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Wird künftig jeder Wahltag die Steuerzahler Milliarden kosten? Das ist ganz offensichtlich die neue Strategie der SPÖ: In der letzten Woche vor einer wichtigen Wahl will man nun auch diesmal verheerende Meinungsumfragen durch eine – scheinbar – populäre Forderung ohne Rücksicht auf die Kosten umdrehen. Dadurch wurde im September 2008 das Pensionssystem (Verlängerung der Hacklerregelung) wie auch die Universitäten (Abschaffung der Studiengebühren) nachhaltig geschädigt. Und jetzt droht dassselbe der Landesverteidigung.
Nichts anderes ist nun die Entdeckung des politisch und auch sonst in den Seilen hängenden Michael Häupl fünf Tage vor der Wiener Wahl, dass man doch die Wehrpflicht abschaffen solle. Mit dem unausgesprochenen Zusatz „Bitte, bitte lieber Jungwähler, wählt doch mich und nicht den Strache, wie alle Umfragen sagen.“ Wenn schon nicht das schwer subventionierte Donauinselfest die Jugend noch rot überzeugen kann, dann soll es doch zumindest die Befreiung vom Präsenzdienst tun.
Bei ein paar Tausend junger Burschen, die naturgemäß nicht mit allzu großer Begeisterung dem Präsenzdienst entgegenblicken, könnte das durchaus einen Umschwung herbeiführen. Offen ist hingegen, ob das mit umgekehrter Wirkung auch ebenso vielen Erwachsenen die Augen öffnet, um zu erkennen, auf was für einen hemmungs- und verantwortungslosen Populismus die SPÖ reduziert worden ist.
Noch spannender aber wird die Frage, ob dieser Häupl-Auszucker endlich auch der Pröll-ÖVP die Augen öffnet, um zu erkennen, an was für einen Koalitionspartner sie sich da gebunden hat. Nachdem schon nicht der 24. September 2008 mit seinen Milliardenschäden für diese Erkenntnis ausgereicht hat.
Kann irgendjemand in der ÖVP noch ernsthaft sagen, der Populismus der FPÖ wäre größer als jener der SPÖ? Will sich Pröll weiterhin ständig und wehrlos von einem solchen Koalitionspartner vorführen lassen? Will er weiterhin der SPÖ die Möglichkeit geben, mit Zig Steuermillionen (und Versorgungsposten für Redakteurstöchter) Boulevard-Zeitungen zu bestechen, damit diese jeweils knapp vor der Wahl ihre scheinbare Äquidistanz zugunsten einer hemmungslosen Pro-SPÖ-Agitation aufgeben? Die nächsten Wochen mit den noch viel wichtigeren Debatten über das Mega-Sparpaket werden es zeigen.
Natürlich ist die Frage der Wehrpflicht ständig ernsthaft zu analysieren, und zwar ohne Tabus. Immerhin geht es um einen gewaltigen Eingriff in die Freiheit junger Staatsbürger. Einen viel größeren, als ihn die Aufenthaltspflicht für Asylwerber in einem Lagergelände darstellt (die ja etwas von Österreich wollen), welche die SPÖ aber maximal fünf Tage für zumutbar hält.
Aber eine Wehrpflicht-Debatte kann nicht durch einen Hüftschuss fünf Tage vor der Wahl erfolgen. Und schon gar nicht durch einen Politiker, dem die Landesverteidigung in seinem ganzen bisherigen Leben aber so etwas von egal war. Nicht, wenn da schon wieder Politik auf Zuruf der Kronenzeitung gemacht wird. Und schon gar nicht, wenn der aus der gleichen Partei kommende Verteidigungsminister noch zwei Wochen vorher das genaue Gegenteil dekretiert hat.
Zum Glück kann man der SPÖ zugutehalten, dass dort eine Reihe von Politikern eher schaumgebremst und nachdenklich auf Häupl reagiert hat. Immerhin war ja für die SPÖ die Wehrpflicht bisher absolut unverzichtbar; dies aus der historischen Erfahrung heraus, dass im Februar 1934 ein Berufsheer an der Seite der autoritären Regierung Dollfuss gegen den aufständischen sozialdemokratischen Schutzbund gekämpft hat. Daher glaubte man, eine Armee aus Wehrpflichtigen wäre ein Schutzwall gegen eine Wiederholung einer solchen Situation. Wie wahrscheinlich immer die sein mag.
Umso abstoßender ist im Vergleich zu diesen abwägenden Reaktionen der parteipolitische Kotau des Wiener Caritas-Chefs Landau, der Häupl sofort eilfertig zur Seite gesprungen ist. Was immerhin aufschlussreich für die Positionierung des Herrn Landau ist. Hatte man Landau und Küberl doch bisher in der Summe ihrer Aussagen eher der KPÖ als der SPÖ nahe gesehen. Irgendwann wird wohl auch der Wiener Kardinal nachdenken müssen, mit welchen Menschen er sich umgibt. Zumindest wenn er nicht eine neue tiefe Kluft in der Kirche aufreißen will.
Was aber spricht in der Sache für und gegen die Wehrpflicht? Nun, das 34er Jahr sollte da wohl kein rationales Argument mehr sein. Auch der Grenzeinsatz im Burgenland kann das nicht sein. Der ist in Wahrheit längst obsolet, obwohl er noch im Frühjahr für die SPÖ im burgenländischen Wahlkampf die entscheidende Fahnenfrage gewesen ist. Dass sich jetzt viele Burgenländer ob dieser total gewechselten Richtung des SPÖ-Populismus gepflanzt vorkommen müssen, ist eine andere Frage. Das konnte man jenen, die hören wollen, schon vorher sagen.
Viel wichtiger ist hingegen das Kostenargument: Zumindest das bisherige ohnedies sehr geringe Niveau an Landesverteidigungs-Kapazitäten durch ein Berufsheer aufrechtzuerhalten, dürfte wohl viel teurer werden. Denn angesichts zunehmend dünner werdender Jahrgänge wird der Wettlauf um gesunde junge Männer immer größer und daher teurer werden. Wenn man nicht nur denjenigen Migrantenkindern eine Waffe in die Hand drücken will, die nicht einmal den Hauptschulabschluss geschafft haben.
Noch klarer ist, dass eine Abschaffung der Wehrpflicht eine klare Verletzung der verfassungs- und völkerrechtlichen Neutralitätspflicht wäre. Da kann dann keine Rede mehr davon sein, dass Österreich seine Unabhängigkeit mit allen ihm zu Gebote stehenden Mitteln verteidigt. Nun, gewiss kann man – und soll auch – die Neutralität zur Diskussion stellen. Nur ist es absolut schäbig, wenn man diese Seite der Medaille um eines Wahlkampfgags willen verschweigt.
Und selbstverständlich muss zugleich klar sein, dass ein Mitmachen Österreichs bei einer gesamteuropäischen oder atlantischen Verteidigungsstruktur und ein Profitieren von der dadurch großräumig erhofften Sicherheit nicht zum Nulltarif zu haben sind. All das muss man sicher gemeinsam mit der Wehrpflicht diskutieren. Seriös und sachlich, nicht huschpfusch.
Das dritte Argument für die Beibehaltung der Wehrpflicht ist hingegen in diesen Stunden weggefallen. Mit dem Jubel des Herrn Landau für Häupl werden sich die vielen von Gratis-Zivildienern profitierenden Organisationen nicht mehr gegen die Abschaffung des Zivildienstes sträuben können. Es geht ja auch so, vermittelt Landau.
Und wenn die Gesellschaft künftigen Bedarf an Pflege decken muss, wird sie sich neuer sachorientierter Strukturen bedienen. Und nicht mehr einer Organisation unter dem Kommando radikaler Politpriester. Die ja auch der Kirche schon einmal schwer geschadet haben.