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Liberalismus, ein Erklärungsversuch

Immer wieder ist die Rede vom Liberalismus, von liberal. Allzu oft wird der Begriff für die eigene Ideologie missbraucht, wie zum Beispiel damals bei der Gründung des Liberalen Forums. Diese Partei vertrat keineswegs Ideen des Liberalismus, im Gegenteil, sie legte sich dessen Deckmantel um, um sozialistische Gleichschaltungspolitik zu betreiben. Liberal war damals nur der Name und die Politik für gewisse Gruppen.

Leider nicht minder häufig kommt es vor, dass liberale Prinzipien uminterpretiert werden, um sozialistische Gleichschaltungspolitik zu forcieren. Deshalb sei an dieser Stelle versucht, dem Liberalismus eine Stimme zu verschaffen.

Beginnen wir mit einem einfachen, aber berühmten Beispiel. Es waren einmal zwei Männer auf einer Insel. Diese Insel hatte zwei Kokosnussbäume. So kam es, dass die Männer sich die Bäume aufteilten, einer für jeden. Bald kam es aber zum Streit, weil der eine Baum mehr Kokosnüsse abwarf. Die beiden handelten einen Vertrag aus, die Kokosnüsse würden aufgeteilt. Als aber einer der beiden begann, beim Nachbarn zu stehlen, wurde den beiden klar, dass sie jemanden brauchten, der dafür sorgt, dass dieser Vertrag eingehalten wurde. Der Staat kommt ins Spiel.

Staatstheoretisch lässt sich keine Rechtsordnung aufrechterhalten, die nicht von der Mehrheit der Bürger zumindest geduldet wird. Defizite in der Staatsstruktur führen zwangsläufig zum Erlöschen dieses Staates in dieser Form. Es mag zwar Jahrzehnte geben, in denen das Volk ein nicht geduldetes Staatssystem erträgt, spätestens aber in einem wirtschaftlichen Notstand bricht dieser Staat zusammen. Dies erlebte man 1848, 1914-1920 und schließlich auch 1933. Auch das Imperium Romanum sackte schließlich zusammen, als es mit Panem et circenses vorbei war.

Aus diesen Erkenntnissen lässt sich ableiten, dass jeder Staat letztendlich einen Gesellschaftsvertrag nach Rousseau braucht. Denn herrscht in der Bevölkerung keine Einigkeit über die Aufgaben des Staates, so zerbricht dieser wie oben demonstriert.

Eine weitere direkte Konsequenz aus diesen Erkenntnissen ist, dass ein Staat so viele direktdemokratische Elemente aufweisen muss wie nötig, und dass ein staatliches System der Subsidiarität Vorschub leisten sollte.

Denn je kleiner eine staatliche Einheit ist, desto eher reflektiert sie den Volkswillen. Dies ist wiederum eine logische Konsequenz aus der Tatsache, dass physisch nahe beieinander lebende Menschen die gleichen Probleme haben. Ein Vorarlberger weiß nicht um die Probleme eines Wieners und umgekehrt.

 Nun haben wir schon drei Elemente herausgearbeitet, auf die ein Staat notwendigerweise aufgebaut sein muss, um langfristig existieren zu können:

  1. Ein Gesellschaftsvertrag, der den Volkswillen in jedem Fall widerspiegelt.
  2. So viele direktdemokratische Elemente wie möglich, um zu garantieren, dass dieser Volkswille erhalten bleibt.
  3. Das Prinzip der Subsidiarität, um den Widerspiegelungseffekt des Volkswillens zu maximieren.

Fraglich ist, wie denn nun dieser Gesellschaftsvertrag aufgebaut sein soll. Welche Aufgaben lässt man dem Staat zuteil werden? Diese Frage kann das Volk nur selbst beantworten. Betrachtet man aber den Grund, warum Staaten entstanden sind, so lässt sich doch eruieren, dass ein Volk in jedem Fall drei Aufgaben von einem Staat erwartet: Schutz der körperlichen Unversehrtheit, Schutz des Eigentums und Schutz persönlicher Rechte wie Namensrecht, Recht am Bild, usw.

Daher ergeben sich für einen Staat vier Aufgabenbereiche: Militär, Polizei, Justiz und die damit verbundene Verwaltung.

Jetzt haben wir den Staat in seiner reinsten Form, im Sinne des Minarchismus.Der Liberalismus jedoch fordert nicht diesen Staat. Dieser minarchische Staat ist nur die Voraussetzung eines liberalen Staates.

In einem liberalen Staat sind die Bürger nämlich auch frei zu entscheiden, unfrei zu sein. Die einzige Voraussetzung ist eben, dass es wirklich dem Willen des Volkes entspricht. Um diesen Zustand zu erreichen, müssen aber jegliche Freiheitsbeschränkungen aufgehoben werden. Nur so ist gewährleistet, dass bei diesen politischen Fragen der Wille der Bürger durchdringt.

Weitere Voraussetzung ist die Reinstallation aller Freiheiten gegenüber dem Staat. So muss vollständige Meinungsfreiheit herrschen, vollständiger Datenschutz, vollkommener Schutz der Privatsphäre vor dem Staat, vollkommene Medienfreiheit, persönliche Freiheit (also keine Rechtsnormen außer dem Strafrecht für das Verhalten der Bürger) und absolute Steuerfreiheit, bis natürlich auf die Steuern, die für Justiz, Militär, Polizei und Verwaltung nötig sind, was nicht mehr als etwa 10 Milliarden Euro sein dürften.

Warum sollte man diesen Zustand, diesen Staat aber wollen? In mehreren Diskussionen wird dem Liberalismus vorgeworfen, Werte zu zerstören, dem Nihilismus zu seiner Vollendung zu verhelfen und überhaupt keine Existenzgrundlage zu bieten, was zur Anarchie führe. Dem geht die Fehlannahme voraus, dass der christliche Staat der Neuzeit, oder die islamischen Staaten der Jetztzeit für ein Wertegerüst und so für einen gesellschaftlichen Zusammenhalt sorgten/sorgen. Nietzsche prophezeite auf Grund der Aufklärung den Nihilismus und ist meiner Meinung nach damit gescheitert.

Für die Auflösung der Wertegemeinschaft, der Familie, für das Wertevakuum überhaupt, ist nicht die Aufklärung verantwortlich. Nicht die Säkularisierung und die Loslösung von der Kirche haben unseren materialistischen inhaltsleeren Hedonismus heraufbeschwört. Sondern die sozialistischen Wohlfahrtsstaaten können sich diese Entwicklung auf die Fahne heften, insbesondere aber die 68-er Bewegung, die die Werte Liebe, Familie, Disziplin, Fleiß und alles andere, was nach konservativer Kanonisierung roch, ins faschistische Eck drängte. Niemand anderer als die Linke höhlte die Grundpfeiler unseres Staates aus und ließ die Menschen mit nichts weiter zurück als mit inhaltsleeren Konsum- Sozialismus- Gleichschaltungs- und Gutmenschideologien.

Der Wohlfahrtsstaat impfte den Menschen ein, dass nur Geld glücklich mache, die Linke impfte den Menschen ein, dass man nur glücklich sein könne, wenn es keine Nazis mehr gibt und man sich für die Schwulen, Ausländer und sonstige „Schwache“ der Gesellschaft einsetzt und wenn man „gesund“ isst, nicht raucht und gegen den Klimawandel kämpft. Solcherart stilisierten sich diese Themen zu den Lebensmittelpunkten der Bevölkerung und lassen diese mit nichts weiter als Leere zurück.

In einem liberalen Staat jedoch gibt es keinen Staat mehr, jedenfalls nicht mehr im Privatleben. Es gibt auch keine Politik und keine Medien mehr, die einem ein gewisses Verhalten vorschreiben. Auch wäre der Wohlfahrtsstaat verschwunden, sodass es für den Bürger nur noch die Familie, die Freunde und den Bekanntenkreis gäbe, die sie stützen, mit Werten versorgen und ihnen ein Vorbild sind. Allein schon deshalb, weil man sich finanziell nur noch auf die Familie und engen Freunde verlassen kann, besinnt man sich auf diese. Und dass sich die Bevölkerung à la longue auf die traditionellen Werte besinnen wird, kann man schon daraus ablesen, dass diese Werte seit jeher Gültigkeit besitzen.

Zumindest gab es in der Monarchie keine staatliche Bevormundung und genau zu dieser Zeit entwickelten sich diese Werte.

Es gäbe auch keine Feministinnen mehr, die den Frauen einreden, sie seien nur mit einer Karriere glücklich, obwohl jeder normale Mensch von Herzen weiß, dass einen nur das Glück der Liebe und der Familie, also auch der Kinder, erfüllt. Auf diese Weise würden auch wieder mehr Kinder gezeugt, vor allem wenn man die unselige Fristenlösung abschafft.

Ein liberaler Staat würde uns also zu den Wurzeln zurückbringen, aus denen wir entstammen, ohne den Bürgern den Wohlstand zu nehmen, den sie sich mühevoll in Jahrzehnten erarbeiteten.

Philipp Starl ist Obmann der Rechtsliberalen Partei Österreich und studierte an der Wiener Juridischen Fakultät Rechtswissenschaften.

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