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Alles Fußball oder noch ein bisschen mehr?

Es gibt kaum eine spannendere Sportart als Fussball. Aber vieles an dem Getue rund um den Ball ist kaum erträglich. Vor allem gilt das für alle Versuche, dem (meist) abwechslungreichen Spiel mit dem Ball eine mythisch-mystische Überhöhung zu geben.

In diese Kategorie fällt etwa jener südafrikanische Kirchenmann, welcher die schmerzenden Töne der Vuvuzelas allen Ernstes als Rache für den Kolonialismus dargestellt hat. Bei solchen Einstellungen sollten sich die Südafrikaner nicht wundern, dass so wenige internationale Gäste in das Land am Kap gereist sind, dass so viele teure Tickets unverkauft geblieben sind. Apropos: Hier gebührt einmal den ORF-Technikern Lob, die es irgendwie, aber jedenfalls viel besser als ihre Kollegen von anderen Stationen geschafft haben, die Katzenmusik wegzublenden (dafür allerdings einige sonstige Tonstörungen produziert haben).

Auch in Europa tut nüchternes Nachdenken über allzu nationales Empfinden gut. Nicht nur wenn - wie im Falle Deutschlands - dem Triumphalismus nach einem hohen Sieg die Depression ob der folgenden Niederlage folgt. Viel ernüchternder ist da die Tatsache, dass fast die halbe deutsche Nationalmannschaft bei der deutschen Hymne bewusst und demonstrativ schweigt, dass einer der Spieler angeblich dabei sogar Koranverse rezitiert.

Das heißt nun nicht, dass man prinzipiell auf solche Spieler verzichten soll, die mit der Nation ihrer Nationalmannschaft nichts anfangen können. Wenngleich es etwa aus Frankreich Anzeichen gibt, dass die dortige Spielerrevolte auch eine demonstrativ moslemische Dimension hat.

Das heißt nur eines: Für die Fussballer ist der Auftritt bei der Weltmeisterschaft einfach Beruf und Geschäft. Nicht nur wegen der dabei zu verdienenden Prämien, sondern wegen der Schaufensterfunktion, die ein Auftritt vor der größtmöglichen Weltöffentlichkeit hat: Wer dort reüssiert, bekommt millionenschwere Angebote.

Das ist legitim. Das motiviert auch Koranrezitierer zu größtmöglicher Anstrengung. Aber man möge uns bitte mit dem Gewäsch verschonen, da würde irgendwer irgendetwas für das liebe Vaterland tun.

Und ebenso mögen uns Fifa, Uefa & Co mit ihrem in gleicher Weise verlogenen Gewäsch verschonen, bei solchen Großevents geschehe etwas zur Verbesserung der Menschheit. Hier wird nichts verbessert, hier werden Milliardenumsätze gemacht (und überdies wird in vielen Ländern noch zusätzlich Steuergeld für das Spektakel verbraten). Und nicht einmal die politische Neutralität können sie gewährleisten: So haben argentinische Fans ein fast strafraumgroßes Transparent enthüllen können, dass die Malvinas, also die britischen Falkland-Inseln, Argentinien gehörten. Eine Frage, die schon einmal einen blutigen Krieg entfacht hatte.

Die vielen versteckten wie üblen Fouls, die vielen überforderten Schiedsrichter, die im Langfristvergleich immer brutalere, immer mehr an Rugby erinnernde Art und Weise des Fussballspielens zeigen jungen Menschen in Wahrheit nur eines: Du musst mit allen Mitteln um den Erfolg kämpfen, auch den verbotenen. Wenn du Pech hast, wirst du halt erwischt. Objektive Gerechtigkeit wirst du auf dem Spiefeld fast nie finden. Und die subjektive Gerechtigkeit, die sich sowieso immer selbst im Recht sieht, schon gar nicht.

Für Ungerechtigkeit sorgen im übrigen nicht nur überforderte Schiedsrichter und versteckte Gemeinheiten, sondern auch das Glück, das schon einige total unterlegene Mannschaften als Sieger vom Feld gehen ließ.

Auch die höhere Gerechtigkeit greift nicht ein. Dabei habe ich noch nie so viele fromme Menschen versammelt gesehen, die sich bekreuzigen, die Hände falten und zum Himmel blicken, wie die internationalen Fussballspieler: Wüssten der Vatikan oder gar die österreichische Bischofskonferenz, was PR ist, dann würden sie ein Werbevideo mit all diesen Spielern machen, die ihr Christentum demonstrieren. Die zwar nicht alle gewinnen, die sich aber offenbar ihrer Religiosität nicht genieren. Oder ist für manche Spieler das Kreuzzeichen gar nur ein Aberglaube, der ihnen zu besseren Geschäften (=mehr Toren) verhelfen soll, dessen Bedeutung sie aber nicht wirklich kennen? Aber sicher nicht für alle: So konnte der betont katholischen Starstürmer Wayne Rooney bei einer Pressekonferenz nur durch eine Intervention von Funktionären daran gehindert werden, darüber zu sprechen, warum er stets einen Rosenkranz bei sich trägt.

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