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Unter dem Titel “Kontroverse” gibt es in jeder Freitag-Ausgabe der Salzburger Nachrichten eine Doppelkolumne, in der Katharina Krawagna-Pfeifer und ich jeweils zum gleichen, von der SN-Redaktion vorgegebenen Thema schreiben. Und zwar ohne dass man gegenseitig die Texte vorher kennt.
Diese Woche steht die “Kontroverse” unter dem Titel:
Wurde Barack Obama zurecht von den Wählern abgestraft?
In der Folge finden Sie die beiden – unverändert wiedergegebenen – Kolumnen. Dadurch soll dieser kreativen und spannenden Idee auch hier ein Forum gegeben werden.
Katharina Krawagna-Pfeifer war Innenpolitikerin der SN, Innenpolitikchefin sowie Leiterin des EU-Büros des “Standard” und SPÖ-Kommunikationschefin. Sie arbeitet jetzt als Publizistin und Kommunikationsstrategin (kkp.co.at).
Dankbarkeit ist keine politische Kategorie. Dieser Satz ist allgemein gültig. Obwohl er zentrale Wahlversprechen eingelöst hat, musste US-Präsident Barack Obama bei den Midterm-Elections eine Niederlage einstecken. Sie ist schlimm, aber nicht katastrophal. Der Sieg der Republikaner und der extremkonservativen Basisbewegung „Tea Party" war vorhersehbar. Die Republikaner haben nun zwar im Repräsentantenhaus die Mehrheit; doch die Wähler haben ihnen den totalen Erfolg verwehrt: Im Senat haben sie nicht genügend Sitze gewonnen, um auch dort das Ruder zu übernehmen. Bis zur Präsidentenwahl in zwei Jahren wird der Kongress weder in demokratischer noch in republikanischer Hand sein.
Ausschlaggebend für den Umschwung ist die schwierige Wirtschaftslage. Fast vier von zehn US-Bürgern sind der Meinung, ihnen gehe es finanziell schlechter als vor zwei Jahren, als Obama sein Amt antrat. Jeder zehnte Amerikaner ist arbeitslos, das Land hoch verschuldet. Wobei es den Demokraten wenig genützt hat, dass sie den schlechten Zustand der Wirtschaft von den Republikanern geerbt habe und Reparaturmaßnahme setzten mussten. So war es eine der schwierigsten Aufgabe für die Administration Obama, die Finanzkrise in den Griff zu bekommen. Weder das milliardenschwere Gesetz zur Ankurbelung der Wirtschaft, das eine schwere Depression verhinderte, noch die strengeren Kontrollen der Finanzmärkte, die Obama mühsam durchbrachte, wurden belohnt. Selbst die gelungene Gesundheitsreform, ein Meilenstein in der US-Politik, hat dem Präsidenten nicht genützt. Die Republikaner verunglimpften sie als „sozialistisch", was in den USA einem Schimpfwort gleichkommt. Womit die US-Herbstwahlen eine weitere allgemein gültig Wahrheit zeigen: Wähler haben kein Gedächtnis und wenig Geduld.
Andreas Unterberger
George W. Bush und seine Partei wurde vor zwei Jahren von den Wählern abgestraft. Die Gründe: Bush hatte Amerika in nicht zu gewinnende Kriege verwickelt, das rechtlich fragwürdige Gefangenenlager Guantanamo erlaubt und wie verrückt Schulden gemacht. Barack Obama hat in all diesen Fragen den Kurs seines Vorgängers fortgesetzt oder gar verschärft: Es gibt Guantanamo entgegen allen Versprechen noch immer; in Afghanistan stehen mehr GIs denn je in einem Kampf gegen einen unsichtbaren Feind; und in der Wirtschaft boomen einzig die Hersteller von Gelddruckmaschinen angesichts der aberwitzig noch mehr intensivierten Dollar-Produktion. Wer da meint, Obamas Demokraten wurden von den Wählern zu Unrecht bestraft, muss auf beiden Augen blind sein. Noch lächerlicher ist das Argument, die Anti-Obama-Stimmung sei rassistisch - hat er doch vor zwei Jahren dieselbe Hautfarbe gehabt.
Obamas größter Fehler war, die Abwahl Bushs als Freibrief für linke Politik zu sehen, die er von der (teuren) Gesundheitsreform über die (noch teurere) Klimapolitik bis zu einer (in Zeiten der Arbeitslosigkeit doppelt unpopuläre) Immigrationsliberalisierung mit Vehemenz voranzutreiben versuchte. Gegen den Willen der Mehrheit der Amerikaner. Diese sind zu Recht verstört über Obamas hemmungslosen Hang zu exzessivem Schuldenmachen und inflationärer Geldproduktion - welche ja in ihrem Land schon einmal eine giftige Immobilienblase ausgelöst hat, deren Platzen 2008 die ganze Welt schwer erschüttert hat. Obama hat all die Dummheiten, die Bush populistisch begonnen hat, ohne den leisesten Versuch einer Korrektur geradezu quadriert. Das muss zu noch viel gefährlicheren Blasen und zu einer massiven Geldentwertung führen - auch wenn die Konsumentenpreise dank asiatischer Billigprodukte derzeit niedrig sind.