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Politische Plattenverschiebung

Sie hat schon vor Trump begonnen. Die Plattenverschiebung in der westlichen Politik. Die Empörung über die abgehobenen Eliten steigert sich kontinuierlich zu einem Aufstand, der mit dem Außenseitersieg Trumps nun einen weiteren heftigen Ruck erhalten hat. Was der Polit-Neuling zuwege bringt, welche Wahlversprechen er gewillt ist einzulösen und ob seine sanften, fast demütigen Signale nach dem Triumph realpolitische Kompromissbereitschaft vorwegnehmen, wird sich weisen. Der Zusammenbruch des Clintons-Clans ist ein transatlantischer Mahnruf, der eine globale Bewegung, ein politisches Phänomen markiert, das die alten Machtmechanismen aufbricht und neu ordnet. 

Ein richtungsweisender, frischer Wind weht durch den etablierten Politikbetrieb. Zeitgleich versprüht der Trump-Erfolg eine befreiende Wirkung, der eines klarstellt: Macht ist nicht dauerhaft im Besitz derer, die sich momentan in der Machtposition wähnen. Sie gehört dem Wahlvolk, das sich, siehe Brexit und US-Präsidentschaftswahl, als mündig genug erweist, um trotz Belehrungsversuchen und Drohszenarien ein eigenständiges Urteil zu bilden. Die Machtstruktur der Eliten ist verkalkt, ihr Besitzanspruch hat sich verselbstständigt, ihre Ignoranz erweist sich als maßlos und ihr politisches Programm als egoistisch und ideologisch obsolet. Alternative, sich immer stärker formierende politische Bewegungen werden pauschal mit Kampfrhetorik überschüttet, strikt dem altbewährten Leitspruch folgend: Links ist gut und rechts ist böse. 

Die Nachwehen des Bebens, das die gewohnten Verhältnisse in den USA so unverhofft über den Haufen geworfen hat, werden auch europaweit zu politischer Plattentektonik führen, selbst wenn sich die Alteingesessenen noch an ihre Macht klammern. An dieser Stelle muss man kurz innehalten und sich fragen, ob die Gefallenen und jene, die im Begriff sind zu fallen, geläutert aus den Ruinen ihrer Politik heraussteigen und die Lektionen begreifen werden.

Momentan spricht alles dagegen. Getrieben von dogmatisch verklärter Ideologie und moralischer Oberhoheit strampeln die Mächtigen mit aller Kraft und versuchen sich aus ihrem selbstverschuldeten Schlamassel herauszuwinden, die verbliebenen Pfründen zu retten. Auch Merkels von einstudierten Gesten der Zuversicht durchsetzte Ankündigung, 2017 erneut als Kanzlerin zu kandidieren, kann nicht darüber hinwegtäuschen, dass auch sie sich auf dem Rückzug befindet. Die Unzufriedenen werden dem Supremat, eher früher als später, die Grenzen der Überheblichkeit aufzeigen. 

Die Regierenden Österreichs agieren ähnlich nostalgisch und hoffen aufgrund drohender Machteinbußen gegenwärtig auf Lebensverlängerungsmaßnahmen durch einen Grünen als Bundespräsidenten. Ein eindrucksvolles Beispiel für diese Art von politischer Totalverblendung gab kürzlich SPÖ-Klubobmann Schieder. Bei der Frage, welche Lehren er aus der US-Wahl ziehe, meint Schieder eine polarisierte Gesellschaft zu erkennen, die sich von Emotionen leiten ließe, statt sich den Zukunftsthemen anzunehmen. Wieder ein klarer Fall von: Das Stimmvolk hat falsch gewählt, etwa 60 Millionen amerikanische Wähler waren somit dumm genug, um für Trump zu stimmen. Als moralisch ganz oben Stehender sieht Schieder auch keinen Grund zur Beunruhigung. Auswirkungen wird die amerikanische Präsidentenwahl seiner Meinung nach keine auf die heimische Politik haben. Noch spielt auch er auf Zeit. 

Aber schon die nächsten Wahlen werden zeigen, dass der Sieg von Trump verwandte politische Bewegungen in ganz Europa mit zusätzlichem Auftrieb ausgestattet hat. Die von der Elite als politische Außenseiter belächelten Parteien werden schon 2017 das Gesicht der Europäischen Union nachhaltig verändern. 

Mag. Jürgen Pock hat Germanistik und Rechtswissenschaften an der Karl-Franzens-Universität Graz studiert. Redakteur bei „Grazer Woche“ und „Kleine Zeitung“. Pressearbeit Red Bull GmbH. Aktuell Pressesprecher, Kommunikationsexperte und Polit-Blogger.

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