Wer erinnert sich noch an die großspurigen Ankündigungen der EU-Nomenklatura anlässlich des im März des Jahres 2000 in Lissabon abgehaltenen Sondergipfels? Bis ins Jahr 2010, so hieß es damals, sollte die Union zum "wettbewerbsfähigsten und dynamischsten wissensgestützten Wirtschaftsraum der Welt" avancieren. Diesem ehrgeizigen Ziel der "Lissabon-Strategie" konnte Euroland zu keinem Zeitpunkt näherkommen – ganz im Gegenteil. Die EU hat seit Lissabon sowohl im Vergleich zu den USA, als auch gegenüber Fernost wirtschaftlich dramatisch an Boden verloren.
Von einer "wissensbasierten Wirtschaft" kann dort, wo Klima- und Genderideologen, nicht aber nüchterne Fachleute den Takt bestimmen, keine Rede sein. Von einer "Schaffung von mehr und besseren Arbeitsplätzen" ist folglich nichts zu sehen. Die angepeilte "Sicherstellung des sozialen Zusammenhalts" ist ebenfalls auf ganzer Linie gescheitert. Und die propagierte "Nachhaltigkeit" ist letztlich nur mit einem entsprechenden Wirtschaftswachstum zu erreichen, das in Zeiten der systematischen – wenn auch vermutlich nicht intendierten – De-Industrialisierung den Bach runtergeht.
Die Ursachen des Niedergangs Eurolands sind nicht schwer zu finden:
- Wer aller ökonomischen Logik zum Trotz meint, mit planwirtschaftlichen Instrumenten einen "emissionsneutralen" Kontinent herbeidekretieren zu können (Beispiel: Verbot der Neuzulassung von Benzin- und Dieselmotoren ab 2035), wird zwangsläufig scheitern.
- Wer – wie die deutsche Bundesregierung – unter Vernachlässigung der internationalen Kräfteverhältnisse der Illusion nachjagt, mittels einer wirtschaftsfeindlichen Energiepolitik (für die schon das unselige Merkel-Regime die Weichen gestellt hat) den Planeten retten zu können, darf sich über serienweise Pleiten oder den Exodus produzierender Betriebe nicht wundern.
- Wer zudem mit einer autodestruktiven Sanktionspolitik gegen einen der wichtigsten Energielieferanten Deutschlands und die EU insgesamt einen nicht zu gewinnenden Wirtschaftskrieg vom Zaun bricht, ist dafür verantwortlich, dass die Alte Welt im Wettbewerb gegen internationale Konkurrenten immer weiter zurückfällt.
Besonders originell ist, dass sich der Rechnungshof der EU erst kürzlich besorgt um den herrschenden Personalmangel gezeigt hat – nicht etwa, um den in der produzierenden und wertschöpfenden Wirtschaft, sondern um den in den Tintenburgen der Zentralbürokratie! Leider hat sich in den Kreisen der europäischen Hochbürokratie die Erkenntnis noch nicht durchgesetzt, dass irgendjemand zunächst jene Mittel erwirtschaften muss, ehe die EU-Institutionen sie dann für ihre (überwiegend nutzlosen!) Programme verbraten können.
Je größer eine bürokratische Organisation ist – und das ist keine bahnbrechend neue Erkenntnis – desto mehr neigt sie dazu, sich ausschließlich mit sich selbst zu beschäftigen. Oder – und das ist in der EU fatalerweise der Fall – sie behindert die Wertschöpfung im Markt, wo sie nur kann – etwa mit Gesetzen zur CO2- Emissionsbegrenzung. Schließlich muss die Bürokratie ja ihre Existenz rechtfertigen und Tätigkeit entfalten – und sei sie noch so kontraproduktiv.
Tatsache ist, dass die EU seit dem Jahr 2000 immer mehr Zuständigkeiten an sich gezogen und damit immer mehr Planstellen für ganz und gar unproduktive Bürokraten geschaffen hat. Wer aber immer mehr Mittel in die Fütterung überflüssiger Esser lenkt, setzt falsche Anreize. Die Folgen werden nicht zuletzt am "Brain-Drain" erkennbar, den die EU zu verzeichnen hat. Immer mehr gut ausgebildete junge Menschen sehen keine Perspektive mehr in der EU und wandern nach Übersee aus.
Im Gegenzug immigrieren, dank offener Außengrenzen, der lockenden Versuchung durch hypertrophe Wohlfahrtsstaaten und einer Justiz, die sich zunehmend politisch betätigt, Millionen unausgebildete, für die Wirtschaft unbrauchbare Männer aus vormodernen und gewaltaffinen Stammeskulturen. Wie unter diesen Bedingungen der von den Nachkriegsgenerationen erwirtschaftete Wohlstand in Europa bewahrt, geschweige denn gemehrt werden soll, wissen vermutlich nur Ursula von der Leyen und ihre nicht minder inkompetente Entourage.
Der Schlüssel zu einem Wiederaufstieg der Union liegt in der Besinnung auf in der Vergangenheit gelebte Werte! In der inzwischen zur EU entarteten EWG ging es lediglich um Frieden und wirtschaftliche Freiheit. Die Harmonisierung von Steuersystemen, eine Umverteilung zwischen den Mitgliedsstaaten, die Schaffung einer Europäischen Zentralbank oder gar "Gender-Mainstreaming" waren dagegen keine Themen.
Freier Markt oder bürokratische Wirtschaftsplanung – das ist die alles entscheidende Frage! Argentinien unter Javier Milei zeigt, wie´s geht. Kaum im Amt beendete er Preiskontrollen, löst Ministerien auf und setzte 50.000 Beamte an die Luft. Elf Monate nach seiner Amtsübernahme ist der Wirtschaftsaufschwung im Lande derart unübersehbar, dass nicht einmal linke Hauptstrommedien umhinkommen, darüber zu berichten. Das ist das Rezept, das auch die lahmende Wirtschaft Eurolands wieder auf Vordermann bringen würde. Was die EU braucht, sind Produzenten. Was sie nicht braucht, sind weitere Bürokraten!
"Entweder es ist dem Menschen freigestellt, nach seinem eigenen Plan zu leben, oder er wird gezwungen, sich bedingungslos dem Plan des Götzen Staat zu unterwerfen."
Ludwig von Mises
"Man kann ökonomische Freiheit ohne politische Freiheit haben, aber man kann nicht politische Freiheit ohne ökonomische Freiheit haben."
Friedrich August von Hayek
Andreas Tögel, Jahrgang 1957, ist Kaufmann in Wien.
Wer sich immer wieder selber ins Knie schießt, nein, in beide Knie, um die Welt zu retten und für weltweite Gerechtigkeit zu sorgen, der wird bald überhaupt nicht mehr laufen können und schlussendlich zugrundegehen.
Richtig, die EU sitzt im Rollstuhl und niemand schiebt an.
Hervorragender Artikel! Besten Dank für die klaren Worte.
Aber so wie Hayek werden auch Sie in Österreich nicht einmal ignoriert. Die Leute glauben das, was man ihnen täglich im ORF und ihrer Lieblingszeitung vorsetzt. Und leider praktiziert unser wichtigster Verbündeter eine Politik des "Teile und Herrsche" auf unserem Kontinent.
Sehr geehrter Herr Tögel: Die von Ihnen gewählten Aussagen von Mises und Hayek, den Vertretern der Österr. Schule der Nationalökonomie,sind gut gewählt, wie der Inhalt dieses Beitrages. Eine Änderung im Text würde ich aber machen.: "*Ohne politische Freiheit, gibt es auch keine wirtschaftliche". sIehe Ostblock, Nordkorea, Venezuela, Kuba etc.
Verehrte(r) Rowischin, zwei Belege für die Richtigkeit Hayeks These liefern Chile unter der Fuchtel von General Pinochet und China nach den Reformen von Deng Xiaoping (seither hat sich dort allerdings wieder eine Gegenbewegung eingestellt). So lange man die politische Führung nicht in Frage stellte, konnte in beiden Ländern recht frei gewirtschaftet werden - zum allgemeinen Vorteil. Das gilt übrigens - auch wenn ich mir mit dieser Feststellung wenig Freunde machen werde - für das gegenwärtige Russland.
Wenn ich es mir aussuchen könnte, würde ich sofort auf meine (ohnehin illusorische) "politische Freiheit" verzichten, wenn ich im Gegenzug dafür in gesicherten Eigentums- und Vertragsfreiheitsverhältnissen leben könnte - also genau dem Zustand, der im rezenten Wohlfahrtsstaat nicht herrscht.
Ja, Herr Tögel bringt es auf den Punkt: Wir brauchen Produzenten! Ich wünsche Argentinien mit Milei und den USA mit Trump einen durchschlagenden Erfolg. Der ist in diesen hochverschuldeten Ländern dringend notwendig. Und wir brauchen den Erfolg von Milei und Trump ebenfalls, damit die europäische Bevölkerung und insbesondere Österreich und Deutschland endlich begreift, wie teuer uns die bürokratische Inzucht kommt und die so dringend benötigte Produktivität verhindert!
Toller Kommentar, der ins Schwarze trifft. Bloß halte ich den Gegendruck zu Moskau für legitim, ja für notwendig. Man kann nicht ein Land überfallen, dann "Frieden" rufen und einen Großteil der Beute einbehalten. Auch würde ich gegen Mises behaupten, dass es ohne politische Freiheit auch keine ökonomische Freiheit gibt. Denn das gesamte Vorfeld der Ökonomie - neue Ideen, Mut usw. - lebt essentiell von politischer Freiheit. Unfreie Staaten kommen über verlängerte Werkbanken nicht hinaus. Sie profitieren allenfalls davon, dass die Löhne niedrig sind, weil es in ihnen auch keine freien Gewerkschaften gibt.