… war Joachim Fests Antwort auf die Proust´sche Frage „Was verabscheuen Sie am meisten?“ Dieses „Kulturgeschwätz“ hat das, dank Joachim Fest und Marcel Reich Ranicki zur Weltspitze zählende, FAZ-Feuilleton mittlerweile erobert.
Joachim Fests Nachfolger Frank S. hat das einst so stolze, nur der journalistischen Qualität verpflichtete Feuilleton (u.a. eindrucksvoll im Nachruf auf J. Fest durch Tilman Krause in der Literarischen Welt beschrieben) mit Quotenfrauen und devoten Schoßhündchen besetzt, deren Hauptmerkmal sich in der „richtigen“ Gesinnung der political correctness, der Genderideologie und dem Feminismus erschöpt und deren journalistische Qualität häufig auf Praktikantenniveau stehen geblieben ist; diese bilden nun Franks Praktikanten-Stadel.
Einige der zahlreichen Stilblüten des Stadels sollen die Entwicklung veranschaulichen.
Mit der Ernennung von Nils M. zum Feuilletonchef, dessen Eignung mit der Selbstauskunft [i] „besitzt einen deutschen und einen französischen Pass“ ausreichend belegt ist, ist das Geschwätz Programm geworden.
Folgerichtig fand er in dem Artikel „Kleiner Mann, grosse Rede“ [ii] den Beginn einer Wahlkampfrede von Fr. Hollande „Ich bin gekommen, um über Frankreich zu sprechen.“ (worüber sonst spricht ein französicher Politiker im Wahlkampf?) „von geradezu literarischer Schlichtheit“, vergleichbar nur „mit dem erschütternd einfachen Eingang zur Suche nach der verlorenen Zeit [Prousts]: „Lange bin ich früh schlafen gegangen.“ Das letzte sollte auch Herr Nils M. sehr lange tun.
Seine prophetischen Gaben beweist Nils M., wenn er in „Jede Schnappatmung unterdrückt“[iii] über das jüngste Buch von Thilo Sarrazin – das er noch nicht gelesen hat – vielversprechend verspricht: „Vielversprechend verspricht die Lektüre seiner Ausführungen über eine südländische Finanzverfassung zu werden, die eine Ignoranz der römischen Geschichte offenbaren könnte“ (…) In Wahrheit wird auch dieses Buch von Sarrazin als eine versteckte Autobiographie zu lesen sein, (…) denn keine politische Diagnostik hat er geschrieben, sondern melancholische Memoiren“.
Für ähnlichen Unsinn musste seinerzeit der wirklich begabte Kulturplatzhirsch der Zeit, F.J. Raddatz, als er Goethe hinter dem Frankfurter Hauptbahnhof „verortete“, seinen Hut nehmen. Wie viele müssten das nach diesen Kriterien beim heutigen Feuilleton von FAZ, SZ, und der Zeit tun?
Die wenigen Ausnahmen, die zu lesen stets Genuss und Bereicherung ist wie z.B. Gina Thomas, Regina Mönch, Kerstin Holm, Gerhard Stadelmaier, Eduard Beaucamp, Joseph Croitoru, Karol Sauerland, Lorenz Jäger – Ex-Kamerad jetzt Genosse, Henning Ritter, Hans Ulrich Gumbrecht, Michael Hanfeld, … und der geniale Ivan Steiger sollen nicht unerwähnt bleiben.
Seinerzeit war es das FAZ Feuilleton, das uns veranlasste trotz unseres Wohnortes München die „Isar Prawda“, pardon SZ, zu kündigen und die FAZ zu abonnieren.
Das Frühstück begann damals stets mit dem Kampf um das Feuilleton, seit einigen Jahren wandert dieses häufig nur überflogen in die Papiertonne.
Denn mittlerweile sind beide Zeitungen nicht nur äußerlich zum verwechseln ähnlich. Ein Nils M. oder Claudius S. als Feuilletonchefs wären zu Fests Zeiten ebenso wenig denkbar gewesen, wie, dass ein H. Prantl von der SZ in der FAZ publiziert, oder eine Julia E. mit ihren einfältigen Buchrezensionen von hartnäckiger Humorlosigkeit, die sie selber z.B. bei der Besprechung von Jan Fleischhauers „Unter Linken“ als „beißende Ironie“ [iv] bezeichnet.
Oder, was sucht eine Marietta S., diese penetrant schmollende ZDF-Nachrichtenvorleserin, im FAZ Feuilleton? Die ganzseitige Krankenhausgeschichte der ständig durch irgendetwas betroffenen Monitor-Vorleserin Sonja M. gehört höchstens in die Apothekenrundschau oder einen Arztroman! Welche Wehwehchen linker „Prominenz“ werden uns demnächst im Feuilleton zugemutet?
Die Saujagden
Als der geschäftige Herausgeber Frank S. mit Hilfe von Christian G., Islamversteher Patrick B. sowie seinen „Praktikanten“ (Praktikantinnen waren daran nicht beteiligt) Thilo Sarrazin nach dem Erscheinen seines Buches „Deutschland schafft sich ab“ wie eine Sau durch seinen Stadel jagte, entdeckte er schon nach zwei Tagen:
„Thilo Sarrazin hat nicht ein Buch geschrieben, sondern mindestens drei Bücher, die den gleichen Titel tragen.“[v] Wir brennen vor Neugier, wie viele es nach fast zwei Jahren Jagdfieber geworden sind?
Franks nachfolgende Hetzjagd im „Nazi-verseuchten“ AA anlässlich der Buchvorstellung „Das Amt“ endete mit einer knallroten Karte, die ihm der Historiker und souveräne FAZ Kollege Rainer Blasius aus der politischen Redaktion zeigte und das Buch als vom Steuerzahler teuer bezahltes dilettantisches Propagandamachwerk entlarvte.
Mehr Schwachsinn wagen
Nachdem Frank S. sich als gläubiger Linker geoutet hat – „Ich beginne zu glauben, dass die Linke Recht hat“[vi] – und Julia V. aus dem Alice-Schwarzer-Anbetungskreis der FAZ allen Ernstes Paula Modersohn-Becker zum deutschen Picasso verklärt hat – „Deutschlands Picasso ist eine Frau"[vii] – reitet jetzt Franks Stadel auf dem Steckenpferd der Piraten und der Occupy-Bewegung: Mit Hilfe dieser Voll-Bäuche und Hohl-Köpfe, Produkten unserer debilen Spassgesellschaft, wird nun in Franks Stadel die Kapitalismussau gejagt.
Z.B. im Leitartikel „Raus aus den Museen!“ [viii] auf der ersten Seite der FAZ beklagt sich Swantje K. über die Ignoranz der Museen: „Sie [die Museen] halluzinieren Ästhetik herbei wo sie politische Aktion sehen müssten (…) neugierige Museumsbesucher, … werden mit den Botschaften [der Occupy-Bewegung] alleingelassen“. Entsetzlich, die Armen! Und Swantje K. halluziniert weiter: „Interessant wäre jetzt eine Einordnung, die uns Wissen und Werkzeuge an die Hand gibt, um die Gegenwart besser einschätzen zu können“. Und ohne die prophetischen Gaben des Feuilletonchefs Niels M. stellt sie dann folgerichtig fest: „Wir können in Wahrheit nicht einschätzen, welchen Stellenwert die neuen politischen Bürgeraktionen in der Zukunft haben werden. Sie sind ja noch aktiv“.
Ist noch mehr Schwachsinn überhaupt möglich?
Doch! Wenn es z.B. Dietmar D., dem der Bravo-Welt und Gothic-Szene noch nicht entwachsenen und mit 40 immer noch pubertierenden Steinzeit-Kommunisten, die mit wenig Leder und viel nackter Haut auftretende Heavy Metal Röhre Veronica Freeman besonders angetan hat, weil sie sich – nur für „Geschultes Gehör, ausreichendes Wissen“ verständlich – „mit den Wörtern pain, darkness und soul warmbrüllt, … denn sie weiß, daß Schmerz auch weh tun kann…“ und „dem gesichtslosen Frauenhasser in der Menge mit dem Feuer ihrer Lungen die Frisur versengt … und deshalb … horcht man [bzw. Dietmar D.], ihr nicht ohne Ergriffenheit, noch lange nach, während sie zwischen Blitzen verschwindet“ und Dietmar D. – mit versengtem Hirn, vom Blitz getroffen ihr warm eine ganze Feuilletonseite nachbrüllt.[ix]
Dieses Jahr, zum ersten Mal nach einem Vierteljahrundert, vermissten wir das FAZ Feuilleton während eines vierwöchigen USA-Aufenthaltes nicht.
Es ist jener Zustand eingetreten, den Marcel Reich-Ranicki einst als die Hauptangst der Zeitungsverleger bei Streiks beschrieb: Dass Leser sich an ein Leben ohne Tageszeitung gewöhnen können.
Das Kulturgeschwätzniveau des FAZ/FAS Feuilletons hat inzwischen Kündigungsreife erreicht.
Franz Lassak ist Architekt und lebt in München.
Endnoten
[i] http://www.faz.net/redaktion/nils-minkmar-11104351.html
[ii] FAZ 24.01.2012 „François Hollandes historischer Auftritt Kleiner Mann, grosse Rede“
[iii] FAZ 21.05.2012
[v] FAZ 5.9.2010 „Biologismus macht die Gesellschaft dümmer“
[vi] FAS 15.08.2011
[vii] FAZ 16.10.2007
[viii] FAZ 25.01.2012
[ix] FAZ 24.2.2006 „Walküre, trag mich davon“