Seid vorsichtig mit dem Wort Nazi

Ich war mein ganzes Leben als Oberstufenschüler politisch interessiert, einer Partei ordnete ich mich nicht zu. Für einen Erstwähler war die Auswahl zu groß und das Gefühl der guten Repräsentation zu gering. Mit dem Jahr 2016 weckte der Wahlkampf für die Bundespräsidentenwahl in mir den Willen nach stärkerer Nachforschung. Obwohl ich anfangs nicht wusste, wen ich wählen möchte, lehnte ich den FPÖ-Kandidaten vorschnell ab. Grund dafür: vier Jahre Oberstufe.

Als Schüler einer AHS gerät man früher oder später in die Fänge des Aberglaubens, dass FPÖ-Unterstützer der unteren Bildungsschicht angehörten, zu faul seien, um selbstständig zu denken, und dass kritisch denkende Menschen nicht blau wählten.

Zu meinem Vorteil hatte ich zwei Professoren, die maßgeblich an der Ausbildung meines kritischen, eigenständigen Denkens beteiligt waren. Sie pflegten tatsächlich die unter Lehrern geltende, aber leider unzureichend ernstgenommene Pflicht der neutralen Informationsvermittlung zu wahren.

Hiermit kommen wir zum ersten Wahlgang:

Stunde um Stunde wandte ich auf, um mir die tatsächlichen Begegnungen und Interviews in voller Länge anzusehen, um der Manipulation durch geschickte Schnitte zu entgehen.

Nach meinen Recherchen und meiner eigenen Einschätzung kam ich zur Entscheidung, meine Stimme Ing. Norbert Hofer zu geben. Damit war ich bundesweit nicht alleine. Circa 35 Prozent der Wähler taten das, was ich getan habe.

Dann kam der Montag nach dem ersten Wahlgang und damit meine erste große Enttäuschung. Es wurde über die Wahl gescherzt, schockiert diskutiert und die Stimmverteilung untereinander verglichen. Die meisten Scherze richteten sich, fast schon traditionell, gegen den FPÖ-Kandidaten. Hofer-Wähler sprachen sich keine aus, doch eines war klar: Ich war in der Schule sicher nicht der Einzige.

Von dieser Überzeugung beflügelt, sprach ich mich ehrlich für meine Wahl aus. Weitere Hofer-Wähler taten es mir nicht gleich, doch ihr Schweigen war lauter, als es eine Stimme je sein könnte. Keine fünf Sekunden dauerte es, bis ich mich wie im Kreuzverhör fühlen durfte. Den Abschluss dieses verbalen Anschlags bildete die Aussage einer Person, die ich aus Respekt nicht beim Namen nenne: „Ich verachte dich für diese Entscheidung.“ Das wurde mit bevormundender Bestimmtheit zum Ausdruck gebracht und hat in einem blockierenden Abwenden ihr Ende gefunden.

Auch bei der ersten Stichwahl wählte ich Norbert Hofer. Meine Gründe dafür waren zwei Gruppen zuzuordnen:

  1. Jene, die mich von Norbert Hofer überzeugten.
  2. Jene, die dazu führten, dass ich mich gegen Van der Bellen wandte.

Gegen VdB stimmten mich einige Unstimmigkeiten und logische Fehlschlüsse, die beide sowohl zu Unglaubwürdigkeit als auch zum Zweifel an seiner Qualifikation führten. Zum Beispiel:

  • In der TTIP Frage: Zunächst war er dafür; als die Mehrheit das ablehnte, war er dagegen. (Das Anpassen der eigenen Aussagen und Werte an die Mehrheit gilt übrigens als Populismus.)
  • VdB sagte klipp und klar, dass er der freiheitlichen Partei niemals den Auftrag der Regierungsbildung erteilen wird. Das bestätigt er regelmäßig in Interviews und Duellen. (Das widerspricht dem Gedanken der Demokratie.)
  • Den Wahlkampf begann er mit der Lüge, er wäre ein unabhängiger Kandidat.
  • Ursprünglich wollte er das Bundesheer abschaffen; nun bewirbt er sich als Oberbefehlshaber.

Ich könnte ewig so weitermachen, doch ich denke es ist klar, was ich versuche, damit aufzuzeigen.

Für Hofer war ich unter anderem aufgrund folgender Tatsachen:

  • Von Beginn an steht er geradlinig und stimmig zu seinen Werten. In der Psychologie nennt man diese Eigenschaft „kohärent“ und verwendet diese zur Beschreibung geeigneter Politiker oder Geschäftsführer.
  • Österreich entlastet die EU sowohl als Netto-Zahler als auch als Land mit einer sehr hohen Zahl von Flüchtlingen pro Kopf und hat sich deshalb ein Stück Autonomie verdient. Stattdessen beugte sich unsere Regierung mit einer „Ja und Amen“-Einstellung dem EU-Paternalismus, der scheinbar nicht das kollektive Verhalten in Krisenzeiten behandelt, jedoch mit eisernen Härte bei Grillhandschuhen vorgeht. Norbert Hofer steht für die verdiente Autonomie des österreichischen Volkes innerhalb der EU.
  • Weiters stellt er das Gegenmittel zur Passivität in der Regierung und der damit einhergehenden rot-schwarzen Politstagnation dar.

Ich könnte auch in diesem Fall mit Freude tagelang ausführen, doch ich denke man versteht meinen Punkt.

Dies soll keine Wahlwerbung darstellen. Viel zutreffender wäre das Wort „Rechtfertigung“. Die Wortwahl führt mich auch zu meinem eigentlichen Punkt. Diese Wahl ist nämlich nicht nur eine Spaltung des Volkes, sondern auch ein Armutszeugnis für die Gesellschaft. In einem Land in dem vermeintlich Meinungs- und politische Freiheit herrschen, fühle ich mich gezwungen, meine Ansicht und meine Wahl mit Rechtfertigungen unterstreichen zu müssen, um nicht 50 Prozent meines Freundeskreises zu verlieren, oder von Fremden als „Nazi“ bezeichnet zu werden.

An alle, die das lesen: Ich danke herzlich für euer Durchhaltevermögen. Es folgt nur noch ein letzter Punkt zum Nachdenken: „Wer im Glashaus sitzt, soll nicht mit Steinen werfen.“ Sagt man doch so schön, nicht wahr? Doch wer hält sich noch an diesen Vorsatz?

Was mir im Laufe des Wahlkampfes am meisten an die Nieren ging, war der unglaubliche Auswuchs an Unlogik, gepaart mit der medialen Reichweite, die diese umhertrug.

Bestes Beispiel: Die linksorientierten Wähler pachteten Moral und Toleranz für sich, beklagten sich über die Intoleranz der FPÖ, über Verallgemeinerungen und das Verwenden eines Sündenbocks. Nun legen wir einmal einAugenmerk darauf, was „Linke“ so machen:

Sie sind vermeintlich tolerant, jeder Mensch sei angeblich gleich viel wert und man behauptet, alles zu akzeptieren. AUSSER natürlich FPÖ-Wähler, denn die sind alle „zu faul, um nachzudenken,“ oder noch schlimmer: „Nazis“.

Ich bin mir zwar nicht sicher, denn ich bin ja ein dummer Hofer-Wähler, aber es scheint, als würden da die Linken einen Sündenbock haben, dem sie verallgemeinernd intolerant gegenübertreten... „Durchaus spannend“, hätte meine vielgeschätzte Deutsch-Professorin gesagt.

Die Pseudo-Toleranz hat sich bereits während des Wahlkampfes bestätigt: Waren es nicht bekannte VdB-Unterstützer, die gemeint haben: „es reicht nicht behindert zu sein“? Oder die Hofer sogar öffentlich das „Krüppel-Lied“ gewidmet haben?

Oder auch im privaten Bereich: „Ich verachte dich für deine Entscheidung.“ musste ich hören. Oft genug begann jemand eine Diskussion und wenn er dieser unterlag, folgten Untergriffigkeit und anschließendes Blockieren. Traurig musste ich feststellen, dass man meinem besten Freund riet, sich von mir zu distanzieren, damit dieser nicht „mit der FPÖ in Zusammenhang gebracht wird“. Und das alles nur, weil ich mich nicht durchs System vertreten fühle?

Nennt ihr das Toleranz? Ich werde nie das Wort „Gutmensch“ gebrauchen, denn solche Menschen sind nicht gut.

Im Anschluss kommt noch der Wert der Medien ins Spiel, der ist bei Null. Von neutralem Journalismus ist Österreich weit entfernt. Im Falle der Zeitungen gilt das für beide Seiten. Im Falle des öffentlich rechtlichen Fernsehens nicht, denn da gibt es nur eine Seite: Van der Bellen.

In welchem Interview würde ein anständiger Journalist jemals dreimal einen Kandidaten fragen, ob er ein Nazi ist? Die Medien sind fast schon als „gleichgeschaltet“ zu bezeichnen. Das gilt leider auch für Betriebe und Schulen.

Allgemein wird das Wort „Nazi“ viel zu leichtfertig verwendet. Ich musste das schon mehrmals hören und es belastet mich sehr. Denn ich denke, Personen, die dieses Wort verwenden, sind sich nicht im Klaren darüber, was das bedeutet. Ich stehe mit meiner Stimme nicht gegen ein globales Kollektiv an Ausländern. Ich unterstütze keine Ideologie, die in einem kranken Wahn mit der gesamten Welt den Krieg sucht. Ich unterstütze nicht das gezielte Töten von Millionen von Menschen. Ich bin sicher KEIN Nazi.

Blickt man aber auf die Methoden des herrschenden Systems wird man mit einer schrecklichen Tatsache konfrontiert:

  1. Medien, Schulen und Betriebe wirken wie gleichgeschaltet (stehen unter Kontrolle der herrschenden Parteien).
  2. Medien und Schulen werden verwendet, um das Volk zu großen Teilen von der stärksten Oppositionspartei fern zu halten oder um von politischen Problemen abzulenken. Betriebe werden verwendet, um Erwachsene mit der Angst vor Arbeitslosigkeit bei einer Partei zu halten oder politische Gegenwerbung zu unterbinden.
  3. Man unterdrückt die Stimme der Gegenbewegung, indem man propagandistisch Angst schürt und Ablehnung erzeugt, und genau diese Punkte der Gegenbewegung zuschreibt.
  4. Man sieht lieber einen kommunistischen Demokratie-Verweigerer, der die Regierung in Schutz nimmt, an der Spitze als einen, der das Volk schützt.
  5. Wahlen werden manipuliert.
  6. Staatsbürger, die politisch anders eingestellt sind, werden systematisch als dumm und nicht-ernstzunehmend dargestellt.

Die linken Protestierer, die Nazi-Schimpftiraden und das System, das VdB unterstützt – all das hat mehr mit einem autoritären Staatssystem zu tun als die Werte, die Hofer vertritt.

Darum mein Appell:

  1. Kritisches Denken bedeutet eigene Meinungsbildung, das geschieht nicht auf Facebook, nicht in der Zeitung, nicht im TV. Das ist eine Arbeit, die einem niemand abnehmen kann, doch sie ist wichtig.
  2. Seid vorsichtig mit dem Wort Nazi.
  3. Zeigt WIRKLICHE Toleranz, indem ihr Menschen als Menschen und nicht als Nazi oder Gutmensch seht. Denn sonst wird Österreich, egal wer diese Wahl gewinnt, am Ende sein. Sogar eine umstrittene Person wie Trump sagte nach seinem Wahlsieg: „Die Wahl und der Kampf sind vorbei. Nun ist es an der Zeit dass wir ALLE, egal welcher Partei wir angehören, zusammenhalten.“

Elias Schuch stammt aus Niederösterreich und geht nach der Matura einer Spezialausbildung nach.

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