Carl Auer von Welsbach: Vorbild für Forschung, Entwicklung und Unternehmertum

Der österreichische Chemiker Carl Auer von Welsbach (1858 – 1929) war Forscher, Entdecker, Erfinder und Unternehmer in einer Person. Seine drei großen Erfindungen - das Gasglühlicht, die Metallfadenglühlampe und der Zündstein - haben weltweit eine neue Epoche eingeleitet, seine auf diesen Erfindungen basierten Firmen florieren heute noch. Welcher Voraussetzungen bedurfte es zu derartig grandiosen Erfolgen?

Inge Schuster

Abbildung 1: Das Auer von Welsbach Denkmal vor den Chemischen Instituten der Universität Wien. Details: Jüngling mit brennender Fackel an der Spitze. Inschrift auf der Rückseite

Carl Auer von Welsbach kam 1858 in Wien zur Welt. Sein Vater stammte aus einer oberösterreichischen Flößerfamilie, hatte sich als Autodidakt zum Direktor der k.u.k. Hof-und Staatsdruckerei emporgearbeitet und daraus einen weithin berühmten, typographischen Musterbetrieb geschaffen. Der Sohn hatte Begabung, Bildungsdrang, enormen Fleiß und Durchsetzungskraft vom Vater geerbt, diesen in seinen Erfolgen aber weit übertroffen.

Lassen sich Art und Weise, in der Carl Auer von Welsbach Forschung & Entwicklung betrieben hat, als Leitbild auf unsere Zeit übertragen?

Welche Rolle spielten dabei persönliche Eigenschaften und Fähigkeiten, wie Bildung, Wissen, Expertise, Eigeninitiative, Kreativität und systematische Forschung, welche Risikobereitschaft und Geschick in finanziellen Belangen?

Schlußendlich aber auch: welches Umfeld ermöglicht solche Erfolge?

Der Weg zum Wissenschafter

Auer von Welsbach hatte von Jugend an seine Interessen und Fähigkeiten richtig erkannt und eingeschätzt. Diese lagen überwiegend auf naturwissenschaftlichen Richtungen und waren gepaart mit einer besonderen Eignung für akribische experimentelle Arbeiten. So erklärt sich die Wahl der Studienfächer Chemie und Physik, vorerst an der Technischen Hochschule in Wien.

Bereits nach drei Semestern entschloß er sich aber sein Studium in Heidelberg fortzusetzen, welches den Ruf eines Mekkas der Naturwissenschaften hatte und enorm viele Studenten und arrivierte Spitzenwissenschafter anzog.

Insbesondere verdankte Heidelberg seinen Ruf einem Dreigestirn an Persönlichkeiten, die zusammen das gesamte Spektrum der damaligen Naturwissenschaften repräsentierten und außerordentlich zu deren Fortschritt beitrugen, nämlich dem Mathematiker und Physiker Gustav Robert Kirchhoff (1824-87), dem Universalgelehrten Hermann von Helmholtz (1821-94) und dem Chemiker Robert Bunsen (1811-99). Kennzeichnend für diese drei Wissenschafter waren ihr interdisziplinäres theoretisches und praktisches Wissen und ihre hervorragende Kooperation. Auf häufigen Spaziergängen diskutierten sie wissenschaftliche Fragen fachübergreifend, ohne auf Barrieren einzelner Disziplinen zu stoßen (dazu Bunsen: „Ein Chemiker, der kein Physiker ist, ist gar nichts“).

An dem von Robert Bunsen geleiteten Chemischen Institut erhielt Auer seine wissenschaftliche Bildung, die prägend für sein Forschungsgebiet, die darin angewandten Methoden und die daraus resultierenden Innovationen wurde.

Das Bunsensche Laboratorium

Bunsen hatte Durchbrüche in der Chemie ebenso wie in der Physik erzielt. U.a. konstruierte er die Zink-Kohle Batterie (bis zur Erfindung des Dynamos die effizienteste elektrische Energiequelle), erfand die Wasserstrahlpumpe und entwickelte das Standardutensil jedes Laboratoriums, den sogenannten Bunsenbrenner (zusammen mit Peter Desaga) und die Schmelzfluß-Elektrolyse zur Reindarstellung von Metallen. Vor allem entwickelte er zusammen mit Kirchhoff die Spektralanalyse mit deren Hilfe ihnen die spektakuläre Entdeckung von zwei neuen Elementen – den Alkalimetallen Rubidium und Caesium – gelang.

Das vielversprechende Potential der neuen spektroskopischen Methode – nicht nur als Werkzeug zur Entdeckung damals noch unbekannter Elemente, sondern beispielsweise auch zur Analyse des Lichts und damit der Zusammensetzung von Gestirnen - führte zu einem Ansturm von Studenten und Gast-Wissenschaftern aus aller Welt. Zwischen 1852 und 1889 dürften wohl mehr als 5000 Studenten und Gäste in dem Bunsenschen Laboratorium gearbeitet haben. Eine Liste der Mitarbeiter und Schüler [1] ist ein „Who is Who in Chemistry“. Daß „nur“ drei Mitarbeiter (Fritz Haber, Philip Lenard, Adolf von Baeyer) mit dem Nobelpreis ausgezeichnet wurden, ist darauf zurückzuführen, daß dieser erst von 1901 an verliehen wurde.

In diesem wissenschaftlich zu Höchstleistungen stimulierendem Klima verbrachte Auer zwei Jahre (1880 – 82), arbeitete über Trennung und Spektralanalyse Seltener Erden und schloß mit der Promotion zum Doktor ab. (Seltene Erden sind eine Gruppe von 17 Metallen, die als Oxyde in Erzen vorliegen und auf Grund sehr ähnlicher chemischer Eigenschaften nur äußerst schwer voneinander getrennt werden konnten.)

Seine Heidelberger Arbeiten hat Auer nach seiner Rückkehr nach Wien veröffentlicht.

Der unabhängige Forscher und Erfinder

In Wien konnte Auer von Welsbach die Forschungsarbeiten über Trennmethoden der Seltenen Erden nahtlos fortsetzen – neben einem hervorragenden theoretischen und experimentellen Know-How in diesem Gebiet, hatte er auch die benötigten Geräte, Materialien und sogar Gesteinsproben aus Heidelberg mitgenommen. Er arbeitete selbständig und selbstverantwortlich, als unbezahlter „Privatgelehrter“ vorerst in einem Labor des 2. Chemischen Instituts der Universität, dessen Vorstand der organische Chemiker Adolf Lieben war.

Diese reine Grundlagenforschung führte bereits 1885 zur Entdeckung zweier neuer Elemente der Seltenen Erden, Praseodym und Neodym, die er in aufwändigsten Trennverfahren isoliert und charakterisiert hatte. Später entdeckte er zwei weitere Elemente, Ytterbium und Lutetium.

Seine ausgefeilten Trennmethoden ermöglichten es Auer – dann bereits in seiner eigenen Firma in Atzgersdorf (s.u.) – 10 Tonnen Uranerzrückstände aus Joachimsthal aufzuarbeiten und daraus die weltweit größte Menge an Radium zu isolieren.

Ausgehend von seinem Stammgebiet, den Seltenen Erden, und den dafür entwickelten Techniken schlug er neue Wege ein: In kreativer Weise verknüpfte er dabei Erkenntnisse und Methoden der Heidelberger Zeit mit neuen Ansätzen, die er mit Ausdauer, hohem handwerklichen Können und enormen Einsatz ausführte.

Abbildung 2: Das Auer'sche Gasglühlicht.
A: Bunsenbrenner,
B: Glühstrumpf mit Haltevorrichtung C. (Quelle:,.Bieler Anzeiger" No. 72, 25. März 1893).

Erfindung des Gasglühlichts. Auf Untersuchungen zum außerordentlichen Strahlungsvermögen (Candoluminiszenz) von Seltenen Erden beruht die Erfindung des Gasglühlichts. Auer experimentierte mit Salzen unterschiedlicher Seltener Erden, mit denen er ein Baumwollgestrick imprägnierte, das in Form eines Strumpfes die Gasflamme des Bunsenbrenners umhüllte (Abbildung 2). Nach Veraschung des Gewebes blieb ein Gerüst aus den Oxyden der Elemente übrig, das in der Gasflamme hell strahlte: der Glühstrumpf. Auer war 27 Jahre alt als er das Patent für das erste „Gasglühlicht“ erhielt - einen modifizierten Bunsenbrenner, der den Glühkörper „Actinophor“ (aus Oxyden des Magnesiums und der Seltenen Erden Lanthan und Yttrium) zum Strahlen brachte -, 28 Jahre als er eine ehemals chemisch-pharmazeutische Firma in Wien-Atzgersdorf erwarb um dort (allerdings noch mit Mangel behaftete) Glühstrümpfe bereits in kommerziellem Maßstab herzustellen und 33 Jahre als das nun ausgereifte „Auerlicht“ – aus 99 % Thoriumoxyd und 1 % Ceroxyd - seinen globalen Siegeszug anzutreten begann.

Das Auerlicht übertraf alle bis dahin bekannten Lichtquellen – auch die ersten elektrischen, von Thomas A. Edison entwickelten Kohlefadenglühlampen - an Leuchtkraft, längerer Lebensdauer (1000 h) und niedrigeren Energiekosten. Bereits im ersten Jahr wurden 300 000, im zweiten 500 000 Auer-Brenner verkauft. In wenigen Jahren hatte sich der jährliche Umsatz an Glühstrümpfen allein in den USA auf 80 Millionen Stück erhöht [2].

Dieser außerordentliche Durchbruch in der Lichttechnik wurde 1929 folgendermaßen beschrieben [3]:

„In jener langen Spanne, beginnend mit dem Augenblick, in dem Prometheus die brennende Fackel zu den Menschen brachte und ihnen damit Feuer und Licht schenkte, bis zu jenem Zeitpunkt, da Auer seine Versuche anstellte, war stets nur glühender Kohlenstoff, die einzige Quelle künstlichen Licht gewesen, im Kienspan, in der Tranlampe, in der Kerze, im Petroleum, im Leuchtgas und in der Kohlenfadenlampe Edisons. Jetzt zum ersten Male lernte man wirkliche Lichtspender kennen, Licht war bisher nur gleichsam der Abfall der Wärmeerzeugung und der Verbrennung gewesen. Die Geburtsstunde des Auer-Strumpfes war gleichzeitig die Geburtsstunde der modernen Lichtwissenschaft und Lichttechnik“

Erfindung der Metallfadenglühlampe. Trotz des wirtschaftlichen Erfolgs des Gasglühlichts beschäftigte sich Auer von Welsbach mit der Entwicklung einer innovativen elektrischen Glühlampe auf der Basis eines Glühfadens aus Metall. Um die Temperatur des Glühfadens und damit seine Leuchtkraft zu erhöhen, experimentierte er mit höchstschmelzenden Metallen, für deren schwierige Verarbeitung er erst ein neues Verfahren entwickelte – dies war der Beginn der Pulvermetallurgie. 1898 meldete er dann die erste Glühlampe mit einem Osmiumglühfaden – das Auer-Oslicht - zum Patent an, 1902 erfolgte die Markteinführung. Diese Lampe übertraf die Edison’sche Kohlefadenlampe an Lichtqualität, hoher Lebendauer und einem um 60 % niedrigerem Energieverbrauch und leitete den Siegeszug der elektrischen Beleuchtung ein. 1905 wurde der Osmiumglühfaden durch einen Glühfaden aus Wolfram ersetzt, dem Metall mit der höchsten Schmelztemperatur. Der Name, der von Auer gegründeten, weltbekannten Firma OSRAM (s.u.) ist eine Synthese der Namen Osmium und Wolfram.

Erfindung des Zündsteins als spin-off der Erzeugung von Gasglühstrümpfen. Als Rohstoff für die Erzeugung von Glühstrümpfen wurde Monazitsand aus Brasilien importiert, der viel Cer und wenig Thorium – die Hauptkomponente des Auer-Lichts – enthält. Dementsprechend sammelten sich große Halden an übriggebliebenem Cer an und Auer suchte nach einer Verwendung. Aus seiner Heidelberger Zeit kannte er die pyrophoren Eigenschaften des Metalls, d.h. bei mechanischer Bearbeitung Funken zu erzeugen, und entwickelte optimale Zusammensetzungen von Cer-Eisen-Legierungen mit dem Ziel, Zündvorrichtungen für Feuerzeuge, Gasanzünder und Gaslampen sowie zur Geschoß- und Minenzündung zu bauen. 1903 patentierte er diese Legierungen als „Auermetall“, aus welchem seitdem die Zündsteine aller Feuerzeuge gemacht sind.

Der durchschlagende Erfolg seiner Erfindungen steigerte die Popularität Auers und zeigte auch, welcher Nutzen sich aus einer Verbindung von akademischer Forschung und kommerzieller Nutzung ergeben kann.

Neben zahllosen hohen akademischen Auszeichnungen, Ehrenmitgliedschaften und Orden wurde Auer durch kaiserliches Dekret in den erblichen Adelsstand erhoben. Sein Wappen zeigt u.a. eine brennende Fackel und trägt die Inschrift „Plus Lucis“

Der Unternehmer

Auer von Welsbach besaß einen sechsten Sinn für vermarktbare Forschungs-Ergebnisse und daraus resultierendes Unternehmertum, aber auch für entsprechende Werbung für sich selbst und seine Produkte. Arbeitsweise, wissenschaftlicher Anspruch und wirtschaftliches Denken Auer von Welsbachs paßten ausgezeichnet in den Stil der damaligen Gründerzeit. Auer wirkte authentisch: er verkörperte sein Arbeitsgebiet voll, war überzeugt von der Bedeutung seiner Forschung und bereit für diese sich selbst und auch seine finanziellen Ressourcen einzusetzen. Im Bewußtsein des Marktpotentials seiner Ergebnisse sicherte er diese umgehendst durch weltweite Patente ab.

Die Umsetzung von Innovationen zu kommerziellen Produkten erforderte zu allen Zeiten die Bereitstellung ausreichender finanzielle Ressourcen für die nötigen Investitionen. Anfängliche Forschungs-& Entwicklungsarbeiten Auers und sein Start als Unternehmer waren durch Vermögenswerte aus Familienbesitz und dem Erlös früher Patente gedeckt, nicht aber die Investitionen in Fabrikanlagen und deren Ausstattung, Rohmaterialien sowie in geeignetes Personal wie sie für eine Serienproduktion in großtechnischem Maßstab des Gasglühlichts und später der Metallfadenlampe benötigt wurden.

Gründung der Deutschen Gasglühlicht Gesellschaft (heute OSRAM). Auer von Welsbach fand in dem Bankier Leopold Koppel einen passenden, visionären Partner. Koppel, ein Selfmade-Mann, der sich vom kleinen Bankgehilfen zum Millionär und Bankbesitzer emporgearbeitet hatte, erkannte das Potential, das in Auer’s Erfindungen steckte. Als Investor gründete er 1892 zusammen mit Auer als Erfinder die Deutsche Gasglühlicht Gesellschaft (später Auergesellschaft) mit dem Hauptsitz in Berlin und Tochterunternehmen in Österreich, England (Welsbach Company) und USA.

Die Firmengründung erwies sich als nachhaltig. Mit dem beginnenden Siegeszug der Wolframfadenlampe - nach deren 1906 erhaltenen Warenzeichen - in OSRAM GmbH umbenannt, fusionierte der Konzern nach dem 1. Weltkrieg mit den Konkurrenten AEG und Siemens. Heute ist die OSRAM GmbH (im Besitz der Siemens AG) ein „Global Player“ in der Lichttechnik mit einem Marktanteil von 19 %, einem Umsatz von 4,69 Milliarden € und mehr als 41 000 Beschäftigten in rund 50 Tochterunternehmungen in aller Welt (Osram GmbH, Geschäftsbericht 2007).

Gründung der Treibacher Chemischen Werke GesmbH. Die Verwertung der Patente zu seinen bahnbrechenden Produkten machte aus Auer einen reichen Mann der u.a. 1907 in Treibach (einem Teil der Gemeinde Althofen, Kärnten) ein High-Tech Unternehmen errichtete und damit die Seltenen Erden-Industrie begründete. Dieses Werk erwies sich als erfolgreich und wirtschaftlich stabil. Es ist heute ein Export-orientiertes Unternehmen mit den Schwerpunkten Seltene Erden, Metallurgie und Hochleistungskeramik. Es beschäftigt 670 Mitarbeiter und erreichte 515 Millionen € Jahresumsatz (Treibacher Industrie AG, Daten und Fakten 2007).

Auer von Welsbach und das Umfeld einer modernen Forschungs- & Entwicklungslandschaft

Auer hat sich lebenslang vor allem mit dem Thema „Seltene Erden“ beschäftigt und erreichte darin höchste wissenschaftliche und technische Kompetenz. Unabhängig in Planung und Ausführung seiner Projekte konnte Auer Beobachtungen erschöpfend analysieren und interpretieren. Die Frage „Warum?“ führte zu mehr und mehr Einblick in die komplexe Materie, die Frage „Wofür?“ zu kreativen Anwendungen, die Frage „Wie?“ zu methodischen Verbesserungen und technologischen Durchbrüchen.

Im Vergleich dazu dominiert heute die Suche nach raschem Erfolg, führt zu schellem Wechsel von Zielvorgaben, und damit bleibt ungenügend Zeit um solides Wissen und Kompetenz im neuen Fachgebiet aufbauen zu können. Oberflächliche Kenntnisse und mangelhaftes Verstehen von Mechanismen und Techniken werden häufig kaschiert durch starre Vorschriften („Standard Operation Procedures“), welche die persönliche Arbeitsweise rechtfertigen. Wesentliche Untersuchungen werden in zunehmenden Maße auch an externe Auftragsfirmen vergeben („outsourcing“) und damit die Chance auf eigene Erfahrung vertan. Mangelnde Kompetenz führt vielfach zu unrichtiger Abschätzung von Potential und Risiko von Entwicklungsprodukten und daraus resultierend zu niedrigen Erfolgsraten bei gleichzeitig hohen Entwicklungskosten.

Sicherheitsaspekte in Hinblick auf Einrichtungen, Methoden, Materialien, Mitarbeiterschutz und Sicherheit von Produkten, wie sie heute gelten, aber auch überbordender Bürokratismus hätten sicherlich einige der Arbeiten Auer von Welsbachs stark behindert, wenn nicht überhaupt unmöglich gemacht. Dies trifft beispielsweise auf den Umgang mit einem seiner wichtigsten Materialien, dem schwach radioaktivem 232Thorium zu. Vermutlich sähe das Produktespektrum Auers heute anders aus, zeugte aber ebenso wie damals von Exzellenz und Innovation.

Wie werden Bildung, Forschung, Innovation heute gesehen? In ihrer Lissabon-Strategie hat die Europäische Union erklärt: „Damit ein wirklich wettbewerbsfähiger, wissensgestützter Wirtschaftsraum entstehen kann, muss Europa besser werden - bei der Hervorbringung von Wissen durch Forschung, bei dessen Verbreitung durch Bildung und bei dessen Anwendung durch Innovation. Dieses „Wissensdreieck“ aus Forschung, Bildung und Innovation funktioniert am besten, wenn die Rahmenbedingungen das Wissen begünstigen, das zum Nutzen der Wirtschaft und Gesellschaft zur Wirkung gebracht wird.“[4] Zur Förderung diese Ziels laufen EU Rahmenprogramme – zur Zeit das bis 2013 dauernde 7te Programm mit einem Volumen von 50 Milliarden Euro, welches „die Dynamik, die Kreativität und die herausragenden Leistungen der europäischen Forschung in den Grenzbereichen des Wissens verbessern soll.“

Die Förderung der Kreativität als essentieller Triebkraft innovativer Leistungen muß dabei zweifellos ein Hauptanliegen sein.

Kreativität und Umsetzung in innovative Leistung. Kreativität, allgemein verstanden als Originalität und Flüssigkeit des Denkens, Sensibilität gegenüber Problemen und Flexibilität der Ideen, benötigt ein geeignetes Umfeld um Ideen auch in Innovationen umzusetzen. Eine recht anschauliche Darstellung dieses Umfelds, entnommen der Financial Times Deutschland [5] zeigt ein Dreieck von drei von einander abhängigen Feldern, die das Zustandekommen kreativer Leistung bestimmen:

  • Das Feld des Erkennens der persönlichen Begabungen und Defizite,
  • das Feld des Erkennens persönlicher Präferenz oder Ablehnung von Gebieten und
  • das Feld, das die Existenz oder das Fehlen von Ressourcen, von Unterstützung oder Behinderung zeigt.

Ein Blick in unsere reale Welt der (angewandten) Forschung zeigt, daß wohl nur in den wenigsten Fällen optimale Bedingungen in allen drei Feldern vorliegen, es müssen also Kompromisse eingegangen und damit Abstriche in Wert und Qualität der umzusetzenden kreativen Ideen in Kauf genommen werden:

  • Persönliche Fähigkeiten und Kompetenz in einem Gebiet stoßen nicht unbedingt auf die nötigen Ressourcen – ein Umfeld, das vor allem akademische Forscher häufig vorfinden.
  • Persönliche Fähigkeiten gepaart mit ausreichenden Ressourcen aber wenig Freiraum im Arbeitsgebiet sind vielfach Charakteristika industrieller Forschung.
  • Ausreichende Ressourcen und Vorlieben für ein Themengebiet können ein Fehlen persönlicher Talente nicht wettmachen und höchstens mediokre Leistungen ergeben.

Im Falle Auer von Welsbachs stimmte offensichtlich das gesamte Umfeld: Er war unabhängig, bestimmte selbst seine Spielregeln, wählte Forschungsgebiete aus, in denen er höchste Kompetenz mit persönlichen Begabungen verbinden konnte und verstand es dafür auch die nötige Unterstützung aufzutreiben. Sein Werdegang ist ein Beispiel für die Relevanz des von der EU Union proklamierten „Triangel des Wissens: Bildung, Forschung, Innovation“, insbesondere für die grundlegende Bedeutung einer exzellenten Ausbildung.

Sollte sein Werdegang nicht dazu dienen um Rezepte abzuleiten, auf welche Art und Weise Durchbrüche in Grundlagenforschung und angewandter Forschung erzielt werden können?

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[1] http://www.rudolf-werner-soukup.at/Publikationen/Dokumente/Bunsenbibliothek_Teil_2_Rekonstruktion.pdf (Abruf: 21. August 2012)

[2] Sidney Mason (1915) Contribution of the chemist to the incandescent gas mantle industry. J.Industr.Engin.Chem. April 1915, p.279

[3] Robert Plohn (1929) Seltene Erden Da s Lebenswerk Auer von Welsbachs; Abruf: 22.8.2012).

[4] Vorausdenken, Optionen abwägen, die Zukunft gestalten: Zukunftsforschung für Europa. Schlussbericht der hochrangigen Expertengruppe für die Europäische Kommission. Abteilung RTD-K.2 – “Wissenschaftliche und technologische Zukunftsforschung; Verbindungen zum IPTS” September 2002.

[5] Jürgen Fleiß. Kreativität Antriebskraft für den täglichen Erfindungsprozeß. Financial Times Deutschland.14.10.2007

Weiterführende links:

Homepage des Auer von Welsbach Museum in Althofen, die ausführliche illustrierte Details zur Biographie und den Forschungen und Erfindungen Auer von Welsbachs bietet. Das Museum selbst ist vom 1. Mai bis 26. Oktober täglich außer Montag geöffnet.

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