Gut, dass die „schwarze“ ÖVP Geschichte ist

In der linken Blase Wien wird in den Zeitungen und Onlineforen immer wieder die "gute alte schwarze ÖVP" als Gegenstück zur "türkisen" Kurz-ÖVP beschworen. Da dürfen dann selbst ernannte Christlichsoziale und "Schwarze" wie Othmar Karas, Reinhold Mitterlehner, Erhard Busek und Helmut Brandstätter ihren Frust über die Kurz-Fraktion medial ausbreiten und kommen stetig mit ihren (Spoiler-Alarm: überholten) Vorschlägen aus der "guten alten Zeit" der ÖVP. Das hat den Autor dieser Zeilen nun dazu motiviert einen Blick zurückzuwerfen: Wie schlug sich denn die "schwarze ÖVP" in ihrer jüngsten Regierungszeit (1986-2017) vor der türkisen Palastrevolution?

In der politischen Rückschau kann man, die Ära Wolfgang Schüssel 1999 bis 2006 ausgenommen, folgendermaßen machtpolitisch resümieren: ziemlich jämmerlich. Trotz bürgerlicher Mehrheit stützte man reihenweise unfähige SPÖ-Kanzler und rieb sich mit der SPÖ in Streit und Kleinklein auf. Jahrelang stand das Land in den 1990ern und in der Ära Faymann politisch de facto still. Faymann musste nur "Genug gestritten" plakatieren, um eine Wahl für sich zu entscheiden.

Die schwarze ÖVP nominierte reihenweise schwache und wenig charismatische Parteichefs zur Freude ihrer politischen Gegner: Erhard Busek, Wilhelm Molterer, Josef Pröll, Michael Spindelegger und zuletzt Reinhold Mitterlehner. Diese waren nicht annähernd imstande, der äußerst schwach aufgestellten SPÖ unter schwachen Kanzlern wie Christian Kern, Werner Faymann und Alfred Gusenbauer politisch Paroli zu bieten und eine Alternative zum "Weiterwursteln" aufzuzeigen. Einzig Wolfgang Schüssel tat sich aus der Riege der Parteichefs hervor und eroberte für sieben Jahre das Kanzleramt, beendete somit die Ära Klima und realisierte als einziger in 31 Jahren (!) die seit 1986 bestehende bürgerliche Mehrheit gegen eine sich im fortwährenden Machtrausch befindende SPÖ.

Gegängelt wurde die "schwarze" ÖVP auch ständig von ihren Landeshauptleuten, denen es oft offenbar gar nicht so unrecht war, von St. Pölten, Linz und Innsbruck aus gegen einen roten Kanzler in Wien poltern zu können. Es mangelte an Veränderungswillen und Initiative, die stets unpopuläre große Koalition zu beenden und jemanden zu nominieren, der auch das Kanzleramt erobern konnte.

Kürzlich kritisierte die burgenländische SPÖ die Bilanz von vielen schwarzen Innenministern in dieser Zeit, was die illegale Einwanderung betrifft, und das tat sie durchaus zu Recht. Während andere Länder wie Dänemark schon lange ihre Gesellschaften gegen Migration gepolt hatten, blieben die österreichischen Scheunentore für die Einwanderung sperrangelweit offen. In einer Massenmigration kamen seit 1986 mehr als zwei Millionen Migranten ins Land, und mehr als 500.000 Menschen stellten einen Asylantrag. Ein Spitzenplatz in Europa ist Österreich dabei sicher. Die SPÖ-Burgenland ließ jüngst mit folgendem Zitat aufhorchen:

"In Wirklichkeit haben wir Zahlen wie ein linksliberales Land mit einem grünen, linken Innenminister."

Schaut man sich die "schwarze" Vergangenheit vor Kurz und seiner einwanderungspolitischen Wende 2017 an, dann kann man dem für die Zeit 1986 bis 2017 nur zustimmen. Die Asyl- und Migrationspolitik unter einer Heerschar an "schwarzen" Innenministern kann man – nach Studium der Zahlen und abseits aller Rhetorik – durchaus als "windelweich" und "Mitte links" bezeichnen.

Österreich wollte nämlich laut Umfragen diese Massenzuwanderung NIE. Und das explosive Wachstum der Muslime im eigenen Land bereitet den Menschen bis heute Sorgen. Die alte schwarze ÖVP machte diesen Sorgen aber stets nur verbale Zugeständnisse. Handlungen im mehrheitlichen Sinne der Bevölkerung setzte sie in dieser Frage dagegen viel zu wenige. Da buckelte man lieber vor der linken Mainstreampresse, dem linken Establishment und vor etwaigen "Tabubrüchen".

Aus diesem Grunde veränderte sich Österreich demographisch massiv, während fast alle anderen EU-Länder eine striktere Einwanderungspolitik verfolgten. So lag der Anteil der Muslime bei rund 1,5 Prozent, als die ÖVP in die Regierung kam (1986) – und nun sind 8 Prozent längst überschritten. Die ÖVP war in diesen 31 Jahren ganze 24 Jahre der Juniorpartner der SPÖ! Politisch hat sich die aktuelle strengere Haltung der ÖVP in Asyl und Migrationsfragen bis 2017 also nicht wirklich bemerkbar gemacht.

Das erkannte auch Sebastian Kurz, als er 2017 mit seinem neuen Kurs in Migrationsfragen die ÖVP bei 20 Prozent übernahm. Er beschnitt die Landeshauptleute in ihrem Einfluss und fuhr mit 32 Prozent einen grandiosen Wahlsieg gegen die SPÖ und das ganze Wiener Establishment ein, die seitdem nun erfolglos versuchen, mit ein paar alten "Schwarzen" das Projekt Kurz wieder einzufangen. Da kann man nur resümieren (die Ära Schüssel ausgenommen): Gut, dass diese schwarze ÖVP Geschichte ist!

Diese hatte politisch im mehrheitlich konservativ-bürgerlichen Österreich nicht einmal einen Blumentopf gegen die SPÖ gewinnen können, obwohl sie stets alle Machtoptionen nach links wie rechts innehatte.

Julian Schiffauer arbeitet als Ökonom und schreibt über Politik, aktuelle Entwicklungen, Wirtschaft und unsere Gesellschaft. 

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