Netto-Null bedeutet, dass alle durch Menschen verursachten Treibhausgas-Emissionen durch Reduktionmaßnahmen wieder aus der Atmosphäre entfernt werden müssen und somit die Klimabilanz der Erde netto – also nach den Abzügen für natürliche und künstliche Senken – null beträgt. Diese Absicht des Netto-Null-2050 geht wohl auf den umfangreichen IPCC-Bericht zurück. Dessen fast 10.000 Seiten hat vermutlich keiner der Politiker oder sonstigen Beteiligten gelesen, denn sonst wäre dem einen oder anderen Wissenschaftler gewisse Ungereimtheiten aufgefallen.
Die Netto-Null-Idee beschränkt sich – zumindest zunächst – nur auf die Staaten der Europäischen Union mit einer Bevölkerung von 448 Millionen. Das sind 5,49 Prozent der Weltbevölkerung. Erreicht soll dieses Ziel durch eine Reihe von Maßnahmen werden. Allen durch den Ausbau der erneuerbaren Energien wie der Gewinnung von Strom aus Wind-, Solar- und Wasserkraftwerken. Ergänzt werden soll dies durch die Verwertung von Biomasse, Erdwärme und Gaskraftwerke (Wasserstoff). Einsparungen in Industrie und Gebäudeheizung haben Potenzial, den Bedarf an Strom zu reduzieren.
Der weltweite Energieverbrauch ist derzeit 61.160 TWh, wovon 8.440 TWh (13,8%) mittels erneuerbaren Energiesystemen erzeugt wird. Etwa die Hälfte davon – 26,573 TWh – ist Strom. Bis 2050 soll der Stromverbrauch auf 76.603 TWh ansteigen. Dementsprechend müssen bis 2050 noch erneuerbare Energiesysteme zugebaut werden, die es erlauben 50.030 TWh Strom zu erzeugen.
Der gegenwärtige Stromverbrauch in der EU beträgt 2.888 TWh. Also 5,49 Prozent der Weltbevölkerung verbrauchen 10,9 Prozent der elektrischen Energie.
Aus einer Studie der Heinrich-Böll-Stiftung, "Metalle für die Energiewende", kann man den Ressourcenverbrauch je installierter GW und damit – bezogen auf mitteleuropäische Verhältnisse – je TWH zu erzeugendem Strom abschätzen. Dazu müssten jedoch Informationen über den jeweils geplanten Bau von Wind-, Solar-, Kernkraft, Einsatz von Biomasse und geplante Ausbeute der Erdwärme vorliegen. Diese Daten konnte ich nicht finden. Daher beschränke ich mich auf eine Untersuchung des Materialbedarfs für die Dekarbonisierung der bestehenden Autoflotte in der Europäischen Union. Es ist geplant, ab 2035 keine mit fossilen Energien betriebenen Autos zuzulassen.
Ein wesentliches Element in den E-Autos ist deren Antrieb. Das sind Elektromotoren, die den Strom aus Batterien beziehen. Vaclav Smil, in "Wie die Welt wirklich funktioniert", gibt dazu Zahlen bekannt. In einer durchschnittlichen Batterie sind 11 kg Lithium, 14 kg Kobalt, 22 kg Nickel, 40 kg Kupfer und 50 kg Graphit enthalten.
Soll die derzeit bestehende Flotte von 252,2 Millionen in der EU elektrisch betrieben werden, so ergibt das einen Bedarf von 2.774.200 Tonnen Li, 3.530.800 Tonnen Kobalt, 5.548.400 Tonnen Nickel, 10.088.000 Tonnen Kupfer und 12.610.000 Tonnen Graphit. Das sind gewaltige Mengen. Stellt man diesen Mengen den derzeitigen Jahresweltproduktionen gegenüber, so erhält man irreale Werte. Es bedarf der gesamten gegenwärtigen Bergbauproduktion von Lithium über 15 Jahren und für Kobalt von 16 Jahren (Ni 2, Cu 0,5, Graphit 8), um allein die europäische Autoflotte auf Elektrobetrieb umzurüsten. Dazu kommt die Kleinigkeit des Ressourcenverbrauchs der grünen Energie erzeugenden Kraftwerke, ganz zu schweigen, dass es auch andere Staaten gibt, die an den genannten Bergbauprodukten teilhaben wollen.
Daraus ist ersichtlich, dass sich die "Brüsseler Spitzen" über den Bedarf an Ressourcen und die Machbarkeit der Dekarbonisierung, keine Gedanken gemacht haben. Aber wen wunderts, sieht man sich das letzte von den Grünen nach Brüssel abkommandierte Exemplar an. Solche Geschöpfe mit dem Hintergrundwissen dieser Dame ausgerüstet dürften zahlreich den Brüsseler Boden besetzen. Leider fühlen sich diese Ahnungslosen befugt, Gesetze zu formulieren, die von einer noch ahnungsloseren Clique als unumstößliche Notwendigkeit als Gesetz promulgiert werden.
Letztendlich wird wohl begriffen werden, dass der Wunsch, das Netto-Null im Jahr 2050 zu erreichen, ein Traum ist, da schlicht weder der Bergbau diese Mengen liefern kann noch einige der Elemente in diesen Mengen vorhanden sind, und schon gar nicht ausschließlich für den Bau von Batterien.
Dr. Gerhard Kirchner ist Bergingenieur und liebt die Umwelt.
Danke für die faktenreiche und interessante Aufbereitung.
Ich bin der festen Überzeugung, dass es nicht Aufgabe eines Politikers auf nationaler oder europäischer Ebene ist, derartige umfangreiche Studien in ihrer Gesamtheit tatsächlich selbst zu lesen. Dazu braucht es Fachleute, wie zb den Autor der Gastbeitrages, der das Wesentliche dem Politiker verständlich, ohne falsche Auslassungen zugunsten der Einfachheit, vorträgt. Wie @nonaned anführt, geht es ja um das VERSTEHEN des Gelesenen.
Die Aufgabe des Politikers ist es, politische Entscheidungen vorzubereiten und allenfalls um- und durchzusetzen. Die Aufgabe des Politikers wäre es natürlich auch, sich Ratgeber zu suchen, die tatsächlich Fachleute sind. Der Politiker muss soviel Verständnis aufbringen, dass er die richtigen Fragen stellen kann - bezogen auf Auswirkungen auf die Gesellschaft - beim Nichthandeln und beim Handeln.
Bitte, Herr Dr. Kirchner, senden Sie diesen Artikel an die zwei dümmsten, arrogantesten, blonden, nervigsten, korruptesten und hässlichsten linken Flintenweiber unter der leidgeprüften Sonne: Flinten-Urschel und Gesäßwessler. Nützen wird es nichts, aber einen Versuch ist es wert.
Dem Autor zunächst ein herzliches Danke für die hervorragende und hochinteressante mit Fakten und Zahlen nachvollziehbar belegte Expertise. Die Unbehagen hervorrufende Frage, die sich aufdrängt, besteht darin, ob die Netto-Null-Idee tatsächlich - wie vom Autor vorausgesetzt - von der derzeit bestehenden Flotte von 252,2 Millionen in der EU auch noch im Jahr 2050 als unverändert gleichbleibende Größe ausgeht.
"Dessen fast 10.000 Seiten hat vermutlich keiner der Politiker oder sonstigen Beteiligten gelesen,..."
Frage: was hätte es genützt, wenn sich einer durch diese 10.000 Seiten gekämpft hätte, denn ich meine, man kann doch davon ausgehen, dass das Lesen allein zu wenig ist, man müsste es auch verstehen und daran zweifle ich sehr.
Eine erheiternde Vorstellung, Babler beim Studium dieser 10.000 Seiten; was würde davon hängenbleiben, wenn einer der derzeit Amtierenden sich darübermachte dieses Werk zu studieren.
Immerhin wär er dann die nächsten 10 Jahre beschäftigt und könnte sonst keinen Schaden anrichten...
Die Fähigkeit, Dinge zu berechnen bevor man Aktionen setzt, ist in Brüssel (und auch in Wien) nicht sehr hoch geschätzt.