Wozu Unterhaltungssendungen gut sind!

Wenn mich ein Thema interessiert, dann schau ich mir gelegentlich auf SWR die Sendung „Nachtcafe“ an. Dieses Mal war es der Fall, weil das Thema „Dialekt – charmant oder scheußlich“ mir sehr am Herzen liegt und die Gästeliste interessant war.

Zur Sendung war aus Österreich Dr. Klaus Albrecht Schröder, Direktor der Albertina, Wien, angekündigt. Das hat mich schon etwas verwundert, denn mir war immer aufgefallen, dass er ein besonders gewähltes, etwas gespreiztes Deutsch (wie wir in Oberösterreich sagen) spricht. Ich habe mich mit der persönlichen Geschichte des Dr. Schröder nie beschäftigt, mir war er nur als erfolgreicher Museumsmacher aufgefallen. Irgendwann habe ich zwar einmal gelesen, dass er aus Oberösterreich stammt, aber das war es auch schon.

Was ich aber dann gehört und gesehen habe hat mich, gelinde gesagt, sehr verwundert.

Wenn ein gebildeter Mensch wie Dr. Klaus Albrecht Schröder erklärt, er habe sich deswegen seinen oberösterreichischen Dialekt abgewöhnt, weil er sich vor der Landeshymne geekelt habe, dann frage ich mich, wie tickt der eigentlich? Er meinte, in einer Sprache, die so korrumpiert sei, könne er nicht sprechen. Was heißt das eigentlich, eine Sprache korrumpieren? Was und wen er gemeint hat, kam ja irgendwie heraus, aber auch, dass gerade A.H. nicht seinen oberösterreichischen Heimatdialekt gesprochen hat. Schröder konnte oder wollte auch nicht einen Satz im oberösterreichischen Dialekt zum Besten geben, weil er meinte, er könne das nicht und das passt nicht zu ihm, er könne das bestenfalls nur nachmachen.

Offenbar ist er ausgestattet mit einer riesigen Portion Minderwertigkeitskomplexen nach Wien gegangen, weil wenn man heimlich am Klo üben muss, seinen Dialekt abzutrainieren, dann passt etwas nicht. Offenbar war der Drang „dazuzugehören“ so groß, dass er alles vergessen hat, was Heimat bedeutet. In „Heimat“ kann man allerhand hineininterpretieren, aber sie ist das, was sie ist. Heimat ist die Sprache, die Landschaft, das Essen, die Kleidung, die Bräuche und der Menschenschlag.

Sicher, man kann mit dem Wort Heimat viel verbinden, so wie man die heimatliche Tracht auch verteufeln kann, weil es Zeiten gab, die man heute am liebsten vergisst.

Persönlich fühle ich mich jetzt von Herrn Schröder diskriminiert. Dialekt zu sprechen bedeutet doch nicht automatisch, dass man dumm ist, oder?

Ich kann mich sehr gut auf Hochdeutsch ausdrücken. Aber, und dazu stehe ich, je emotionaler ich werde, umso heimatlicher wird die Klangfarbe meiner Sprache. Auch und gerade im Ausland. Ich habe viele Jahre nicht in meiner Heimat gelebt und meine deutschen Gäste haben es immer besonders charmant gefunden, dass meine Sprache wieder ins Heimatliche abgeglitten ist, wenn ich ihnen z. B. erklärt habe, dass auf Mallorca nicht ihre Claudia Schiffer der erste prominente Gast war, weil unsere Sissi war früher da. Die hat schon den dicken Luigi, den Erzherzog Ludwig Salvator, besucht (den ersten Grünen der Insel – er hat das Abholzen verhindert).

Und mit dem Dialekt beschäftige ich mich heute noch etwas intensiver. Ich habe immer gemeint, ich würde jedes oberösterreichische Wort verstehen. Mitnichten. Seit ich meinen Wohnsitz im Salzkammergut habe, komme ich drauf, dass der Menschenschlag hier sehr selbstbewusst mit „Heimat“ umgeht. Da sind die Trachten keine Verkleidung und der Dialekt eine selbst-verständliche Sprache. Es gibt auch noch viele Worte, die in der Alltagssprache verwendet werden, die man aber hinterfragen muss, wenn man nicht hier geboren und/oder aufgewachsen ist (kinzn, trüffin z. B.).

Aber sind die Salzkammergütler deswegen dümmer als die anderen Österreicher? Ich meine doch nicht!

Ingrid Bittner hat ursprünglich in Steyr gelebt, dann im westlichen Ennstal und jetzt in Bad Ischl. Sie hat lange im Ausland gelebt, hat im Tourismus, dem Notariat ihres Mannes und als Laienrichter gearbeitet. Sie ist auch kommunalpolitisch tätig gewesen.

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