Polizeigewalt und privater Waffenbesitz: Seltsame Logik der Linken

Seit ihrem 1968 begonnenen und inzwischen mehr als erfolgreich abgeschlossenen Marsch durch die Institutionen haben linke Zeitgenossen, die glauben, Intellektuelle zu sein, den Staat und die Massenmedien beinahe vollständig unter ihre Kontrolle gebracht. Das gesamte politische Spektrum ist seither ein gewaltiges Stück nach links gedriftet.

Bemerkenswert ist, dass die Polizei – obwohl sie inzwischen bei von Linken oder Ausländern begangenen Delikten oft großzügig wegsieht und stattdessen mit großer Entschlossenheit gegen Kritiker der zunehmend freiheitsfeindlichen Regierungspolitik und gegen "Rechtsradikale" vorgeht –, von den Progressiven noch immer als Feind wahrgenommen wird. "Bullenschweine" und ACAB – "all cops are bastards" – sind Begriffe und Parolen, die im Milieu der Antifa und nicht in dem der Identitären oder anderer böser Rechter erfunden wurden.

Im Teletext des schwer linkslastigen Österreichischen Rundfunks wird in einem Eintrag vom 10. Februar 2022 bitter beklagt, dass im Jahr 2021 in den USA 1055 Menschen von der Polizei erschossen wurden. Selbstverständlich wird mit keinem Wort darauf eingegangen, in welchem Kontext die Todesschüsse abgegeben wurden und um welche Art von Menschen es sich bei den "Opfern der Polizeigewalt" gehandelt hat. Es darf wohl davon ausgegangen werden, dass die wenigsten von ihnen friedlich schlafende Omas oder spielende Kinder gewesen sind.

Ein wahres Kleinod in dem ORF-Eintrag ist Folgendes: Gegen Ende der Meldung heißt es nämlich: "In den USA gelten Waffengesetze, die im Vergleich zu Österreich meist sehr lax sind."  Wahr ist, dass die Waffengesetze in den USA Sache der einzelnen Bundesstaaten und daher sehr unterschiedlich sind. Von extrem restriktiv wie in den linken Hochburgen Kalifornien und New York bis zu sehr liberal wie in Nevada. Allerdings erschließt sich der Zusammenhang zwischen den behaupteten "laxen Waffengesetzen" und den Opfern polizeilichen Schusswaffengebrauchs wohl nur woken ORF-Redakteuren, die so gut wie keine Kontakte zu Zeitgenossen unterhalten, die außerhalb ihrer Echokammer leben. In welch einer Welt könnten denn restriktive Waffengesetze jemals einen Menschen davor bewahren, von der Polizei erschossen zu werden?

Wie dem auch sei: Grundsätzlich stehen einander in der Frage des privaten Waffenbesitzes Vertreter zweier unvereinbarer Standpunkte gegenüber: Einer der Parteien geht es darum zu verhindern, dass jemand durch Waffenmissbrauch Schaden nimmt. Die andere leitet aus dem Recht auf Leben und Notwehr die Forderung ab, auch geeignete Abwehrmittel – Schusswaffen eben – besitzen zu dürfen. Vertreter der ersteren Position möchten den privaten Schusswaffenbesitz am liebsten komplett verbieten. Die der letzteren machen sich für liberale Waffengesetze stark.

"Abusus non tollit usum" (Missbrauch hebt den rechten Gebrauch nicht auf), lautet ein lateinischer Grundsatz. Das bedeutet, dass missbräuchlich eingesetzte Schusswaffen keinen Anlass dafür liefern, jeden ordnungsgemäßen Umgang damit zu verbieten. Aber es gibt noch darüber hinaus gehende Überlegungen: Befürworter restriktiver Waffengesetze unterstellen, dass die Besitzer von Waffen damit ihre Unsicherheits- und Minderwertigkeitsgefühle kompensieren würden. Eine 2019 in den USA veröffentliche Untersuchung zeigt allerdings, dass Waffenbesitzer sich sicherer fühlen als Menschen, die über keine Waffen verfügen. Eine andere, etwas ältere US-Studie stellt fest, dass Gewaltanwendung und krimineller Gebrauch von Schusswaffen in einem engen Zusammenhang mit Faktoren wie ethnischer Zugehörigkeit (Afroamerikaner sind bei Gewalttaten überrepräsentiert), Bildung (je geringer, desto gewaltaffinier) und sozialem Status (Armut und Arbeitslosigkeit erhöhen die Gewaltbereitschaft) stehen. Sich bei der Gewaltprävention auf den Schusswaffenbesitz zu konzentrieren, greift daher bei weitem zu kurz.

David B. Kopel, ein US-amerikanischer Anwalt und Waffenrechtsexperte, argumentiert in einer Arbeit mit dem Titel "The Human Right of Self-Defense", dass das Recht zur Selbstverteidigung eine "Nullität" ist, wenn man keine adäquaten Abwehrmittel besitzt. So verfügen nur wenige Menschen über jene Kampfsportfähigkeiten, die es ihnen erlauben, ohne Hilfsmittel den Angriff eines körperlich überlegenen Angreifers abzuwehren. Insbesondere Frauen sind ohne den Einsatz von Schusswaffen in vielen Fällen kaum in der Lage, sich erfolgreich gegen gewalttätige Angriffe (durch Männer) zu wehren. Das Notwehrrecht würde – ohne das Recht zum Waffenbesitz – auf Kampfsportprofis reduziert, was zweifellos nicht der Intention des Gesetzgebers entspricht. Aus dem Recht, sein Leben zu schützen, folgt daher zwingend das Recht zum Besitz dazu geeigneter Mittel.

Keine Regierung hat das Recht, jemanden an der Ausübung der Notwehr zu hindern, indem er ihm den Besitz der dafür erforderlichen Waffen untersagt.

Andreas Tögel, Jahrgang 1957, ist Kaufmann in Wien.

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