Der Anschlag der Gemeinde Wien auf das einmalige Ensemble am Steinhof

Es gibt sakrosankte Orte, wie die ehemalige Landes-, Heil- und Pflegeanstalt für Geistes- und Nervenkranke „Am Steinhof“ – heute unter Otto-Wagner-Spital (OWS) bekannt – welche ihrer Bestimmung nicht beraubt werden dürfen. Die in sich geschlossene Harmonie der Architekten Carlo von Boog (1854-1905), aus dessen „Beamtenentwurf “ der „Künstlerentwurf“ Otto Wagners (1841-1918) und somit dessen Hauptwerk entstand, war als „Für die Ärmsten das Schönste“ gedacht.

In ihrem höchst interessanten Buch „Die Stadt außerhalb“ (Buch bei Amazon) beschreiben Caroline Jäger-Klein und Sabine Plakolm-Forsthuber penibel die Funktion der Architektur dieses einzigartigen Jugendstilensembles. Vor etwa zehn Jahren wurde bekannt, dass die Gemeinde Wien am OWS-Ostareal Neubauten für Wohnzwecke errichten will. Als Reaktion darauf formierte sich sehr bald die engagierte Bürgerinitiative „Steinhof erhalten“.

Aus Sorge um das Areal folgten etliche, aufgrund des massiven politischen Widerstands erfolglose Aktivitäten. Bis jetzt konnte man verzögern. Mittlerweile ist das Bauvorhaben schon sehr weit gediehen und es ist zu befürchten, dass demnächst die ersten uralten 90 Baumriesen gefällt werden. Am Montag, den 6.2, sollen die Kettensägen aktiv werden. Der Termin könnte stimmen, weil in Wien die Semesterferien beginnen und Gegner mit ihren Kindern nicht in der Stadt sind.

Waren die Grünen zu Beginn gegen Neubauten und für das Weltkulturerbe, so änderte sich diese Einstellung sobald sie in die Stadtregierung einzogen waren. Die Lage ist sehr ernst.

Auf der sorgfältig geführten Homepage der Bürgerinitiative sind alle Details gesammelt. Hier ein kleiner Auszug des Engagements pro Steinhof: 

  • Auftrag der Bürgerinitiative an Alliance For Nature für eine „Vergleichs- und Machbarkeitsstudie“, ob das Areal „Am Steinhof“ samt Otto-Wagner-Kirche die Voraussetzungen erfülle, in das UNESCO-Weltkulturerbe aufgenommen zu werden. Ergebnis: Es entspricht in vier wichtigen Punkten. Nachzulesen in Christian Schuhböcks lesenswertem Buch „Otto-Wagner-Spital „Am Steinhof“.
    Vizebürgermeisterin Vassilakou, der die Studie offiziell übergeben wurde, zeigte sich     unbeeindruckt. Offensichtlich kann sie als Griechin den Wert unserer Kunstschätze nicht einordnen.
  • Unterschriftenlisten mit ca. 80.000 Unterstützern.
  • DREI Wiener Petitionen mit ca. 20.000 Unterschriften – alle von der rot-grünen Mehrheit im Wiener Petitionsausschuss abgeschmettert. 
  • Avaaz-Petition Weltkulturerbe ca. 6300 internationale Unterstützungen, abgelehnt.
  • Fragwürdige Mediation, deren Ergebnis abschließend zugunsten der Stadtregierung ausgelegt wurde. Bezahlte Vertreter der Stadtregierung und ein Mediator saßen unbezahlten Leuten der Bürgerinitiative gegenüber.        
  • Baumpatenaktion mit Teilnehmern aus allen Bevölkerungskreisen, Prominenten und Politikern der Opposition, bei der symbolisch Bäume adoptiert wurden.
  • Meine Privatinitiative: Briefe an Mechtild Rössler, UNESCO-Chefin und Gaja Jungeblodt, Direktorin des internationalen Sekretariats von ICOMOS, beide Paris. Prompte positive Reaktionen.

Der Verein Initiative Denkmalschutz und Aktion 21 sind weitere wichtige Vertreter, die sich für das OWS-Steinhof, engagieren. Alle Unterstützer aufzuzählen, würde den Rahmen sprengen.

Das Ergebnis dieser Bemühungen, allen voran immer die Initiative Steinhof, löste im Dezember 2015 den „Heritage Alert“ aus. Bürgermeister Häupl und Vassilakou bekamen von ICOMOS Austria/International an sie persönlich gerichtete Post. Häupl reagierte mit vornehmem Schweigen. Vassilakou beschönigte, was ihr bei ICOMOS jedoch nichts half.

Die Stadt Wien hat aktuell die Mehrheit und spielt diese Macht skrupellos aus. Für die Planung dieses unerträglichen Neubauprojektes wurde bereits sehr viel Geld ausgegeben, dessen Herkunft zu hinterfragen ist. Die Art und Weise wie der KAV an VAMED verkaufte, ist eine Provokation für sich. Vor allem, weil der Preis weit unter dem ortsüblichen Niveau lag. Aufgrund massiver Proteste wurde nichts mehr privatisiert. Das verbessert die Sache nicht, weil Rot-Grün nach Belieben gegen den Wunsch der Bevölkerung agiert.

Die Minirochade bei der SPÖ verheißt für das OWS nichts Gutes. Angeblich gibt es bereits einen konkreten Plan, den KAV auszugliedern. Dann ist die Möglichkeit, über den Gemeinderat einzuwirken genauso vorbei wie nach dem Verkauf eines Teils des Areals an VAMED. Was dort geschehen ist, gleicht einem Skandal. Vor allem wie mit der denkmalgeschützten Steinhofmauer umgegangen worden ist. Das Bundesdenkmalamt erklärt sich für nicht zuständig und schaut weg. Ähnliches wird mit dem verfallenden Pavillon 8 geschehen. Der steht einer direkten Zufahrt vom Osten her im Weg. Ist er nicht mehr sanierbar, fällt er aus dem Denkmalschutz heraus. Das ist offensichtlich geplant.

Eine Stadt wie Wien sollte aus Prestigegründen in der Lage sein, das OWS-Steinhof trotz des Wiener Spitalskonzepts 2030 als saniertes Krankenhaus weiterzuführen. Noch dazu wo die Orthopädie EU-weit als vorbildlich bekannt ist und der Pavillon Severin – der noch verbliebene Rest der abgesiedelten Pulmologie – gerade fertig saniert wurde. Selbst da kritisierte der Rechnungshof kürzlich etliche Mängel.

Das Zerschlagen der im Pavillon 23 untergebrachten Forensik, weil die GESIBA dort Luxusappartements errichten will, können nur Ahnungslose oder Abgebrühte wollen. Gepflegt wohnen, wo davor psychisch kranke Kriminelle untergebracht waren?

Warum werden die bereits leeren Pavillons nicht für eine Kinder-Reha, die Wien dringend benötigt, Geriatrie oder Hospiz- und Palliativeinrichtung adaptiert? Auch die im Hörndlwald geplante Burn-out-Klinik hätte hier einen idealen Platz. Der Hörndlwald bliebe unangetastet.

Ein in sich schlüssiges Nachnutzungskonzept, das BM Häupl für 2016 versprochen hatte, gibt es meines Wissens nicht.

Welcher Ort kann für ein Krankenhaus schöner sein als der Steinhof? Die beiden Gründerväter Carlo von Boog und Otto Wagner wählten mit Bedacht den richtigen.

Rot-Grün geht es nur um Geld und Macht. Eine andere Option gibt es nicht. Das wurde am 26.1.2017 im Gemeinderat bei der Abstimmung über den Antrag für einen sofortigen Planungs- und Baustopp – Sanierungsmaßnahmen ausgenommen – mit einem Musterbeispiel an widerwärtiger Machtdemonstration gezeigt.

Für diese ignoranten, selbstgefälligen Leute sind Anstand und Kulturverständnis keine Begriffe. Sie wollen für sich und ihresgleichen Profit schlagen und gepflegt wohnen. Was macht das schon, wenn am Steinhof, dem ehemaligen Spiegelgrund, unschuldige Kinder qualvoll gestorben sind und deren Überreste bis zu Beginn von 2000 in der Prosektur gelagert waren, um dann erst am Wiener Zentralfriedhof bestattet zu werden? Ist doch egal, ob danach viele kranke, zum Teil unglückliche Menschen im Krankenhaus eine schlimme Zeit ihres Lebens verbracht hatten und vielleicht gestorben sind? Das ist alles Geschichte.

Sozial hat ausgedient, denn nun will die linke Schickeria auf einem der teuersten Gemeindegründe gepflegt wohnen. GESIBA möchte schon mit den „Türmchen“ begonnen haben und einige der umliegenden Pavillons zu Appartements umbauen.

Genau das gilt es zu verhindern. Nur kümmern sich zu wenig einflussreiche Leute darum. Bei jenen Institutionen, die etwas bewirken könnten, stößt man auf taube Ohren, weil sie um ihre Subventionen bangen. Unter der Überschrift „Reden ist Silber, Schweigen ist Gold“ wird das auf der Homepage der Initiative Steinhof-erhalten www.steinhof-erhalten.at thematisiert. Diese Organisationen verlangen aber gleichzeitig, dass man ihnen Vertrauen entgegenbringt, wenn sie berechtigt oder vielleicht auch nicht, ihre Probleme aufzeigen. Wie ehrlich sind Gedenkveranstaltungen und eine Dauerausstellung am OWS-Areal, wenn man aus Gier drauf und dran ist, die Einheit innerhalb der Steinhofmauer zu zerstören?  

Ärzte und Pflegepersonal des OWS bekamen den Auftrag, zu den Vorgängen zu schweigen.

Ulrike Schmid war viele Jahre BHS-Lehrerin für kaufmännische Fächer

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