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Das beste Weltuntergangssystem der Welt

Die ORF-Diskussion „Im Zentrum“ war ein Musterbeispiel der österreichischen Problemlösungsphilosophie. Von Seniorenvertretern bis zur Jungen Industrie sind sich alle einig, wir haben das beste Pensionssystem der Welt. Irgendwann in einem unauffälligen Nebensatz erwähnt Pensionsexperte Bernd Marin, dass Zahlungsversprechen (also Pensionsansprüche) im Schnitt nur zu zwei Drittel durch laufende Beiträge gedeckt sind. In juvenilem Übermut fordert die Junge Industrie einen Kahlschlag des Systems, Karl Blecha kontert blitzartig: „des wer ma verhindern“.

Und jetzt in Zeitlupe: Um Verarmung im fortgeschrittenen Alter durch geringere Leistungsfähigkeit vorzubeugen, kennt der moderne Wohlfahrtsstaat eine Pensionsvorsorge. In den USA wurde sie beispielweise 1935 eingeführt bei einem Pensionsantrittsalter von 65 und einer Lebenserwartung von 62 Jahren. Pensionisten von heute werden von Erwerbstätigen von heute finanziert und die wiederum leben eines Tages von den Beiträgen der Erwerbstätigen von morgen.

Klingt genial. Nur leider geht die Rechnung nicht ganz auf und so muss der österreichische Steuerzahler derzeit 4,3 Milliarden € pro Jahr zuschießen. Das ist mehr als zweimal so viel, wie wir jährlich in die Universitäten investieren. Und dieser Zuschuss hat sich seit 2006 fast verdoppelt. Man braucht kein mathematisches Genie sein, um zu begreifen, dass das Ganze in die falsche Richtung läuft. Schon heute reichen die Beiträge bei weitem nicht, um die derzeitigen Pensionsansprüche zu decken. Dabei kommen jetzt noch auf einen Pensionisten vier Erwerbstätige, 2050 werden es nur noch zwei sein. Aber Herr Blecha wird Einschnitte in dieses beste aller möglichen Systeme zu verhindern wissen.

Ein junger Mensch, der dieser Tage seinen 25. Geburtstag feiert, wird 2050 das gesetzliche Pensionsantrittsalter erreichen (wenn es bei der heute festgesetzten Grenze von 65 Jahren bleibt). Er wird mit Anfang 30 heiraten und 1,4 Kinder haben. Er wird in seinem Leben 9.6 Autos kaufen und 25 Handys und 63 Mal auf Urlaub fahren. Er wird noch 40 Jahre arbeiten und Monat für Monat brav seinen solidarischen Beitrag zu einer ausgewogenen Altersvorsorge leisten. 2050 will er sich zur Ruhe setzen und hofft auf eine adäquate Pension.

Dummerweise wird dann das ihm heute gegebene Zahlungsversprechen die Steuereinnahmen zwölfmal übertreffen. Infolge dieser massiven Verschuldung wird dem Staat nichts anderes übrig bleiben, als seine Währung abzuwerten und diese Inflation wird die privaten Ersparnisse dieses heute jungen und (noch) hoffnungsfrohen Menschen auffressen. Gleichzeitig wird unser Wirtschaftssystem völlig in sich zusammenbrechen. In der gesamten Menschheitsgeschichte hat noch keine Zivilisation einen solchen Schock überlebt.

Mit dieser Horrorvision muss sich natürlich nicht nur der gemütliche Alpenrepublikaner auseinandersetzen. Alle Industrienationen haben ein ähnliches Pensionssystem und mit ähnlichen demographischen Trends zu kämpfen. Die wesentlichen Parameter dieses Umlagesystems sind Geburtenrate, Pensionsantrittsdatum und Lebenserwartung. Wie viele Erwerbstätige erhalten mich wie lange? In den frühen 1960ern hatte der Durchschnittsösterreicher 2.8 Kinder und eine Lebenserwartung von 69 Jahren, heute hat er nur noch halb so viele Kinder und wird 11 Jahre älter.

Die oft propagierte Idee, den postmodernen Reproduktionsausfall durch Immigration auszugleichen, wird uns nicht weiter bringen. Erstens dürfte die dafür notwendige Massenzuwanderung vorsichtig ausgedrückt nicht ganz reibungslos ablaufen, zweitens zeigen alle Statistiken, dass die Zuwanderer sofort alle Vorteile des Sozialstaats noch gezielter nutzen als die Eingeborenen und Null Absicht zeigen, quasi als Arbeitskulis diesen kinderlosen Eingeborenen jahrzehntelang eine schöne Pensionszeit zu erwirtschaften. Drittens werden uns die potenziellen Zuwanderer ausgehen, denn auch in vielen Schwellen- und Entwicklungsländern ist die Geburtenrate stark rückläufig und wird sich nach Schätzungen der OECD 2050 auf dem die Bevölkerungszahl stabilisierenden Ersatzniveau von 2,1 Kindern pro Frau einpendeln.

Der Klub der reichen Nationen bastelt schon emsig an allen möglichen Fronten an der Lösung unseres gemeinsamen Wohlstandsproblemchens. Die Deutschen gehen künftig erst mit 67 in Pension, wobei es nicht leicht sein dürfte, ältere Arbeitnehmer trotz aller Erfahrung in Beschäftigung zu halten. Denn nach den meisten Tarifverträgen sind sie viel teurer als die Jungen. Ein marktorientierteres Entlohnungssystem – demzufolge die Lohnkurve etwa ab 50 wieder absinkt, könnte da wahre Wunder bewirken.

Die Franzosen wiederum subventionieren Familien mit großzügigen Direktzahlungen, was bei denen, Gott weiß warum, besser funktioniert als bei uns. Das Problem ist nur genau wie in Schweden, das noch das flächendeckende Kinderbetreuungsprogramm hat, dass sich all diese generösen öffentlichen Wohltaten schmerzhaft im Budget niederschlagen. Diese Länder geben etwa 2,5-mal so viel für Kinder aus wie wir für Forschung (bekanntlich auch eine Investition in unsere Kinder).

Ich persönlich favorisiere den angelsächsischen Approach. Ein flexibleres Arbeitsrecht erleichtert den britischen Frauen den Wiedereinstieg ins Berufsleben nach der Babypause, 40 Prozent der Briten sind mit über 60 noch erwerbstätig, in Österreich sind es gerade mal 7 Prozent. Und so manches Beispiel aus den USA zeigt, dass Kinderbetreuung privat organisiert auch recht gut funktionieren kann.

Nur diese Ansätze haben einen groben Schönheitsfehler. Sie kosten nämlich kein Geld, sondern politischen Mut, und der ist unter den Akteuren ungefähr ebenso häufig zu finden wie ein ausgeglichenes Budget in einer westlichen Industrienation.

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