Irgendwo bin ich ein unverbesserlicher Optimist und Naivling. Als ich meine Ausbildung zum Zahnklempner machte, habe ich erkannt, dass ich in wenigen Bereichen nicht sattelfest genug war und habe routinierte Profis gefragt, ob ich in meiner Freizeit zuschauen dürfte. Ich habe aber nicht aus der Entfernung zugeschaut, sondern den Platz eingenommen, den früher in ihrem erlernten Beruf als zahnärztliche Assistentin die jetzige Nummer zwei im Staat, eine gewisse Frau Bures, innehatte.
Nahe am Geschehen: Speichel absaugen, Instrumente herrichten, Amalgam reichen, usw. (zur politisch Karriere hat es bei mir nicht gereicht, da ich wahrscheinlich als praktischer Arzt, Notarzt und Zahnarzt überqualifiziert war). Nun konnte ich aus nächster Nähe beobachten, wie z.B. perfekte Wurzelbehandlungen gemacht werden. Natürlich muss man die Größe haben, zuzugestehen, dass man kein Gott in Weiß ist, sondern ein ständig Lernender. Dazu bedarf es einer gewissen Intelligenz. Deshalb bin ich zu meinen Assistentinnen so nett: Vielleicht wird die eine Bundespräsidentin und die andere Ministerin – qualifiziert sind sie beide wie Frau Bures.
Und die vermisse ich in unserer politischen Landschaft – nicht Bures, sondern die Intelligenz. Ich weiß, man kann nicht alles wissen, aber es ist keine Schande, wenn ich mir zum Beispiel anschaue, wie andere Länder an gewisse Probleme herangehen, die wir auch haben.
In der Steinzeit der Telefonie habe ich mich etwa gewundert, dass in den USA in allen Häusern automatisch Steckdosen für Telefone installiert waren. Ist man dann in eine der Wohnungen eingezogen, musste man nur mehr zur Post gehen, das Telefon einpacken, daheim anstecken und dem Telefonieren stand nichts mehr im Wege.
Bei uns war es damals und noch lange danach üblich, den Bautrupp der Post anzurufen und einen Termin auszumachen. Ich als Arzt hatte das Glück, ohne Schmiergeld den Anschluss in kürzester Zeit zu bekommen, andere jedoch mussten monatelang warten, wenn sie nicht willens waren, etwas Geld springen zu lassen, um das Prozedere zu beschleunigen. Da wäre Nachahmung für alle von Vorteil gewesen – außer für den Chef des Bautrupps. Der wäre um sein Körberlgeld umgefallen.
Immigrationspolitik
Aber jetzt zur Gegenwart. Die Fehler unserer Bundesregierung will ich gar nicht aufzählen, da es einen Umfang an Seiten hätte wie Tolstois „Krieg und Frieden“, aber es gibt viele Verbesserungsvorschläge und man könnte jemandem etwas abschauen.
Da fielen mir die USA, Kanada, Australien und Singapur ein, die alle nach dem Motto „Qualität vor Quantität“ vorgehen. Also das Gegenteil von Österreich. Nicht umsonst schrieb die Zürcher Zeitung am 1.1.2015 folgendes:
„So steigt trotz wachsender Beschäftigung die Zahl der Arbeitslosen, wobei einem verfestigten Sockel an wenig bzw. unqualifizierten Arbeitslosen ein immer größerer Mangel an Facharbeitern gegenübersteht. Dazu kommt die verheerende Migrationsbilanz. Während Facharbeiter einen Bogen um das Land machen, gilt Österreich bei ungelernten Arbeitskräften als erste Adresse.
Schlimmer noch ist der Braindrain vor allem von Uni-Absolventen. Selbst von den ausländischen Studenten in Österreich bleiben nach Abschluss nur 17 Prozent im Land. Begründet wird diese Fluchtbewegung aus Österreich mit fehlender Finanzierung, geringen Karrierechancen sowie unzureichenden rechtlichen und steuerlichen Rahmenbedingungen.”
Der Migrationswillige hat die Sprache des jeweiligen Landes zu lernen, und zwar ganz ohne Alimentierung durch das Gastland. Kinder müssen innerhalb eines Jahres die Sprache gut genug erlernen, um dem Unterricht folgen zu können – andernfalls bye, bye. Immigranten, die kriminell werden, werden, wenn ein gewisses Strafausmaß überschritten wird, abgeschoben.
Taugt mir.
Einen Aufenthaltstitel bekommt nur derjenige, dessen Qualifikation in einem der Länder benötigt wird. Oder man hat genug Kohle, um dem Staat finanziell nie zur Last zu fallen.
Staatsbürgerschaften werden selektiv, und nicht inflationär vergeben. Außerdem muss man einige Zeit warten, bis man den Pass bekommt.
Asylverfahren für Menschen aus dem Kosovo, Serbien oder Bosnien-Herzegowina dürften maximal eine einzige Minute dauern, da dies zwar arme, aber sichere Länder sind.
Negativ beschiedene Asylverfahren müssten auch konsequent exekutiert werden und nicht wie in Deutschland, wo 80 Prozent aller Menschen, deren Verfahren negativ ausgingen, weiterhin im Land verbleiben – konsequenzlos.
Schulsystem
Im Gegensatz zu Österreich, wo alles versucht wird, das Schulsystem nach unten zu nivellieren, versuchen die von mir angeführten Länder, das Schulsystem nach oben zu steigern und es hat niemand ein Problem, dass von intellektuellen Eliten gesprochen wird. Stelle einer sich vor, man spricht in unserem Land von Eliten – na bumm, die Keulen kämen geflogen und gleichzeitig natürlich der Vorwurf, sich als erhaben, elitär zu sehen. Und jetzt frage ich: was ist schlecht an Eliten?
Ein passendes Erlebnis hatte ich mit 19, als ich in den Sommermonaten in Deutschland bei der Lufthansa arbeitete, um etwas Geld für mich zu haben.
Ich hatte ein Untermietzimmer im Hause eines Elektrikermeisters in den Opelwerken. Zu dieser Zeit wurde Herr Opel medial etwas attackiert, hat er doch seinen Privatzoo um etliches Geld erweitert. Es waren 200.000 DM, für alle Jungen unter den Lesern: 100.000 €. Auf meine Frage, wie er dazu stünde, antwortete mir der Elektromeister, dass er sich wünsche, dass Herr Opel noch mehrere Privatzoos kaufe. Denn das ließe den Rückschluss zu, dass es ihm mehr als gut geht, der Firma sowieso und sein Job als Elektromeister gesichert sei.
Genau diese Denkart ist in den letzten Jahrzehnten abhandengekommen, wo der Unternehmer von Gewerkschaften, Arbeiterkammer, usw. sowieso als das größte ausbeuterische, unmenschliche Arschloch dargestellt wird. Sollen doch alle froh sein, dass es Unternehmer gibt, die so viele Menschen beschäftigen und ihnen ein würdiges Leben abseits der Arbeitslosigkeit ermöglichen.
Nein, das Gegenteil wird propagiert. Erbärmlich. Das passt aber halt einmal zur österreichischen Neid- und Missgunstgesellschaft.
Kurze Zeit später in New York: Party, und ich bekam so viele Kreditkarten wie noch nie in meinem Leben zu sehen. Und jeder beteuerte, dass er seinem Chef nacheifere, der ebenfalls viele Kreditkarten hat, aber nicht in Grün, sondern in Gold und Platin. Leistungsdenken – un-österreichisch halt.
Beamtenwesen
Bei uns hocken einfach zu viele – fachlich und sozial – zum Teil Unqualifizierte in irgendwelchen Amtsstuben und leben vom Staat, sprich von unseren Steuergeldern. Da viele nur mäßig qualifiziert sind, ist die Leistung dementsprechend, und auch die Honorierung mäßig.
Singapur z.B. nimmt für den Staatsdienst zwar nur wenige, aber die besten Leute und bezahlt sie sehr gut. Nur sind diese Beamten wirkliche Staatsdiener, höflich und nicht korrupt und bestechlich. Denn in diesem Stadtstaat sitzt ein Beamter, sollte er so blöd sein sich bestechen zu lassen, blitzartig im Häfen und verliert sämtliche weitere Alimentierung durch den Staat.
Dazu ein kleines Beispiel, das ich erlebte, als ich den schwerreichen Onkel meiner Frau ins Finanzministerium in Singapur begleitete. Er hatte einen Termin und an der Rezeption saß ein junger, sehr gepflegter Chinese und fragte nach dem Begehr von Onkel Bobby. Was in einer österreichischen Büroburg unvorstellbar wäre: Der junge Mann stand auf, als er Onkel Bobby nach seinen Wünschen fragte. Danach bat er uns, Platz zu nehmen, telefonierte, und kurze Zeit darauf kam ein anderer Beamte zu uns, holte uns persönlich ab und geleitete uns in sein Büro. Erst wurden uns Getränke angeboten und danach wurde das Geschäftliche erledigt. Am Ende geleitete uns der Beamte wieder zum Ausgang und der Rezeptionist verabschiedete sich auch von uns, indem er wieder aufstand.
Onkel Bobby ist stolz, Bürger von Singapur zu sein, sein Sohn Lee ebenfalls, und das trotz der zweijährigen Militärzeit, die man gerne für sein Land leistet. Er zahlt gerne seine Steuern. Erstens werden diese Gelder sinnvoll investiert, und zweitens versickert kein Geld in dunkle Kanäle. Und wenn doch, dann mit fürchterlichen Konsequenzen für die Täter. Außerdem wird der Steuerzahler als das gesehen, was er ist – nämlich als Erhalter des Systems, und es wird ihm der nötige Respekt entgegengebracht.
Und jetzt stelle man sich selbiges in Österreich vor:
Steuerzahler (SZ) grüßt.
Rezeptionist (RZ): „Wos woins?“ oder „jo?“
SZ: „Ich habe einen Termin mit dem Herrn Amtsdirektor Pospischil.“
RZ.: „Woatns a bissl, i muas erst schaun, wo der sitzt.“
Blättert, blättert: „I find eam net.“
SZ: „Ich weiß aber, dass er hier in diesem Gebäude arbeitet“.
RZ: „A joh, do hob i eam eh. Gengans in ersten Sock, Zimmer 156.“
SZ: „Danke.“
RZ: Schweigen im Walde, und schon wieder vertieft in die Sportseite der Zeitung „Österreich“, dem Zentralorgan für Halb- und Vollidioten.
Werner Stockinger ist ein 60-jähriger selbständiger Zahnarzt, der früher neben seiner Tätigkeit an der Zahnklinik auch als Allgemeinmediziner und als Notarzt in Wien gearbeitet hat.