Wie ein begossener Pudel steht ÖVP-Chef Reinhold Mitterlehner da. Er hat sich monatelang auf die Kandidatur von Erwin Pröll als ÖVP-Bundespräsidentschaftskandidat verlassen. Und jetzt sagt ihm Pröll ab. Peinlicher geht es nimmer (auch wenn es angeblich schon vor ein paar Tagen intern bekannt gewesen sein soll). Jetzt muss Mitterlehner einen Notkandidaten aus dem Hut ziehen. Alle kursierenden Namen haben damit automatisch den Stempel: „Notlösung“. Sie sind aber auch von der Qualität meist her eher dritte als zweite Wahl.
Der ganze Vorgang zeigt neben der Feigheit Prölls auch eine mangelnde Professionalität Mitterlehners. Solche Entscheidungen müssen monatelang vorbereitet und insgeheim fixiert sein. Auch die eigentlich elegante Möglichkeit, sich zugunsten von Irmgard Griss – die ja der ÖVP nicht sonderlich fern steht – einen eigenen Kandidaten zu ersparen, hat sich Mitterlehner durch die frühzeitige Festlegung selbst verbaut, dass es jedenfalls einen ÖVP-Parteikandidaten geben werde.
Fischler, Karas, Leitl, Brandstetter, Konrad: Jeder einzelne der jetzt kursierenden Namen ist eine Katastrophe. Jeder von ihnen würde auch deutlich schlechter abschneiden als Pröll, eher unter als über 15 Prozent der Stimmen bekommen. Der Oberösterreicher Pühringer und der Salzburger Haslauer gingen zwar etwas besser, aber auch nicht sensationell aussichtsreich ins Rennen. Und nach dem Nein zu Griss ist ein externer Kandidat erst recht nicht mehr möglich.
Die einzige Chance der ÖVP, doch noch mit Erfolgschancen ins Rennen zu gehen, kommt Mitterlehner wahrscheinlich gar nicht in den Sinn. Sie ist freilich durch die Vorgänge rund um Pröll auch schon stark beeinträchtigt: Die bestünde darin, noch rasch einen Bittgang zu Wolfgang Schüssel zu unternehmen, der sich ja in den letzten Jahren konsequent als international bestens vernetzter Elder Statesman etabliert, aber zu allen innerösterreichischen Themen (wahrscheinlich mit durchgebissener Zunge) diszipliniert geschwiegen hat. Obwohl jeder weiß – und Werner Faymann es besonders fürchtet –, dass Schüssel gerade zur österreichischen Politik viel und für Österreich Wichtiges zu sagen hätte.
Woran Pröll gescheitert ist
Bei Pröll waren es in Wahrheit nicht die Liebe zu Niederösterreich, sondern die fehlenden Siegeschancen, die ihn zum Verzicht auf die sauren Trauben in der Hofburg veranlasst haben. Die in der ÖVP kursierenden Umfragen waren total ernüchternd für ihn. Und auch die in den letzten Tagen täglich von einem anderen VP-Landesfürsten kommenden und fast verzweifelt klingenden „Hoch-Pröll“-Aussendungen haben da nicht mehr viel daran ändern können.
Pröll gilt vielen West- und Süd-Österreichern als zu sehr mit einem einzigen Bundesland verbunden. Er hat sich aber auch mit cholerischen Auftritten seit Jahren immer wieder selbst beschädigt (auch ich erinnere mich an zwei Anrufe von ihm, wo ich den Hörer wegen seiner Lautstärke weit weghalten musste – was mich freilich nicht gehindert, sondern erst recht darin bestärkt hat, weiter seinen Anti-Semmering-Tunnel-Kurs für unsinnig zu bezeichnen).
Dazu kamen in allen sozialen Medien kursierende, wenn auch nie durch einen echten Beweis erhärtete und wahrscheinlich von der SPÖ nach bekannter Methode geschickt gestreute Hinweise auf angebliche private Probleme Prölls. Diese Hinweise hätten bei einer Kandidatur sicher eine publizistische Renaissance bekommen.
Pröll hätte der Bundes-ÖVP wieder Linie verschafft
Dennoch sei noch ein unorthodoxer Gedanke hinzugefügt: Wenn Pröll gewollt hätte, wäre er für die ÖVP aber auch eine historische Chance gewesen. Die Chance hätte zwar nicht unbedingt darin bestanden, die Hofburg für die ÖVP zu erobern, aber die Partei hätte endlich wieder eine starke Leader-Figur gesehen. Man kann Pröll nämlich viel nachsagen – aber nicht, dass er führungsschwach wäre.
Er hätte nicht die Mitterlehner-Krankheit, ständig „modern“ sein zu wollen, was aber beim gegenwärtigen ÖVP-Chef letztlich immer so endet, dass er immer noch mehr rotgrüne Positionen übernimmt. Worauf er sich dann regelmäßig wundern muss, dass immer mehr Wähler blau (oder zum Teil auch pink) wählen statt schwarz. Aber er begreift den Zusammenhang nicht.
Pröll hätte nach einem Wechsel auf die Bundesebene mit der gleichen Energie, mit der er jahrzehntelang auf Kosten der Nerven der anderen Länder und des Bundes Niederösterreich-Egoismus betrieben hat, dann für gesamtösterreichische Interessen kämpfen können. Pröll hätte die Bundes-ÖVP wieder glaubwürdig machen können, weil er wahrscheinlich als einziger auch als Präsidentschaftskandidat die Kraft hätte, die ÖVP auf einen neuen Kurs zu bringen und zu zwingen. Auch wenn sich Mitterlehner es sicher nicht so vorgestellt hätte.
Pröll ist nämlich – jenseits seiner Cholerik – intelligent genug, um zu erkennen, dass ein inhaltlicher Kurwechsel zu einem kraftvoll-mutigen Konservativismus die einzige Chance für die ÖVP wäre. Die Wiederbelebung der Partei könnte nur in eine Richtung funktionieren: Indem man die ÖVP wieder dorthin führt, wo der Großteil ihrer (Noch-immer- oder Nicht-mehr-) Wähler stehen. Also genau dorthin, wo international ein Seehofer, ein Orban, ein Cameron punkten. Das sind immerhin lauter Parteifreunde der ÖVP. Und bei der Linken ebenso verhasst wie gefürchtet.
Das hieße vor allem: ein klarer, kantiger und konsequenter Anti-Völkerwanderungskurs. Die Partei müsste endlich den stupiden Fehler in Sachen Migration beenden, sich bei jeder Wortmeldung primär von der FPÖ abgrenzen zu wollen, selbst aber keine Lösungen zu haben. Denn wo die FPÖ recht hat, hat sie recht. Das muss man nicht verkrampft dementieren, sondern sollte es souverän akzeptieren. Und in Sachen Völkerwanderung hat die FPÖ einfach recht. Die Sorgen der Bürger sind so überwältigend, dass man aber auch aus Parteitaktik nicht dagegen anschwimmen darf, sondern sie voll übernehmen muss, will man in der Politik überleben.
Pröll wäre die letzte Chance für diesen Weg gewesen. Er hätte bei all seinen sonstigen Defiziten endlich Klarheit in das unverständliche, unwirsche, unklare und meist inhaltsfreie Herumgerede gebracht, mit dem der jetzige Parteichef seit Monaten die nach Führung lechzende Partei verwirrt.
Es hat aber nicht sein sollen. In der ÖVP-Zentrale sollte man jetzt jedenfalls Anti-Depressiva verteilen…
Daß Pröll seinen „Kopf“ einziehen wird, war schon längst vorhersehbar. Eine kleine, aber wirklich nur ganz kleine Chance bei der BP-Wahl hätte für ihn bestanden, wenn er l ä n g s t Flagge gezeigt hätte. Ein schwächerer SPÖ-Gegenkandidat als Hundstorfer (außer vielleicht der Bundeskanzler oder die Bundesminister Klug, Stöger, Heinisch-Hoschek) ist kaum vorstellbar und dennoch wagte sich der selbsternannte ÖVP-Grande monatelang nicht aus der Deckung. Von den bestochenen, gekauften und/oder erpreßten Medien wurde nämlich der Wr. Gesundheitsbeauftragte und ex-Vorsitzende der Grünen – van der Bellen – seit vielen Monaten als Heilsbringer allen Österreichern unterjubelt. (Selbstgetürkte) Meinungsumfragen ließen ihn bereits in sphärische Höhen (75 – 80 %) aufsteigen. Jetzt höre ich jedoch, der Altsozi will gar nicht als „Grüner“ sondern als Weltenwuzzi kandidieren. Na dann! Hopp auf ÖVP und nichts wie dranhängen. Vielleicht geht sich dann doch noch ein „schwarzer“ Mitsieg aus. Weltanschaulich ist ohnehin längst kein Unterschied mehr bemerkbar.
In Pröll hätte ich Null Chancen für die ÖVP gesehen. Wohin hätte ein angeblich führungsstarker Pröll denn die ÖVP führen sollen: Auf einen Orban-Kurs vielleicht? Dann hätte er eine komplette Kehrwendung machen und alles über den Haufen werfen müssen, was er bis jetzt gemacht hat. Das hätte ihm jemand abgenommen? Oder gemeinsam mit Häupl in jedem Bundesland eine "Expositur" des Nitsch-Museums gründen? Welche Wählerschichten hätte er damit erschließen können? Die Wählerschichten, die darauf ansprechen, haben "bessere" Alternativen und wählen SPÖ oder Grüne.
Pröll ist ein egozentrischer Populist zum Quadrat. Ich sehe leider keine einzige Chance, durch Pröll der Bundes-ÖVP wieder Linie zu verschaffen. Bestenfalls käme eine Sinuskurve heraus. Schon jetzt geht doch in der ÖVP gar nichts, wenn das nicht mit NÖ abgestimmt ist. An der ÖVP-Spitze kann es keine führungsstarke Persönlichkeit geben, so lange aus NÖ (oder vom Ballhausplatz) immer quergeschossen wird. Pröll ist nicht die Hoffnung, sondern der Sargnagel der ÖVP.
Aber unter den genannten "Parteifreunden" könnte ich mir sehr wohl jemanden an der Spitze Österreichs vorstellen: z.B. Viktor Orban, oder Gergely Pröhle. Gergely Pröhle war erst am 21.12.2015 wieder zu Gast im österreichischen Fernsehen, und zwar in "Pro und Contra" auf PULS4:
http://www.puls4.com/video/pro-und-contra/play/2948091
Fantastisch dieser Staatsekretär:
04:45-06:03 Zur Grenzschließung
09:50-12:21 Vergleich mit 1956
18:18-20:45 Zur Situation auf dem Budapester Bahnhof
33:00-34:53 Paßt Grenzsicherung mit christlichen Werten zusammen
45:48-47:05 Was macht Ungarn vor Ort
48:05-48:40 Zum Quotensystem
Richtig schade, daß es die österreichisch-ungarische Monarchie nicht mehr gibt. Ein gemeinsames (kein multi-kulti!) Europa hätte schon etwas für sich, wenn es auf richtigem Fundamente aufgebaut und mit den richtigen Personen besetzt wäre.
Schüssel als Präsident, diese Idee ist genial. Wir hätten plötzlich einen BP mit Bildung und Charisma.
Ob er sich das antun will?
Naja, das brächte eine beachtliche Reputation an ihn zurück, und ganz uneitel schätze ich den Hrn. Dr. Schüssel auch wieder nicht ein. Vielleicht tät´er´s doch, er würde auch gewinnen denke ich.
Leider wird Mitterlehner diesen Kanossagang nicht antreten, denn da würde er wohl den Koalitionspartner brüskieren.
Die weiteren Kandidaten Vorschläge neben Pröll sind mir kein Wort wert und sind sicherlich chancenlos.
Daß Pröll nicht antritt bedauere ich pers. keinesfalls und er hat sicher damit klug entschieden.
Sein ausschweifendes Privatleben hat ausnahmsweise nicht die SPÖ gestreut, sondern er selbst gelebt. Und hätte er gewollt, hätte er als Machtmensch längst die ÖVP reformieren können. Pröll ist im Bedarfsfall nicht minder links orientiert und soll doch auch eher primär aus diesem Stall kommen.
Meine Vermutung: Die ÖVP wird doch Griss unterstützen und die SPÖ Van der Bellen. So wahren beide Absturzparteien ihren Schein und haben weniger "Bröseln" bis zur NR-Wahl.
Die zwei einzigen Alternativen,
wenn es in der ÖVP noch Hausverstand gibt:
S c h ü s s e l , oder wenn er nicht will
G r i s s.
Alle anderen haben nach der Pröll-Blamage überhaupt keine Chance !!
Ich wüsste eine elegante Lösung für die SPÖVP:
Der Schwarze Teil des siamesischen Systemzwillings verzichtet auf einen eigenen Kandidaten und der Rote Teil stellt Frau Margit Fischer auf.
Der Wähler wird den Unterschied zum augenblicklichen Amtsinhaber nicht merken, die Schwarzen können sich auch ein bisschen als Sieger fühlen und das leidige Chauffeur-Problem wäre auch gelöst.
Ich denke, dass die ÖVP innerlich verfault ist.
Das würde auch erklären, warum kein wie immer geartete Personalwechsel zu einer Verbesserung der Situation dieser Partei führt.
Jörg Haider hat seine Partei mit großem Weitblick Jahrzehnte vor Orban auf die Vertretung der nationalen Interessen seiner Bevölkerung ausgerichtet, wovon diese heute noch zehrt.
Diesen "Umkehrschub" wird die einstige Heimat- und jetzige Verräterpartei nicht mehr schaffen.
Der Rückzug Prölls war vorhersehbar. Wenn die politischen Gegner seine Privaten Geschichten ausgepackt hätten , dann gute Nacht. Von der Auseinandersetzung mit dem Pfarrer von Reinbrechtspölla über die Affären mit diversen Weinköniginen bis zum Cobra Einsatz bei Ihm zuhause, gibt es hunderte Angriffspunkte. Da zieht er lieber im Hintergrund an den Fäden.