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Ein Obama, zwei Kriege und viele Wunschdenker

Man kann Barack Obama manches vorhalten. Vor allem, dass sein politisches Agieren lange nicht so eindrucksvoll ist wie seine rhetorische Brillanz. Aber die Entscheidung, ihm den Nobelpreis zu verleihen, ist sicher in keiner Weise sein Werk.

Sondern das von naiv-korrekten skandinavischen Gutmenschen. Es wäre aber dennoch sicher ein Fehler gewesen, hätte Obama den Preis nicht angenommen, wie mache nun besserwisserisch meinen. In Wahrheit hätte man ihm dann  erst recht Arroganz vorgeworfen,  wenn der Präsident sich sogar über die Annahme der höchsten Auszeichnung der politischen Welt erhaben gedünkt hätte.

Zugleich ist sowohl die amerikanische wie auch die globale Öffentlichkeit in großer Mehrheit der Meinung, dass Obama den Preis zu Unrecht bekommt. Was also tun in diesem Dilemma? Obama packte den Stier bei den Hörnern und hielt eine der klügsten Reden seines Lebens. Und eine der mutigsten. Denn bei der Verleihung des Friedenspreises die Notwendigkeit von zwei gleichzeitig geführten Kriegen zu verteidigen, ist ein doppelter Salto auf dem Drahtseil ohne Netz.

Obama kam dennoch wieder zu bravourösem Stand auf beiden Beinen. Gratulation, dass er das ohne Absturz überstanden hat. Denn die westliche Welt versteht immer weniger die Lektion der Geschichte und des zweiten Weltkriegs, dass es in der Welt immer wieder absolut üble Kräfte gibt, die mit Psychologen-Schmähs ("Wie geht es ihnen dabei?", "Reden wir darüber!" u.ä.) nicht zu packen sind. Ein Hitler konnte nur mit Gewalt besiegt werden, und er musste besiegt werden.

Daher ist es im Prinzip gut, dass es auch heute - noch - ein paar Nationen gibt, die sich wenigstens bisweilen mit Gewalt dem Bösen entgegenstellen. Sehr schlecht ist es  freilich, wenn man den Konflikt mit dem Bösen verliert - was in Afghanistan mit großer Wahrscheinlichkeit passieren wird. Und im Irak haben die Amerikaner bestenfalls ein Unentschieden  erreicht.

Viele der einstigen Obamaniker verlieren ihre Freude über den Präsidenten aber nicht wegen der weitgehenden Aussichtslosigkeit der Afghanistan-Expedition, sondern deshalb, weil Obama nach einem Jahr Nachdenkens an die bisweilige Notwendigkeit von Krieg  glaubt. Kommen doch viele von ihnen aus dem linken Eck, wo man immer von einer idealen Welt träumt, die mit der wirklichen so viel Ähnlichkeit hat wie das Morgengebet eines Nonnenklosters mit dem Gehabe des Rapid-Stehplatzes.

Besonders übel müssen sich die intelligenteren unter den Obamanikern fühlen. Die erkennen nämlich von Tag zu Tag mehr, dass sich die Außenpolitik Obamas von jener des George W. Bush nur noch in Nuancerln unterscheidet. Zwei Kriege sind in Gang, der israelische Siedlungsbau in den besetzten Gebieten geht weiter, gegenüber dem Iran herrscht absolute Hilflosigkeit, und selbst die Guantanamo-Häftlinge sind nicht die unschuldigen Engel, die man umgehend freilassen könnte - wovon vor einem Jahr noch unzählige Kommentare ausgegangen sind. Jetzt stecken die einst so Begeisterten im Dilemma: War Bush doch nicht der wiedergeborene Teufel auf Erden oder ist Obama doch nicht der weltrettende Erzengel?

Ihr wahres Dilemma heißt aber: Warum ist die Weltgeschichte bloß nicht so, wie man sie gerne hätte? Und daraus folgt umgekehrt das Grunddilemma fast jedes ernsthaften Staatsmannes: Warum machen es die vielen weltfremden Träumer in den Medien oder gar in der intellektuellen Szene mit utopischen Vorstellungen jedem Politiker so schwer?

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