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Die Spur des Geldes

Eine eherne Regel der Kriminalistik lautet: Folge stets der Spur des Geldes. Am Ende geht es nämlich in jedem Kriminalfall, sieht man von Machtkämpfen und Eifersuchtsdramen ab, genau darum. Derselbe Grundsatz gilt auch – und ganz besonders – in der Politik. Die einen arbeiten für ihr Geld, die anderen stehlen es – ganz wie im Krimi.

Geld ist eine grandiose Erfindung, oder besser noch Entdeckung. Seine Einführung bereichert das menschliche Leben entscheidend, indem es sämtliche Tauschvorgänge und damit die Ausbildung einer wohlstandssteigernden Arbeitsteilung erleichtert. Der Bäcker braucht beispielsweise nicht mehr länger einen Schuhmacher zu suchen, der bereit ist, ein paar Laibe Brot gegen ein Paar Stiefel zu tauschen. Geld, das liquideste aller Güter, das von jedermann gerne in Zahlung genommen wird, erspart die mühsame Suche nach geeigneten Tauschpartnern.

Das klingt zwar trivial, muss aber dennoch immer wieder in Erinnerung gerufen werden, wenn mächtige Interessen darauf hinarbeiten, es wieder abzuschaffen – zumindest das Geld in seiner baren Form. Geld, und darauf darf niemals vergessen werden, hat neben seiner Hauptfunktion als Tauschmittel nämlich auch eine wesentliche Bedeutung als Wertspeicher. Der Besitz von Bargeld ist deshalb wertvoll, weil er dem Einzelnen Möglichkeiten verschafft. Der Begriff "Vermögen" drückt das aus. Der Besitz von Geld bedeutet, Handlungen zu vermögen, die ohne ihn nicht denkbar wären. Geld zu besitzen macht frei, nicht etwa Arbeit, wie die Nationalsozialisten behaupteten.

Um seiner Funktion als Wertspeicher gerecht zu werden, darf die Geldproduktion nicht von willkürlichen politischen Entscheidungen bestimmt sein. Genau das ist indes seit Abschaffung des Goldstandards mit Ausbruch des Ersten Weltkriegs der Fall. Richtig Fahrt aufgenommen hat die weltweite Geldwertverdünnung ab dem 15. 8. 1971, als US-Präsident Nixon die Konvertierbarkeit des Dollars in Gold mit einem Federstrich aufgehoben und damit die größte Enteignungsaktion aller Zeiten inszeniert hat. Bis zu diesem Zeitpunkt hatte das US-Schatzamt den Umtausch von in ausländischer Hand befindlichen US-Dollars in einem Verhältnis von 35 :1 zu einer Unze Feingold garantiert. Seither schwimmt die Welt auf einem Meer von ungedecktem Papier- und Giralgeld.

Geld besteht heute nicht mehr wie früher aus werthaltigen Materialien wie Gold und Silber. An deren Stelle trat wertloses Papier, dessen Besitz nun keinen Anspruch mehr auf die Ausfolgung von echtem Geld – also Edelmetall – garantiert. Schlimm genug, dass sein Wert seit 1971 durch nichts anderes als die Hoffnung bestimmt wird, dafür künftig etwas eintauschen zu können.

Immerhin gewährt der Besitz von Bargeld aber auch heute noch insofern einen kleinen Rest an Freiheit, als seine Verwendung anonym erfolgen kann und die Transaktionen der Bürger somit den zudringlichen Blicken des Leviathans entzogen sind.

Große Teile der politischen Eliten trachten seit geraumer Zeit danach, diesen Zustand mangelnder Kontrolle zu beenden, wobei ihnen kein Vorwand zu fadenscheinig und kein Schmäh zu abgeschmackt ist. Unterstützt werden sie von korrupten Ökonomen, die mittelbar oder unmittelbar vom Staat leben.

So wird im Feldzug gegen das Bargeld stereotyp der Kampf gegen Drogen- und Waffenhandel und die Verhinderung von Steuerhinterziehung vorgeschoben. In Wahrheit aber geht es einzig und allein darum, den gläsernen Bürger zu schaffen, der keinen noch so kleinen Schritt mehr ohne Kenntnis der Polizei tun können soll. Der deutsche Innenminister Thomas de Maizière macht aus seinem Herzen keine Mördergrube und meint im Zusammenhang mit der hoheitlichen Internetüberwaschung in einem Interview mit dem Handelsblatt: "…es kann nicht sein, dass es Bereiche gibt, auf die der Staat gar keine Zugriffsmöglichkeiten hat…". Eine Vorstellung, die nur Etatisten und Systemprofiteure begeistern, rechtschaffene Normalbürger aber empören dürfte.

Man stelle sich – nach einer Abschaffung des Bargeldes – vor, die Bank kündigt einem das Konto; es liegt ein technisches Gebrechen vor; oder man wird vom Politbüro als lästiger Dissident erkannt. In einer bargeldfreien Welt wird dann ein Mausklick reichen und der Betroffene könnte sich nicht einmal mehr ein Stück Brot, ein Hemd oder eine Fahrkarte kaufen. In einer solchen Welt wäre der als Staatsfeind denunzierte Nonkonformist entweder zum Hungertod verurteilt oder sähe sich in kürzester Zeit im Gulag wieder.

Es wäre an der Zeit, sich von der Illusion zu befreien, dass Zustände, wie sie in Russland von 1917 bis zum Untergang der Sowjetunion oder in Deutschland zwischen 1933 und 1945 geherrscht haben, niemals wiederkehren können. Das trifft nämlich nicht zu! Die Freiheit ist ein fragiles Gut und sie verschwindet niemals in einem einzigen Schritt, mit einem großen Knall, sondern stets leise, unauffällig und scheibchenweise – so wie wir es in den USA seit 9/11 oder hierzulande seit dem Beitritt zur EU fortwährend erleben.

Wer ist scharf darauf, in einem totalitären Überwachungsstaat zu leben, der einem mit einem Mausklick die Lebensgrundlage entziehen kann? Wer will auf den Gebrauch dessen verzichten, was Dostojewski einmal "geprägte Freiheit" genannt hat? Wer seine Freiheit liebt, sollte daher allen Bemühungen der Nomenklatura Widerstand leisten, auf dem Weg der Bargeldabschaffung weiter voranzuschreiten. "Kenne niemanden, der die Absicht hat, Bargeld abzuschaffen", wie der deutsche Finanzminister Schäuble beteuert, klingt verdammt nach "Niemand hat die Absicht, eine Mauer zu errichten." Spätestens seit damals, es begab sich anno 1961, sollte jedermann endgültig klar sein, was Politikerworte wert sind.

Durch konsequenten Verzicht auf die Verwendung von Plastikgeld hat jeder einzelne es in der Hand, den bargeldfeindlichen Bemühungen des Leviathans entgegenzuarbeiten.

Andreas Tögel, Jahrgang 1957, ist Kaufmann in Wien.

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