Je mehr um die gemeinsame Obsorge diskutiert wird, umso mehr getrauen sich Väter mit Fällen an die Öffentlichkeit, die das ohnehin verkorkste Familienrecht noch mehr in Zweifel ziehen.
Ungewöhnliche Post bekam ein unterhaltspflichtiger Vater unlängst vom Bezirksgericht Graz-West; über sein Gemeindeamt. Dieses solle mittels vierseitigem Formular - das an die Ablegung eines Offenbarungseides erinnert - feststellen, ob er etwa in ärmlichen Verhältnissen lebe, was die Ehegattin und die Kinder verdienen oder wie hoch seine Schulden wären. Daten, die für eine Unterhaltsberechnung nicht benötigt werden. Zudem wäre zuerst der Vater, der in der Öffentlichkeit steht, zu befragen gewesen, bevor man ihn gegenüber Dritten derart desavouiert.
Ähnliches passierte einem Angestellten in Wien. Das Jugendamt umging seine Befragung und wollte allerlei vertrauliche Daten wissen. Allerdings erwischte es dabei ausgerechnet den Datenschutzbeauftragten eines Unternehmens, der ein Ombudsmannverfahren vor der Datenschutzkommission anregte. Das Jugendamt war dagegen, seine Formulare zu ändern, die Datenschutzkommission schloss sich der Argumentation des Vaters an, ging einen Schritt weiter und erreichte, dass auch davon Abstand zu nehmen ist, die Gehaltszettel einzufordern, enthielten diese zu viele sensible Daten.
Das Bundesministerium für Justiz benutzt seit Jahren ein Standardformular, das derart überschießende Anfragen verhindern soll, und weist in einem Schreiben darauf hin, dass Justizangehörige in Schulungen auf „die damit verbundene Problematik besonders hinzuweisen“ sind; was aber in Graz noch nicht angekommen sein dürfte.
Dass Betroffene kaum den Rechtsweg gegen ein derartiges Vorgehen beschreiten, verwundert nicht, sind die Absender meist Jugendämter und Gerichte, die ihnen den Zugang zu ihren Kindern weiter erschweren könnten. Während man vom Unterhaltspflichtigen völlige Transparenz fordert, bleiben ihm Auskünfte zu den eigenen Kindern oft verwehrt. Die Informationspflichten, die den Obsorgeberechtigten treffen, werden nämlich nicht exekutiert und bleiben, wie die Rechtsprechung vielfach in nur einem Satz entschieden hat, „sanktionslos“.
Es ist also problemlos möglich, den getrennt lebenden Elternteil über Schul- oder Berufsabschluss, Gesundheitszustand bis hin zum Begräbnis des eigenen Kindes im Unklaren zu lassen. Letzteres ging im Fall „Luca“ durch die Presse.
Bemerkenswert die Argumentation zur Befürwortung der „automatischen“ gemeinsamen Obsorge zum Abbau solcher Spannungen zwischen den Eltern durch die Familienrichter, vertreten durch Mag. Doris Täubl-Weinreich, in der Enquete am 24.6. im Parlament. Ein vorher im Grazer Männercafe gegenüber der Leibnitzer Familienrichterin Mag. Christiane Stindl-Teufl vorgebrachter Diskussionsbeitrag zur höheren Erwerbspflicht der Väter und die dadurch deutlich reduzierte Möglichkeit zur Väterkarenz, deren Fehlen nach der Trennung oft vorgeworfen wird, fand so die Öffentlichkeit.
Sieht man sich an, dass es sich eigentlich nur um eine Handvoll Väter handelt, die da versuchen, gegen die Gegner der gemeinsamen Obsorge anzutreten, die mit Staubsaugen oder der Anzahl an gebügelten Hemden argumentieren, die notwendig wären, die eigenen Kinder zu sehen, ist es nicht verwunderlich, dass man so weit vorgedrungen ist.