2021 war ein gutes, ein sehr gutes Jahr für die deutsche Rüstungsindustrie. Die große Koalition hat Exporte in der Höhe von mehr als neun Milliarden Euro genehmigt. Rund 200.000 Menschen arbeiten für Rüstungskonzerne wie Rheinmetall, ThyssenKrupp, Krauss-Maffei Wegmann (KMW) und ihre mittelständischen Zulieferer.
Ihre Zukunft sieht, dank des Regierungswechsels in Berlin, düster aus. Waffen "Made in Germany" sollen schon bald der Vergangenheit angehören, wenn es nach den Plänen der Grünen und der NGOs geht Und nach ihnen geht es derzeit. Bei ihrem Staatsbesuch in Ägypten betonte Außenministerin Annalena Baerbock, dass die Ampelregierung die Rüstungsexporte künftig restriktiver handhaben, also wesentlich weniger Ausfuhren genehmigen will. Dass Baerbock das bei ihrem Staatsbesuch in Kairo betont hat, ist kein Zufall. Bereits im Jänner hatte der nunmehrige Chef der Grünen, Omid Nouripour, gefordert, alle Waffenlieferungen nach Ägypten einzustellen.
Das nordafrikanische Land gehört zu Deutschlands besten Kunden. 2021 exportierten deutsche Unternehmen Kriegswaffen und andere Rüstungsprodukte im Wert von 4,34 Milliarden Euro nach Ägypten. Damit könnte nun Schluss sein. Nicht nur für Ägypten. Noch in diesem Jahr wollen die Grünen eines ihrer politischen Lieblingsprojekte durchdrücken, das Rüstungsexportkontrollgesetz (REKG).
Seit 2011 drängen sie auf eine gesetzliche Regelung, die Rüstungsexporte in Staaten, die nicht zur EU und NATO gehören, strenger zu reglementieren bzw. ganz zu verbieten. Die Grünen arbeiten dabei Hand in Hand mit NGOs, insbesondere mit Greenpeace, deren Chefin, Jennifer Morgan, nun von Annalena Baerbock als Beauftragte für internationale Klima-Außenpolitik im Auswärtigen Amt installiert worden ist.
Zuletzt hatten 33 NGOs, darunter auch Greenpeace, einen an die Regierung gerichteten Forderungskatalog veröffentlicht. Darin heißt es, dass der Export von Kriegswaffen in Staaten außerhalb der EU "grundsätzlich" und der Export in menschenrechtsverletzende und kriegführende Staaten sowie in Krisenregionen "absolut" verboten werden soll. "Grundsätzlich" soll bedeuten, dass in gewissen Ausnahmefällen Exporte möglich sein sollen. Auch der Export von "kleinen und leichten Waffen und der dazugehörigen Munition" soll ausnahmslos verboten werden.
Greenpeace hat sogar einen eigenen Entwurf für das Rüstungsexportkontrollgesetz vorgelegt. "Greenpeace hat mit diesem Gesetzesentwurf eine Vorlage für die zuständigen Minister Peter Altmaier und Heiko Maas geliefert. Jetzt ist es an ihnen, ihr Versprechen einer restriktiven Rüstungspolitik und werteorientierten Außenpolitik in die Tat zu überführen und das Rüstungsexportgesetz umzusetzen", verlangte der Umwelt-Verein, als er diesen Entwurf der großen Koalition vorlegt hat.
Nachdem sich die politischen Machtverhältnisse in Berlin geändert haben, sollen die Grünen nun liefern, was Greenpeace und andere NGOs bestellt haben. Die Forderungen dieser linken Vereine und Lobbyisten hat Friedensaktivist Jürgen Grässlin von der Kampagne "Aktion Aufschrei – Stoppt den Waffenhandel!" in einem Slogan zusammengefasst: "Grenzen öffnen für Menschen, Grenzen schließen für Waffen".
Das ist auch die Maxime der Grünen, die sich wie eine NGO, nicht wie eine Regierungspartei, die Verantwortung für Staat, Gesellschaft und Bürger trägt, verhält. Stefan Aust, Herausgeber der "Welt" hat es so ausgedrückt: "Die Grünen sind eine NGO an der Macht – und im Machtrausch."
Wenn Grüne und NGOs gemeinsam ein Ziel verfolgen, ist ihnen Unterstützung des Medienmainstreams und der linken Haltungsjournalisten gewiss. Die Süddeutsche schrieb vor wenigen Tagen: "Deutschland liefert zu viele Rüstungsgüter, und dies zudem ohne klare Kriterien. Im Fall der Ukraine zeigt sich: Man kann anderen Ländern auch anders zur Seite stehen als mit Haubitzen." Mit 5000 Helmen, wie wir wissen, was Berlin zum internationalen Gespött gemacht hat.
Dass SPD und FDP in dieser Frage auf einer Linie mit den Grünen liegen, kann man im Koalitionsabkommen nachlesen. Der Passus über Rüstungsexporte klingt, als hätte ihn Greenpeace diktiert: "Wir setzen uns für ein nationales Rüstungsexportkontrollgesetz ein. Unser Ziel ist es (…), den Export von Kriegswaffen und sonstigen Rüstungsgütern, die Kleinwaffengrundsätze und die Ausweitung von Post-Shipment-Kontrollen in einem solchen Gesetz zu verankern. Nur im begründeten Einzelfall, der öffentlich nachvollziehbar dokumentiert werden muss, kann es Ausnahmen geben."
Zentraler Punkt im geplanten Rüstungsexportkontrollgesetz ist das Verbandsklagerecht. NGOs und Menschenrechtsorganisationen sollen Exportzusagen der Regierung klagen können. Welchen NGOs dieses Recht zugestanden wird, soll nach Vorschlag von Greenpeace das grüngeführte Außenamt, in dem auch die ehemalige Greenpeace-Chefin sitzt, festlegen. Auch in diesem Fall kommt Schützenhilfe von den Haltungsjournalisten: In einem Tagesschau-Kommentar heißt es: Es brauche verbindliche Regeln, die von der "Zivilgesellschaft einklagbar" sind.
Wird das Verbandsklagerecht in das REKG aufgenommen, wären Exportzusagen dem Risiko einer Genehmigungsanfechtung ausgesetzt. Eine Katastrophe für die Rüstungsindustrie. Noch ist nichts konkret, noch ist nichts entschieden, aber man arbeitet mit Hochdruck daran, die deutschen Rüstungsexporte auf ein Minimum zu reduzieren.
"Wenn alles nach Plan verläuft, haben wir im zweiten Halbjahr einen ersten Gesetzesentwurf", so der Wirtschafts-Staatssekretär Sven Giegold. Sollten sich Grüne und Greenpeace mit ihren restriktiven Forderungen durchsetzen, die FDP einmal mehr einknicken – und danach sieht es derzeit aus –, hätte das für die deutsche Rüstungsindustrie verheerende Folgen, wie von den Linksalternativen intendiert. Die NGOs werden ihr Klagerecht voll ausschöpfen und Exporte erschweren bis verunmöglichen. Eine weitere grüne Idee ist es, die Genehmigungszuständigkeit für Rüstungsexporte vom Wirtschaftsministerium auf das Auswärtige Amt zu übertragen.
Dann würden Grüne und Greenpeace-Leute, die hier mittlerweile das Kommando übernommen haben, darüber entscheiden, wer in welchem Umfang Waffen wohin exportieren darf. Die geplanten Ausfuhrbeschränkungen sind nicht das einzige Problem, mit dem deutsche und auch andere europäische Rüstungskonzerne zu kämpfen haben.
Immer mehr Banken verweigern Rüstungsbetrieben Kredite und beenden sogar ihre Geschäftsbeziehungen mit ihnen. Grund ist eine Entscheidung der EU, Rüstungskonzerne als nicht nachhaltig einzustufen. Viele Banken nehmen bereits jetzt in vorauseilendem und überschießendem Gehorsam die EU-Taxonomie-Verordnung vorweg und drehen Waffenproduzenten, weil sie zu wenig ökologisch, nachhaltig, politisch korrekt und woke sind, den Geldhahn zu. So will die BayernLB mit dem alteingesessenen Münchner Konzern "Krauss-Maffei Wegmann", der unter anderem den Leopard-Panzer produziert, nichts mehr zu tun haben. "Unter Einhaltung aller vertraglichen Vereinbarungen laufen die Geschäftsbeziehungen mit Rüstungsunternehmen dann aus, wenn diese vom renommierten Stockholm International Peace Research Institute (Sipri) auf der Liste der größten Rüstungsunternehmen der Welt mit einem entsprechenden Umsatzanteil von mehr als 20 Prozent geführt werden", heißt es von der BayernLB.
Der Vorstandschef von Rheinmetall, Armin Papperger, betont in einem Interview, sein Konzern sei zwar "sehr gut und solide finanziert" und habe hohe Liquiditätsreserven, "aber wir waren dennoch sehr enttäuscht, dass langjährige Geschäfts- und Kreditbeziehungen mit Banken, darunter zwei Landesbanken, von diesen einseitig beendet wurden". Deutlicher wird der Finanzvorstand von Heckler & Koch, Björn Krönert: "Es sind Pistolen von uns, mit denen unsere Polizisten täglich auf der Straße sind, es waren Sturmgewehre von uns, mit denen die Bundeswehrsoldaten im Sommer in Kabul Menschen vor den Taliban gerettet haben. Und dafür werden wir von Banken und der EU in eine halbseidene Ecke gestellt."
Rüstungskonzerne sind im pazifistisch und umweltbewegten Europa nicht mehr erwünscht, werden vom linken Establishment bestenfalls als notwendiges Übel, wenn überhaupt, eingestuft. Das hat weitreichende Folgen. Nicht nur für die Beschäftigten der Rüstungsindustrie, sondern für die gesamte Sicherheit in Deutschland und der EU.
Es geht um die Verteidigungsfähigkeit Europas und um jene Signale, die man mit einer solchen Politik an globale und regionale Mächte wie Russland, die Türkei, China etc. aussendet. Mit jedem großen und kleinen Rüstungsbetrieb, der seine Pforten schließt, geht wertvolles Knowhow unwiederbringlich verloren, werden Lücken in den Liefer- und Produktionsketten aufgerissen, die sich nicht wieder schließen lassen. Anders als etwa in der Automobilbranche arbeiten in der Sicherheits- und Verteidigungsindustrie hochspezialisierte Unternehmen, die nicht einfach durch andere ersetzt werden können.
Das zeigt etwa das Beispiel Dornier. Nach der Pleite des Luftfahrtkonzerns hat Deutschland sein Knowhow und seine Fähigkeiten verloren, eigenständig Verkehrsflugzeuge zu bauen. Doch die systematische Zerstörung der deutschen Rüstungsindustrie ist politisch gewollt. Das grünlinke Establishment in Berlin und Brüssel träumt von einem pazifistischen, CO2- und industriefreien europäischen Paradies. An dieser ebenso infantilen wie gefährlichen Utopie arbeiten sie mit Hochdruck. Wer angesichts der zahlreichen Kriegsherde, Konflikte und der prekären Sicherheitslage in und um Europa – Ukraine/Russland, Weißrussland/Polen, Naher Osten, Türkei/Griechenland, Libyen, etc.– davon träumt, Europa in eine demilitarisierte Zone, eine waffenlose Ponyhofgesellschaft umzubauen, hat jeden Bezug zur Realität verloren, ist selbst zu einem Sicherheitsrisiko geworden. Dass die Grünen und die Brüsseler Eurokraten bei ihrer Politik auch von weiten Teilen der Gesellschaft, von Medien bis Kultur, Kirche bis Zivilgesellschaft, unterstützt werden, zeigt, wie weit die Degenerations- und Niedergangsprozesse in Europa bereits fortgeschritten sind.
Werner Reichel ist Autor und Journalist. Er hat zuletzt das Buch "Europa 2030 – Wie wir in zehn Jahren leben" bei Frank&Frei herausgegeben.