Der Oberbefehlshaber und unser Heer

Das österreichische Bundesheer befindet sich in einem nicht verfassungskonformen Zustand. Das geht aus dem Tagesbefehl zum Jahreswechsel von Bundespräsident Alexander van der Bellen hervor. Alleine diese Feststellung des österreichischen Bundespräsidenten lädt zum Nachdenken ein.

Der Zustand eines Heeres ändert sich ja üblicherweise nicht von einem Tag zum anderen, nicht über Nacht. Das braucht schon seine Zeit und etliches muss passiert sein, dass es so weit gekommen ist. Da darf man schon fragen, wer hatte denn die Verantwortung über unser Militär während der letzten zehn Jahre? Namen wie Darabosund Klugfallen einem ein, die stets bemüht waren das Heer mitsamt der Miliz auszuhungern. Selbst die Militärmusikkapellen wurden geopfert, um das Heeresbudget auch nur einigermaßen über die Bühne zu bringen.

Ich gehe aber davon aus, dass der Bundespräsident mit seiner Aussage nicht Tagespolitik betreiben möchte, und er damit keineswegs der jetzigen türkis-blauen Regierung und dem Verteidigungsminister Kunasek eins auswischen wollte. Als Oberbefehlshaber ist er offensichtlich über den aktuellen Zustand des Bundesheeres ehrlich besorgt und mahnt mit aller Deutlichkeit eine rasche Änderung zum Besseren ein.

Der Wandel vom grünen Saulus zum rot-weiß-roten Paulus mag ihm möglicherweise nicht leicht gefallen sein. War doch das Heeresbudget zur Zeit des grünen Bundessprechers Van der Bellen nicht gerade eines, für dessen Aufstockung sich die Grüninnen und Grünen besonders stark machten – eher im Gegenteil ...

So mahnt Van der Bellen rechtzeitig für die kommenden Budgetverhandlungen ein entsprechend hoch dotiertes Heeresbudget ein. Problematisch könnte aber seine Ansage sein, dass "er daher bei den diesbezüglichen Budgetverhandlungen ein wachsames Augeauf die Wiederherstellung eines verfassungskonformen Zustandes des Bundesheeres haben wird".

Gegen ein wachsames Auge als interessierter und besorgter Oberbefehlshaber des Heeres wird niemand etwas einzuwenden haben. Vorsichtig sollte der Bundespräsident mit allfälligen Konsequenzen seines ‚Zuschauens’ sein. Eine aktive Mitwirkung an der Ausarbeitung des Budgets sieht unsere Verfassung für den ersten Mann im Staate nicht vor. Dieses Recht gibt ihm die Verfassung nicht. Um so weniger kann er einen Budgetentwurf der Bundesregierung abändern oder gar verhindern, und schon gar nicht das vom Parlament beschlossene Budgetgesetz.

Wie gesagt, eine bemerkenswerte Feststellung des Bundespräsidenten, die er da zum Jahreswechsel seinen Soldaten zur Kenntnis bringt. Noch auffallender ist aber die von ihm vorgenommene Reihung der Heeresaufgaben.

Van der Bellen nennt als erstes"den Schutz der inneren Ordnung des Staates zu gewährleisten". Da darf man schon laut fragen "Wie bitte?!"

Die Aufrechterhaltung der Ordnung im Inneren Österreichs obliegt allemal der Polizei – und nicht dem Bundesheer. Militär kann vom Innenminister unter bestimmten Voraussetzungen zu Assistenzeinsetzen angefordert werden, wie z.B. zuletzt für Sicherheitsdienste zum Personen- und Gebäudeschutz ausländischer Vertretungsbehörden.

Ein ehemaliger grüner Spitzenpolitiker denkt an Soldaten zur Aufrechterhaltung der Ordnung innerhalb des österreichischen Staatsgebietes! Was da wohl ein anderer ehemaliger Grünpolitiker JETZT dazu sagen wird, nämlich Peter Pilz, der große Freund von Uniformen im Stadtbild?

Was mag den Herrn Bundespräsidenten überhaupt auf diesen Gedankengang gebracht haben, dass er sich dermaßen um den Schutz der inneren Ordnung sorgen muß? Sicherlich nicht die stets friedlichen Donnerstagsdemonstrationen – aber vielleicht die Vorfälle beim letzten Wiener Derby Austria gegen Rapid und deren eher suboptimale Bewältigung?

 Dr. Günter Frühwirth ist Jurist und begeisterter Bahnfahrer. Die gesellschaftspolitische Entwicklung Österreichs verfolgt er mit aktivem Interesse.

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