Mit der Enzyklika „Lumen fidei“, die Benedikt XVI. verfasst und Papst Franziskus promulgiert hat, wird uns die ungeheure, alles verwandelnde Kraft des Glaubens vor Augen gestellt. Der Glaube eröffnet uns einen ganz neuen Blick auf alle Dinge, auf das, was uns umgibt und mit dem wir umgehen. Im Licht des Glaubens erkennen wir das Wesen der Dinge, ihre Bezogenheit auf den Schöpfer, ihre „Transzendenz“. „Wer glaubt, sieht". Er sieht die Welt wie sie vor Gott ist. Ihm „lichtet“ sich das Sein. Er begreift den Sinn des Daseins. Das lässt ihm Flügel wachsen auf dem Weg durchs Leben (n. 7).
Woher kommt unser Glaube? Er kommt vom Hören. Fides ex auditu (n.29). Wir hören den Ruf Gottes. Er tönt in den Ohren des Herzens. Seit alters her. Das Hören der Stimme Gottes gehört zu den Grunderfahrungen des Menschseins (n.8). Um die Stimme Gottes zu hören, müssen wir unser Herz öffnen. Glaube beruht auf dem Wort, das der uns liebende Gott an uns richtet.
Der religiöse Mensch versucht die Zeichen Gottes von Anfang an im Kreislauf der Jahreszeiten, in der Fruchtbarkeit der Erde und in der ganzen Bewegung des Kosmos zu erkennen. Den Sterndeutern zeigt der Stern den Weg nach Bethlehem. Wer sich aufmacht, Gutes zu suchen, nähert sich bereits Gott (n.35).
Alle Linien des Glaubens laufen auf Christus zu (n. 8). Es gibt keinen Weg des Menschen zu Gott, der vom Licht Christi „nicht aufgenommen, erleuchtet und geläutert werden könnte“ (n. 35). Im Lichtkegel Christi lernen Christ und Kirche, die verschiedenen Wege der Menschen zu Gott zu verstehen und zu begleiten. Es gehört zum Vermögen des christlichen Glaubens, „alles in sich zu assimilieren, was sie in den verschiedenen Bereichen, wo sie hinlangt, und in den verschiedenen Kulturen, denen sie begegnet, vorfindet“ (n.48).
Glaube ist Verheißung, Glaube an den verheißenden und verlässlichen Gott, der treu ist, in dem er gewährt, was er dem Menschen versprochen hat (n. 10).
Dem Volk Israel verspricht er, es aus dem Elend zu befreien und in ein heiliges Land zu führen. In seinem Hang, sich Götzen zu unterwerfen, muss Israel immer wieder zum Herrn finden, um seinen Weg durch die Geschichte zu gehen. Damit Israel, das immer wieder seinen Bund bricht und von Gott abfällt (n.13), gerettet werde, opfert Gott zuletzt seinen Sohn. Dieses Opfer „ist der vollkommene Erweis der Verlässlichkeit Gottes“ (n.15), äußerster Erweis seiner Liebe (n.16).
Der Neue Bund, den Christus vor seinem Tod gründet und mit seinem Tod besiegelt, erstreckt sich auf die ganze Menschheit. Christus „wird das Ja zu allen Verheißungen, das Fundament unseres abschließenden Amen zu Gott.“ Was Gott uns in Jesus zuspricht, ist nicht ein weiteres Wort unter vielen anderen, sondern sein ewiges Wort (vgl. Hebr 1, 1-2). Der Glaube begreift in der in Jesus offenbarten Liebe Gottes das Fundament, auf dem die Wirklichkeit und ihre letzte Bestimmung gründen (n.15).
Das gilt auch für die Gesellschaft, die polis, die „Stadt“, die Gott für uns bereitet (Hebr 11, 16). Gott ist ihr Ursprung und ihre Bestimmung. „Der verlässliche Gott schenkt den Menschen eine verlässliche Stadt“, in der die Menschen Gerechtigkeit, Recht und Frieden finden. (n. 50f). Der Glaube „bringt den Reichtum der menschlichen Beziehungen zur Geltung“, festigt sie, bereichert das Leben in Gemeinschaft. Glaube wird zum Dienst am Gemeinwohl, er ist ein Gut für alle. Er hilft unsere Gesellschaft so aufzubauen, dass sie einer Zukunft voll Hoffnung entgegengeht (n. 51).
Der erste Bereich, in dem der Glaube die Stadt der Menschen erleuchtet, findet sich in der Familie, in der dauerhaften Verbindung von Mann und Frau, in der Anerkennung und Annahme der geschlechtlichen Verschiedenheit, durch welche die Ehegatten ein Fleisch werden können und fähig sind, neues Leben zu zeugen und der geliebten Person ihr ganzes Leben schenken können. (n. 52)
In der Familie lernen Kinder der Liebe ihrer Eltern zu trauen, die auf praktiziertem Glauben beruht. Der Glaube lässt sie große Berufung zur Liebe entdecken, die verlässlich und es wert ist, sich ihr zu übereignen, da ihr Fundament auf der Treue Gottes steht, die stärker ist als alle Schwächen (n. 53).
Von der Familie ausgehend, wird der Glaube ein Licht, um alle sozialen Beziehungen zu erleuchten.
Die wahre universale Brüderlichkeit hat ihren Bezug in dem gemeinsamen Vater, nicht in der „Gleichheit“.
„In der Moderne wurde versucht, eine universale Brüderlichkeit unter den Menschen auf der Grundlage der Gleichheit aufzubauen“. Es ist „nötig zur wahren Wurzel der Brüderlichkeit zurückzukehren“ (n. 54). Sie lässt die Würde jedes einzelnen Menschen in seiner Verschiedenheit erfassen.
Der Glaube führt zur Achtung der Natur, die uns als Wohnstatt zur Pflege anvertraut ist. Er lehrt uns gerechte Regierungsformen anzuerkennen, deren Autorität von Gott kommt. Wenn der Glaube schwindet, schwinden auch die Grundlagen des Lebens. Wenn wir den Glauben aus unseren Städten wegnehmen, dann wird das Vertrauen schwächer und die Stabilität gefährdet (n.55). Unsere Gesellschaft findet eine feste und dauerhafte Basis allein von Gott her, von der Zukunft des auferstandenen Jesus (n.57). Lassen wir uns die Zukunft nicht stehlen durch die trügerischen Angebote der Götzen dieser Welt.
Wenn das Licht des Glaubens erlischt, führen alle Wege in die Irre. Glaube ist Wahrheit. Die Erkenntnis der Wahrheit steht im Zentrum des Glaubens (n.23). Glaube ohne Wahrheit rettet nicht (n. 24). Der Mensch braucht Wahrheit, Sicherheit für seine Schritte, Halt, Verlässlichkeit. Die Frage nach der Wahrheit ist die Frage nach dem Ursprung von allem, nach Weg und Ziel (n.25).
Der Auor lehrte Politische Ökonomie in Wien, Graz und Aachen. Er war Mitglied der Europakommission der Österreichischen Bischofskonferenz. Einschlägige Publikationen: Um das Reich Gottes. Vier Traktate über den Konservativismus (2 Bde., Weiße Rose, Wiener Neudorf 1993), Die Rechte der Nation (Stocker, Graz 2002), Der Sinn der Geschichte (Regin, Kiel 2011).