Die Wahlkampfmaschine der Sozialisten will im Moment nicht so recht laufen. Derjenige, der zum Gaudium der politischen Wettbewerber derzeit dabei ist, Unmengen von Sand ins Getriebe der Partei der werktätigen Massen zu streuen, hört auf den Namen Franz Dobusch.
Der wackere Mann hat – wie seine dafür bereits bei den Landtagswahlen im Frühjahr abgestrafte Salzburger Parteigenossin Burgstaller – getan, was seine Mitstreiter seit Jahr und Tag pausenlos aufs Schärfste kritisieren: Er hat, wie man es in fortschrittlich-marktwirtschaftsfeindlichen Kreisen zeitgeistkonform ausdrückt, „gezockt“. Er ist unter die „Spekulanten“ gegangen. Ins „Finanzcasino“. Mit Finanzinstrumenten („Swaps“), von denen er mit entwaffnender Freimütigkeit bekennt, nichts zu verstehen.
Sicherheitshalber hat er das aber nicht mit Geld aus seiner eigenen Tasche getan, sondern mit ihm in seiner Eigenschaft als Bürgermeister der Stadt Linz anvertrautem Steuergeld. Und er hat verloren – hunderte Millionen Euro. Pikanterweise an eine – damals, als das Geschäft getätigt wurde – der roten Reichshälfte zuzuordnende Bank, die von einem ebenfalls strammen Linken geführt wurde, der jetzt die Geschicke jenes weithin überflüssigen Mitarbeitersanatoriums lenkt, das unter dem Namen „Österreichische Nationalbank“ firmiert.
Jetzt prozessieren die mittlerweile in nicht mehr ganz so gutem Einvernehmen stehende Bank und die Stadt Linz gegeneinander. Müsste für die Chose am Ende nicht wieder der bereits jetzt brutal ausgesackelte Steuerzahler geradestehen, könnte man über die Geschichte glatt in homerisches Gelächter ausbrechen.
Austriakische Realsatire pur. „Solchene Sachen lassen sich nicht erfinden – nicht einmal von unserem Etablissement!“ hieß es einst im „Watschenmann“ – zu einer Zeit, als das Kabarett in Österreich noch Niveau und nicht ausschließlich „rote Gfrieser“ (© A. Khol) in seinen Reihen hatte. Heute aber könnte selbst ein über Hirn verfügender Kabarettist nicht mehr mit den Darbietungen konkurrieren, die – a la Dobusch – im realsozialistischen Alltag unserer nördlichen Balkanrepublik geboten werden.
Sieht man vom spaßigen Teil der Angelegenheit ab, kann daraus immerhin ein im Hinblick auf die anstehenden Nationalratswahlen entscheidender Schluss gezogen werden: Sozialisten sind entweder zu dumm, um die Konsequenzen ihrer wirtschaftlichen Handlungen zu begreifen; oder sie sind nichts weiter als Heuchler. Und das ist sowohl wahrscheinlicher als auch – angesichts der erschreckenden Machtfülle, über die sie gebieten – noch viel beunruhigender.
Mit ihrer Wahlkampagne gegen „Millionäre“ und „Spekulanten“ (die, bei Licht besehen, eine Kampfansage an die Mittelschicht darstellt), soll solchen Wählern, die mit schlichten Gemütern ausgestattet sind, weisgemacht werden, dass die SPÖ den Interessen des „kleinen Mannes“ diene. Indes wird die angekündigte Einführung von Vermögens- und Erbschaftssteuern rein gar nichts einbringen. Sie wird vielmehr der Republik – vor allem aber den „kleinen Leuten“, die auf von „reichen Spekulanten“ geschaffene Arbeitsplätze angewiesen sind – schweren Schaden zufügen.
Von der Verletzung des Grundrechts auf Eigentum und der entstehenden Rechtsunsicherheit mit Blick auf vermutlich weiter eskalierende Begehrlichkeiten des Fiskus ganz zu schweigen. Der große Liberale Dalberg-Acton zu dieser Frage: „Die Arbeiterklasse hat durch eine Schädigung des Kapitals mehr zu verlieren als die Kapitalisten, denn was für letztere den Verlust von Luxus und Überfluss heraufbeschwört, bedeutet für erstere den Verlust des Notwendigen.“
Die „Reichensteuern“ werden gerne mit dem Argument gerechtfertigt, sie träfen ohnehin nur wenige Privilegierte (als ob Unrecht dadurch kleiner würde, dass man es „nur“ einer kleinen Gruppe zufügt), die oft genug als „Spekulanten“ oder „Zocker“ zu Wohlstand gelangt seien.
Wir lernen daraus: Wenn Privatpersonen ihr eigenes Geld – auf ihr eigenes Risiko – in Aktien, Grundstücke oder in eigene Unternehmen investieren, so handelt es sich dabei nach sozialistischer Einschätzung um „Spekulanten“, die mit aller Härte des Steuergesetzes zu bestrafen sind. Tätigt aber eine „Landeshauptfrau“ (welche Rolle die „Landesnebenfrauen“ im Salzburger Finanzdebakel spiel(t)en, liegt bislang übrigens noch im Dunkeln) oder ein Bürgermeister Finanzgeschäfte, für die nicht sie oder er selbst, sondern der Steuerzahler geradezustehen hat, dann sind das heroische Taten. Diese ziehen im Falle des Scheiterns natürlich keine bürgerlich-rechtliche Verantwortung nach sich, sondern sie werden im schlimmsten Fall mit einem Versorgungsposten bei der Arbeiterkammer sanktioniert (zumindest in den Fällen, in welchen es Genossen waren, die „gezockt“ haben).
Wenn das keine erstklassige Empfehlung darstellt, wen man im Herbst keinesfalls wählen sollte…
Andreas Tögel, Jahrgang 1957, ist Kaufmann in Wien.