die Medien rausgelassen werden.

Es wäre daher klug, eine mögliche Friedenslösung für Palästina noch davor zu vereinbaren. Niemand weiß, wie der Nahe Osten danach aussehen wird. Israel muss sich bewusst sein, dass nach einer nuklearen „Enthauptung“ des Iran sein eigenes Atomarsenal zur Debatte stehen wird. Das Schweigen darüber geht dann nicht mehr. Der Abtausch wird heißen: nukleare Abrüstung gegen eine wasserdichte Sicherheitsgarantie durch die USA, Europa, Nato und UNO. Garantien welche natürlich genauso für die palästinensischen Gebiete Westbank, Ostjerusalem und Gaza gelten müssen.

Die dritte gute Nachricht kam am 21. August: China gab bekannt, dass es sich mit Nordkorea auf die Wiederaufnahme der 6er-Gespräche geeinigt habe mit dem definitiven Ziel einer Abrüstung auf dem nuklearen Sektor. China ist auch das Land, das am ehesten Einfluss auf Nordkorea nehmen kann.

1950 haben die Truppen von Mao Tse Tung Nordkorea vor dem Gegenangriff Marshall MacArthurs gerettet, der dann im Ernst mit einer Wasserstoffbombe die gelbe Millionenarmee vernichten wollte, falls sie ihr Aufmarschterritorium in der Mandschurei verlassen hätte. Was wiederum Präsident Harry Truman veranlasste, den verdienten und populären 6-Sterne-General seines Postens zu entheben. Das war notabene jener Präsident, der im August 1945 den Abwurf zweier Atombomben auf Japan befohlen hatte.

Wenn nun China heuer die Nordkoreaner dazu gebracht hat, wieder zu verhandeln, dann könnte es sein, dass Kim Jong-il begriffen hat, dass ein Angriff seiner Armee auf Südkorea endgültig keine Erfolgsaussicht hätte.

Wie zufällig verkündete am selben Tag Südkoreas Präsident Lee Myung-bak einen Plan zur friedlichen Wiedervereinigung mit Nordkorea und Beseitigung aller Atomwaffen auf der Koreanischen Halbinsel. Der Plan sieht keine Abschaffung des kommunistischen Systems vor, sondern eine langsame Angleichung an die so erfolgreiche chinesische Transformation. Lee erklärte sich bereit, eine allfällige Wiedervereinigung über eine Sondersteuer im Süden zu finanzieren.

Und weil gerade des 100sten Jahrestags der Besetzung Koreas durch Japan gedacht wurde, forderten die Nordkoreaner eine Entschädigung für das Leid, das den Menschen Koreas durch die Japaner zugefügt wurde. Eine Forderung, die der Süden gerne gemeinsam vertreten wird. Soeben haben sich die 20 größten Wirtschaftsmächte der Erde in Südkoreas Hauptstadt Seoul getroffen. Ein weiterer Anstoß für den Norden, seine Angriffsfantasien zu hinterfragen und das Angebot einer großen Friedenslösung anzunehmen.

Hoffnung also im letzten Moment im fernen Osten. Freilich gilt zu beachten, dass dieses Stop-and-go eine bewährte Taktik der Nordkoreaner seit nun schon 20 Jahren ist. Wir Österreicher denken dabei an unseren Präsidenten Kurt Waldheim, den langjährigen UN-Generalsekretär, der uns 1990 bei einem Besuch in der Präsidentschaftskanzlei seine Einschätzung darlegte, dass nur China das Problem Korea lösen könne, und das auch tun werde, weil ein Krieg dort China keinen Nutzen bringe. Gelängen erfolgreiche 6er-Verhandlungen (Süd- und Nordkorea, Russland, China, USA, Japan) und ihre Umsetzung, dann wäre das ein harter Schlag für Ahmadinejad. Als letzter Verbündeter stünde ihm dann nur mehr der Venezolaner Hugo Chavez zur Verfügung.

P.S.: Ende August gab es in Meschched ein Handgranatenattentat auf Achmadinejad. Ende September überraschten die Meldungen, dass der Supervirus StuxNet die Computersysteme des iranischen Atomprogramms lahmzulegen beginne. Und das drei Tage, nachdem der Iran alle möglichen Trägerraketen und Kampfdrohnen getestet und der Welt stolz präsentiert hatte.

Vor einem Jahr war bekannt geworden, dass Israel vor einer großangelegten Militäraktion gegen das Atomprogramm des Iran, das viele gefährliche Risiken beinhaltet, versuchen werde, das Regime in Teheran mit unkonventionellen Mitteln aus dem Sattel zu werfen.

Dieser Prozess scheint begonnen zu haben und hat den Diktator Ahmadinejad zum Ziel. Das Risiko dabei: genau der Versuch, das iranische Regime zu destabilisieren, könnte Israels Städte ins Visier iranischer Raketen bringen. Die Frage dann lautet, ob sie einen nuklearen Sprengkörper tragen werden. Die Antwort darauf scheint sich der Mossad bereits gegeben zu haben.

Paul Fischer hat 21 Jahre im Journalismus gearbeitet; er startet nun eine zweite Karriere als Reiseleiter. Demnächst aber nicht im Nahen Osten.

 

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