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SN-Kontroverse: Weiß wählen?

Unter dem Titel “Kontroverse” gibt es in jeder Freitag-Ausgabe der Salzburger Nachrichten eine Doppelkolumne, in der Katharina Krawagna-Pfeifer und ich jeweils zum gleichen, von der SN-Redaktion vorgegebenen Thema schreiben. Und zwar ohne dass man gegenseitig die Texte vorher kennt.

Diese Woche steht die “Kontroverse” unter dem Titel:

Hat die ÖVP durch ihre Weiß-Wählen-Kampagne dem Amt des Bundespräsidenten geschadet?


In der Folge finden Sie die beiden – unverändert wiedergegebenen – Kolumnen. Dadurch soll dieser kreativen und spannenden Idee auch hier ein Forum gegeben werden.

Weiß(nicht)wählen stört Machtbalance


Katharina Krawagna-Pfeifer war Innenpolitikerin der SN, Innenpolitikchefin sowie Leiterin des EU-Büros des “Standard” und SPÖ-Kommunikationschefin. Sie arbeitet jetzt als Publizistin und Kommunikationsstrategin (kkp.co.at).

Mut kann man nicht kaufen und Klugheit ist kein Erwerbsgut. Diese alten Grundsätze beweisen sich stets aufs Neue. So geschehen dieser Tage beim „Kampf" um das höchste Amt im Staat, der alles andere als „fad" war, wie dies Krawallmedien ihrem Publikum einhämmern wollten. Es wurden die politischen Handlungsmuster von Vertretern sehr unterschiedlicher  Weltanschauungen deutlich, was für das Zusammenleben in einem Staat große Auswirkungen hat.

Ein Versäumnis fällt in diesem Zusammenhang auf und geht auf Rechnung der ÖVP. Diese stellte keinen eigenen Kandidaten aus den unterschiedlichsten persönlichen und finanziellen Gründen auf. Dass in der Folge keine Wahlempfehlung für den Amtsinhaber, der seine Sache gut gemacht hat,  abgegeben wurde - nun ja, es lässt sich aus dem Wissen um die Parteiempfindlichkeit nachvollziehen.

Dass aus der Summe der Verlegenheiten aber die Empfehlung „weiß wählen" heraus kam, ist ein schwerer Schnitzer. Geholfen ist damit niemanden, sondern die Haltung  beschädigt das Präsidentenamt.  Frei nach dem Motto, wenn ich schon nicht gewinnen kann, so will ich doch einen möglich großen Kollateralschaden anrichten.

„Weiß wählen" ist Ausdruck der zutiefst österreichischen Neigung „eh wurscht" und lädt zum Nichtwählen ein. Was in einer Demokratie von Schaden ist. Zudem verkennen WeißnichtwählerInnen die Funktion des Staatsoberhauptes. Dieses vertritt nicht nur die Republik nach außen, ist Oberbefehlshaber des Heeres und ohne ihn/sie geht bei Regierungsbildungen gar nichts. Der Bundespräsident ist der Regulator im verfassungsrechtlichen Machtdreieck: Parlament-Regierung-Staatsoberhaupt. Das ist ein fein ausgeklügeltes System von checks and balances, das schon viele Stürme erlebt und sich bewährt hat.



Weiß hilft Fischer


Andreas Unterberger

Es ist mehr als skurril: Die – wieder einmal besonders koalitionsloyale – ÖVP schickt keinen eigenen Kandidaten ins Rennen, gibt keine Wahlempfehlung ab und stellt damit die Wahl von Heinz Fischer sicher. Und nun wird sie von der SPÖ und deren Vorfeldmedien trotzdem als undemokratisch beschimpft, weil einige ÖVP-Politiker weiß wählen wollen.

Dabei ist weiß zu wählen ohnedies eine massive Hilfe für Fischer. Denn jede ungültige Stimme macht es leichter, mit Hilfe von Rot-Grün die notwendigen 50 Prozent der gültigen(!) Stimmen schon im ersten Wahlgang zu erreichen. Wer Fischer und der SPÖ den – dringend notwendigen – Dämpfer eines zweiten Wahlganges versetzen will, muss also Gehring oder Rosenkranz ankreuzen.

Besondere Pointe: Fischer selbst hat 1998 das Weiß-Wählen als „legitim“ bezeichnet,  als Thomas Klestil zum zweiten Mal antrat!

Viel schädlicher als weiß zu wählen sind für den politischen Stil Dinge, die Fischer selbst zu verantworten hat: sein Schweigen zu den intoleranten SPÖ-Störaktionen gegen fremde Wahlveranstaltungen; seine Weigerung, sich einer Diskussion mit anderen Kandidaten zu stellen; der schwere außenpolitische Schaden, den sein Fernbleiben vom Begräbnis des polnischen Präsidenten angerichtet hat – obwohl andere Präsidenten zum Teil viel längere Anfahrten als die sechs Autostunden Wien-Krakau auf sich genommen haben. Am schädlichsten aber ist sein Schweigen zu den wirklichen Bedrohungen unserer Zukunft: zur schweren Finanzkrise, zum Ausbleiben jeder Verwaltungsreform, zur rapiden Islamisierung, zur demographischen Katastrophe. Stattdessen engagiert er sich für Arigona Zogaj und Kärntner Ortstafeln (die es übrigens längst gäbe, hätten einst Fischer und Gusenbauer nicht den von Schüssel fertig ausverhandelten Kompromiss torpediert) . . .

Die Schäden für das Amt gehen fast immer von den Bundespräsidenten selber aus.

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